Immer mit der Ruhe statt wütend: Wie Eltern gelassen bleiben
Ihr Kind nervt und quengelt den ganzen Tag. Da kann man als Eltern schon mal wütend werden und an die Decke gehen. Um sich hinterher zu fragen, warum man eben eigentlich so wütend war und warum man es nicht geschafft hat, „cool“ zu bleiben. Lernen Sie hier die besten Erste-Hilfe-Strategien bei drohenden Wutausbrüchen kennen.
- Anti-Wut Tipps für Eltern
- Erste Hilfe, wenn das Kind quengelt und die Eltern wütend sind
- So vermeiden Sie, dass Ihnen die Hand ausrutscht, wenn Sie wütend auf Ihr Kind sind
- Wenn Sie häufig wütend auf Ihr Kind sind, hilft ein „Wut-Tagebuch“
- Wut ablassen durch Humor
- Was tun, wenn die Wut Sie doch gepackt hat?
- Entspannungstechnik hilft gegen die Wut auf Ihr Kind
Anti-Wut Tipps für Eltern
Auch wenn uns die strahlenden Vorzeigefamilien aus der Werbung ständig eine heile Welt mit entspannten Eltern und glücklichem Nachwuchs präsentieren: Im richtigen Leben mit Kindern können Eltern gar nicht perfekt sein und immer verständnisvoll und ruhig bleiben!
Erste Hilfe, wenn das Kind quengelt und die Eltern wütend sind
Wenn Sie merken, dass Sie wütend und kurz davor sind, die Fassung zu verlieren und loszubrüllen, haben sich folgende Strategien bewährt: Zählen Sie bis zehn. Oft reichen diese paar Sekunden schon aus, damit Sie sich wieder im Griff haben. Nehmen Sie eine Auszeit und verlassen Sie den Raum. Will Ihr Kleinkind hinter Ihnen her, gehen Sie am besten zur Toilette, denn die können Sie für wenige Minuten auch absperren. Deponieren Sie dort zur Ablenkung eventuell ein Witzbuch – Humor hilft, Ihre Anspannung abzubauen. Oder Sie packen Ihr Baby oder Kleinkind in Kinderwagen bzw. Buggy und drehen eine flotte Runde um den Block. Tanken Sie Sauerstoff. Stellen Sie sich ans offene Fenster und atmen Sie tief ein und aus. Sauerstoff fördert die Durchblutung des Gehirns und damit auch Ihre Fähigkeit, ruhig und überlegt zu handeln. Setzen Sie Wut in Kraft um. Sich mit einer Arbeit abzulenken, ist ein probates Mittel, die angestaute Wut sinnvoll loszuwerden. Empfehlenswert sind z. B. Bettenmachen, denn da können Sie so richtig in die Kissen schlagen, oder Staubsaugen, denn hierbei können Sie, ohne dass es auffällt, nebenbei noch feste vor sich hin schimpfen. Alternativ können Sie sich eine alte Zeitung oder einen Katalog nehmen und Seiten herausreißen, sie dann zerknüllen und mit „Schmackes“ in den Papierkorb werfen. Lassen Sie das Fass nicht überlaufen. Oft wollen Eltern tolerant sein und nicht ständig am Kind herumnörgeln, obwohl sie gerade etwas Ruhe bräuchten. Wenn dann zum x-ten Mal der Hüpfball an die Wand donnert und nebenbei noch Benjamin Blümchen in voller Lautstärke trötet, brüllen sie eben doch los. Oft zur maßlosen Verwunderung ihres Kindes, denn der klitzekleine Anlass, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war doch eine solche Reaktion gar nicht wert! Sagen Sie Ihrem Kind besser frühzeitig, was Sie stört: „Ich bin wirklich müde und brauche jetzt etwas Ruhe. Geh bitte zum Kassetten-Hören in dein Zimmer.“ Lassen Sie sich helfen, wenn Sie merken, dass Sie sehr häufig auf Ihr Kind zornig sind oder die Wut fast schon zum Dauerzustand geworden ist. In solchen Fällen ist es notwendig und hilfreich, sich fachliche Hilfe z. B. in einer Erziehungsberatungsstelle (die Adresse der nächstgelegenen psychologischen Beratungsstelle finden Sie unter www.bke.de/ratsuchende.htm) zu suchen.
So vermeiden Sie, dass Ihnen die Hand ausrutscht, wenn Sie wütend auf Ihr Kind sind
Fast alle Eltern sind sich einig, dass sie ihr Kind nicht mit Schlägen erziehen wollen. Doch in vielen Familien haben Mutter oder Vater trotzdem schon mal eine Ohrfeige ausgeteilt. Diese Tipps helfen Ihnen, damit es nicht so weit kommen muss: Wenn Sie merken, dass Sie Ihr Kind schlagen möchten, hilft sofortiger Körperkontakt, die Anspannung zu lösen. Kleine Hände, die in Gefahr geraten, sollten Sie lieber festhalten als schlagen. Wenn Sie schnell zupacken, ist das sicherer als ein Klaps und erregt die Aufmerksamkeit Ihres Kindes genauso. Läuft Ihr Kind immer wieder von Ihnen weg auf die Straße, nehmen Sie es fest in die Arme oder auf den Schoß. Lassen Sie es erst wieder laufen, wenn es sich beruhigt hat. Will Ihr Kind nicht zu Ihnen kommen oder wirft es sich auf den Boden, weil es nicht mehr laufen möchte, setzen Sie Ihre Körperkraft ein und tragen es dorthin, wo Sie es haben wollen. Sagen Sie Ihrem Kind dabei jedes Mal, was Sie von ihm erwarten. Haben Sie Ihrem Kind die Ohrfeige bereits angedroht und gar schon die Hand erhoben, leiten Sie den Schlag um, sodass er die Tischplatte oder Ihren Oberschenkel trifft. Das verringert Ihre Anspannung, und das laute Geräusch wird Ihr Kind aufmerken lassen. So kann es sicherlich besser zuhören, als wenn es nach der Backpfeife weinend vor Ihnen steht oder tief getroffen davonläuft.
Wenn Sie häufig wütend auf Ihr Kind sind, hilft ein „Wut-Tagebuch“
Machen Sie sich Notizen, wann und in welcher Situation Ihnen der Kragen platzt. Welches Verhalten Ihres Kindes bringt Sie auf die Palme? Was wird Ihnen zu viel? Überlegen Sie, was Sie ändern können, damit es nicht mehr zu diesen Situationen kommt. Versetzen Sie sich auch in die Lage Ihres Kindes und überlegen Sie, welches Verhalten Sie abstellen können und wo Sie Ihre Erwartungen möglicherweise zurückschrauben müssen. Welche Alternativen gibt es zum Wutanfall? Wie können Sie anders reagieren, um nervende Situationen zu entschärfen?
Mein Tipp: Wenn Sie sich schon vorher in aller Ruhe einen „Schlachtplan“ bereitlegen, gelingt es Ihnen in der betreffenden Situation eher, besonnener zu reagieren.
Wenn Sie wütend werden, ist das immer ein Zeichen dafür, dass Sie sich ohnmächtig fühlen: z. B. ohnmächtig, Ihr Kind zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen. Indem Sie versuchen, über das Verhalten Ihres Kindes direkt zu bestimmen, wird es sich oft allein aus Trotz unerwünscht verhalten. Die Kunst der Erziehung besteht deshalb darin, eine Motivation zu finden, mit der Ihr Kind dasselbe will wie Sie. Die Devise lautet also: „Bringen Sie Ihr Kind dazu, es selbst zu wollen!“ Statt sich mit zunehmender Lautstärke Ihrem Kind gegenüber durchzusetzen, sollten Sie z. B. lieber versuchen, Kompromisse zu schließen, etwa: „Jetzt möchte ich in Ruhe telefonieren. Dafür lese ich dir etwas vor, wenn ich damit fertig bin.“
Wut ablassen durch Humor
Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Kind wegen bestimmter Dinge schon tausendmal ermahnt zu haben und es trotzdem nicht klappen will, ist es absolut verständlich, dass Sie irgendwann richtig wütend werden. Vielleicht können Sie cool bleiben, wenn Sie den Überraschungsfaktor Humor einsetzen und Ihr Kind mit einem unerwarteten Spruch überraschen. Hier ein paar erfolgsverdächtige Beispiele (geeignet ab drei bis vier Jahren):
Schamlos übertrieben. Statt „Trag mit deinen Schuhen nicht so viel Dreck in die Wohnung!“ besser „Meine Güte, du hast ja einen halben Sumpf am Schuh kleben!“
Flüstern statt Brüllen. Probieren Sie statt eines extra lauten „Haallooo! Ich rede mit dir!“ vielleicht einmal ein ganz leises „Weißt du, ich möchte dir Folgendes sagen …“
Wettstreit anbieten. Statt „Jetzt schlüpf endlich in deine Jacke!“ besser „Wer hat schneller die Jacke an: du oder ich?“
Clever ablenken. Statt „Kommt nicht in Frage. Heute stecke ich nicht schon wieder 50 Cent in diesen Wackel- Hubschrauber!“ besser „Hast du dir schon überlegt, welche Joghurtsorten wir heute kaufen: lieber Kirsch oder doch Aprikose?“
Originelle Sprüche. Statt „Jetzt trödel nicht so!“ besser „Beeil dich mal – so wie die schnellste Maus von Mexiko!“
Einfach ein Gedicht. Statt „Jetzt heul nicht, bloß weil die Schleife am Schuh nicht halten will“ besser „Der Schuh, der Schuh, er geht nicht zu!“
Eigene Missgeschicke ausplaudern. Statt „Zum Kuckuck, musst du jedes Mal kleckern?!“ besser „Als ich noch klein war, hat man auch manchmal am Tischtuch gesehen, was es zu essen gab.“
Was tun, wenn die Wut Sie doch gepackt hat?
Haben Sie die Beherrschung verloren und Ihr Kind angeschrien, erklären Sie ihm so bald wie möglich, was passiert ist und warum Sie so wütend wurden. Bitten Sie Ihr Kind um Verzeihung und nehmen Sie es in den Arm, wenn es das möchte. Entschuldigen Sie sich für den unangemessenen Ton, aber nicht für Ihren Ärger, wenn dieser berechtigt war. Erwarten Sie nicht, dass Ihr Kind Sie von Ihren Schuldgefühlen entlastet. Wenn ein solcher Wutanfall, den Sie nicht verhindern konnten, Ihnen trotz Ihrer Entschuldigung nicht aus dem Kopf geht, sollten Sie nicht mit Ihrem Kind, sondern mit Ihrem Partner oder einer Freundin darüber sprechen. Sie selbst oder Ihr Partner, der in die Sache nicht verwickelt und deswegen unparteiisch ist, können später, wenn sich die Aufregung gelegt hat, mit dem Kind sprechen und es fragen, wie es sich während des Wutanfalles gefühlt hat. Sprechen Sie mit ihm darüber, was es am liebsten getan hätte, und fragen Sie es, was man denn tun könnte, damit es nicht wieder so weit kommt. So lernt Ihr Kind, mit der Wut eines anderen umzugehen, denn es wird sicher nicht das letzte Mal im Laufe seines Lebens sein, dass es mit diesem starken Gefühl konfrontiert wird. Da ist es allemal besser, schon in der Familie den Umgang damit zu lernen. Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Kind bereit ist, Ihnen den Wutanfall zu vergeben. Vergessen Sie nie, dass Ihr Kind sich immer nach Ihrer Nähe und Wärme sehnt. Denken Sie aber daran, dass Vergebung keine Einbahnstraße ist. Sie funktioniert am besten in Familien, in denen Kinder ab und zu miserabler Laune sein dürfen und in denen auch die Eltern ihren Kindern von ganzem Herzen verzeihen.
Entspannungstechnik hilft gegen die Wut auf Ihr Kind
Wenn Ihnen alles über den Kopf wächst, brauchen Sie eine Entspannungstechnik, die Sie sofort einsetzen können und die Ihnen innerhalb weniger Minuten hilft. Wie wäre es mit einem der beiden folgenden Vorschläge? Verreisen mit dem Kopf: Erinnern Sie sich in Stresssituationen an Ihren letzten Urlaub. Stellen Sie sich vor, wie Sie am Strand liegen, im warmen Sand, oder wie Sie barfuß durch den feuchten Sand laufen und die Wellen Ihre Füße umspülen. Genießen Sie den Geruch des Meeres und hören Sie die anrollenden Wellen. Oder erinnern Sie sich an einen entspannten freien Nachmittag, wie Sie sich im Liegestuhl auf der Terrasse räkeln und sich die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Riechen Sie den Duft der Blumen und hören Sie das Zwitschern der Vögel. Wenn Sie wieder in Ihre Wohnung zurückkehren, sind Sie bestimmt entspannt genug, um Alltagschaos ohne Wutanfall zu bewältigen. Die Macht des Glücks: Schließen Sie die Augen und denken Sie an den Körperteil, in dem Ihr Glücksgefühl wohnt. Das könnte z. B. Ihr Bauch oder aber Ihr Herz sein. Stellen Sie sich vor, wie Sie dorthin reisen und Ihr Glücksgefühl sehen, das in wunderbaren Farben strahlt. Vielleicht ist es sonnengelb oder zartrosa? Stellen Sie sich genau vor, wie es aussieht. Ist es ein glitzernder Kristall, eine duftige Wolke, ein stiller See oder eine wunderbare Blume? Verbinden Sie das Glücksgefühl also mit einer oder mehreren Farben und mit einer Form. Stellen Sie sich Ihr persönliches Glücksgefühl, z. B. eine rosafarbene Orchidee in Ihrem Bauch, möglichst klar und strahlend vor. Wenn Sie „unter Strom stehen“, schließen Sie die Augen, denken Sie intensiv an die rosarote Orchidee und entspannen sich. Beide Methoden sollten Sie anfangs in ruhigen Momenten üben, bis sich ein Gefühl der Entspannung einstellt.