Wutanfälle bei Kindern: Wie Sie richtig darauf reagieren sollten

Wutanfälle gehören zum Familienalltag dazu, doch verlangen sie von uns Eltern Nerven wie Drahtseile und tonnenweise Geduld. Unterbrechen lassen sich Wutanfälle bei Kindern nur schwer. Doch mit unseren Anti-Wut-Tipps muss es erst gar nicht so weit kommen! 

Inhaltsverzeichnis

Erziehungstipps zum Thema Wut

Auch wenn Wut in unserer Gesellschaft meist negativ bewertet wird, ist sie doch ein ganz normales Gefühl wie Freude oder Angst. Wir Erwachsene haben meist gelernt, angemessen mit unserer Wut umzugehen. Kinder hingegen werden von ihren Gefühlen geradezu überrollt, und so bricht Wut in Sekundenschnelle aus ihnen heraus. Praktisch reflexartig reagieren sie mit immer ähnlichen Verhaltensabläufen wie Brüllen, Schlagen, Beißen, Aufstampfen, Treten, Herumwerfen von Gegenständen oder Türenschlagen.

Wutanfälle bei Kindern sollten nicht unterdrückt werden, doch muss Ihr Kind mit der Zeit lernen, mit Ärger, Zorn und Wut richtig umzugehen. Mit Ihrer Hilfe wird es ihm gelingen, konstruktive Lösungswege zu finden, damit Wut nicht in Gewalt umschlägt, weil Ihr Kind nicht mehr weiterweiß.

Die 3 wichtigsten Gründe für Wutanfälle bei Kindern

Bei einem Wutanfall steckt in den meisten Fällen einer der drei folgenden Gründe dahinter:

  1. Ihr Kind will einen Machtkampf gewinnen. Der Wutanfall soll Sie unter Druck setzen, damit es doch noch seinen Willen bekommt.
  2. Ihr Kind möchte die Aufmerksamkeit der Umgebung – insbesondere natürlich Ihre Aufmerksamkeit – auf sich ziehen.
  3. Ihr Kind ist so verärgert und frustriert über etwas, dass es diese Belastung nicht mehr aushalten kann und es zu einem Wutanfall kommt. Die Ursachen sind oftmals – aus Erwachsenensicht – nur Kleinigkeiten.

Beispiel: Ihr Kind möchte eine Banane, und Sie reichen sie ihm bereits halb geschält. Es wollte die Banane aber selbst schälen. Es wird darüber so wütend, dass es nun gar keine Banane mehr will – auch keine ungeschälte, die es selbst schälen könnte.

Darüber hinaus können auch Faktoren wie Übermüdung, Reizüberflutung oder Bewegungsmangel eine Rolle bei Wutanfällen bei Kindern spielen und das Fass schneller zum Überlaufen bringen. Wutanfälle bei Kindern jenseits der Trotzphase (also ab etwa vier Jahren) sind manchmal Ausdruck tiefer liegender Probleme. Sie können bedingt sein durch familiäre Krisensituationen und Umbrüche (Trennung der Eltern, Umzug, Geburt eines Geschwisterchens), aber auch durch Ängste oder Frustration. Bei schweren und/oder häufig wiederkehrenden Wutanfällen bei Kindern sollten Sie sich fragen, welchen Grund Ihr Kind dafür haben könnte. Nur wenn Sie wissen, warum Ihr Kind so aggressiv reagiert, können Sie mit dem jeweiligen Konflikt und dem damit einhergehenden Gefühlsansturm angemessen umgehen. Wenn Sie selbst nicht weiterkommen, sollten Sie sich nicht scheuen, die Hilfe von Fachleuten zu suchen.

Wutanfälle bei Kindern: Ursachenforschung

Wenn Sie merken, dass Ihr Kind ärgerlich oder wütend ist, sollten Sie es ermutigen, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen, bevor sie sich in Wutausbrüchen oder aggressiven Handlungen entladen. Wenn Ihr Kind darüber sprechen mag, können Sie als „Türöffner“ für das Gespräch etwa sagen: „Ich merke, dass du heute ganz schön sauer bist. Was ärgert/stört dich denn so?

Hören Sie nur zu, ohne Ihr Kind zu unterbrechen oder seine Aussagen zu bewerten. Kritisieren Sie Ihr Kind nicht, wenn es eine ganze Reihe „Schrecklichkeiten“ oder – aus Ihrer Sicht – unhaltbarer Anschuldigungen vorbringt. Versuchen Sie keinesfalls, die Situation zu bagatellisieren („Soo schlimm wirst du doch wirklich nicht behandelt!“). Kann oder will Ihr Kind nicht darüber sprechen, können Sie ihm vorschlagen ein Bild zu malen, wie es sich fühlt oder im Rollenspiel mithilfe der Puppe oder des Teddys demonstrieren, was es am liebsten tun würde oder auch was geschehen müsste, damit es sich wieder besser fühlt.

6 hilfreiche Tipps gegen Wutanfälle bei Ihrem Kind

Oft richtet sich die Wut gar nicht gegen Sie persönlich. Sie ist vielmehr Ausdruck dafür, dass Ihr Kind mit sich selbst Schwierigkeiten hat. Zeigen Sie ihm deshalb, dass Sie seine Gefühle akzeptieren. Atmen Sie tief durch, damit Sie so ruhig und gelassen wie möglich darauf reagieren. Mit den folgenden Tipps lernt Ihr Kind, angemessen mit seiner Wut umzugehen:

  1. Machen Sie Ihrem Kind klar, dass es Verhaltensweisen gibt, die Sie nicht akzeptieren können, z. B. jemanden schlagen, beißen, treten, anspucken, Gegenstände werfen.Hält Ihr Kind sich nicht daran, müssen Sie reagieren. So könnten Sie Ihr Kind entsprechend klar ansprechen, es festhalten, es auf den Boden setzen oder räumliche Distanz schaffen. Kinder, die andere oder sich selbst gefährden, muss man vielleicht länger festhalten, bis sie ruhig werden, damit niemand verletzt wird. Alle diese Reaktionen sollen nicht als Strafe, sondern als Schutzmaßnahme und Grenze eingesetzt werden.
  2. Ist Ihr Kind derart wütend, dass es auf Ihre Ansprache nicht reagiert, sollte es auf ungefährliche Weise Dampf ablassen können. Erlauben Sie ihm, mit den Fäusten zu trommeln oder mit den Füßen aufzustampfen. Oft helfen auch die auf Seite 23 aufgeführten Wut-weg-Rituale.Wird es Ihnen zu viel, können Sie den Raum verlassen oder Ihr Kind zum „Abkühlen“ für wenige Minuten ins Kinderzimmer bringen.
  3. Bleiben Sie konsequent, denn wenn Sie bei Wutanfällen schnell nachgeben, wird Ihr Kind dieses erfolgreiche Verhalten immer öfter einsetzen, um zu bekommen, was es sich in den Kopf gesetzt hat. Allenfalls sollten Sie vor einem drohenden Wutanfall einlenken, wenn Sie bemerken, dass etwas für Ihr Kind ganz besonders wichtig ist.
  4. Hat Ihr Kind sich wieder etwas beruhigt, sollten Sie mit ihm über den Wutanfall sprechen. Fragen Sie Ihr Kind, wie es sich gefühlt hat und was der Grund dafür war, etwa: „Bist du wütend, weil ich zuerst das Baby ins Bett bringen musste und dir deshalb nichts vorlesen konnte?“ Wie hätte man seinen Ärger vermeiden können? Gäbe es einen für alle Seiten akzeptablen Kompromiss? Wie hätte Ihr Kind sich statt des Wutanfalls verhalten können? Signalisieren Sie Ihrem Kind Verständnis für die Wut, dann erlebt es Sie sogar als Unterstützung, lassen Sie aber keinen Zweifel daran, dass Sie bestimmte Verhaltensweisen nicht akzeptieren.
  5. Sie sind ein wichtiges Vorbild für Ihr Kind. Achten Sie also darauf, wie Sie selbst mit Wut umgehen. Sagen Sie ihm, dass auch Sie manchmal wütend werden, aber zeigen Sie ihm, wie Sie Ihre Wut überwinden (z. B. tief durchatmen, etwas Anstrengendes arbeiten oder den Raum verlassen, bevor Sie Gewalt anwenden).
  6. Loben Sie Ihr Kind, sobald es einen Konflikt friedlich mit Worten löst oder auf einen Kompromiss eingeht.

Mein Tipp: Bilderbücher zum Thema Wut

In diesen Bilderbüchern (geeignet ab drei Jahren) geht es um das Thema Wut und wie Kinder damit umgehen können:

  • Das kleine Wutmonster“ von Britta Schwarz und Manfred Tophoven

    (Betz Verlag 2004; 32 Seiten)
  • Anna und die Wut“ von Christine Nöstlinger und Christiana Nöstlinger

    (Dachs Verlag 2008; 33 Seiten)
  • Ab dem Vorschulalter sind die therapeutischen Geschichten für impulsive Kinder von Erika Meyer-Glitza „Wenn Frau Wut zu Besuch kommt“ (iskopress 2006; 94 Seiten) eine gute Unterstützung.

Wutanfall: So lässt Ihr Kind richtig Dampf ab

Manchmal muss Ihr Kind einfach Dampf ablassen, wenn es richtig wütend ist – nur sollten dazu weder Sie noch Geschwister oder andere Kinder herhalten müssen. Geben Sie Ihrem Kind Gelegenheit, sich körperlich abzureagieren. Machen Sie ein richtiges Ritual daraus und erinnern Sie Ihr Kind im „Akutfall“, wie es sich auf erlaubte Weise „abregen“ kann. Mit der Zeit wird es von selbst zu diesen Hilfen greifen, bevor es ausrastet.

  • Vereinbaren Sie z. B., dass es mit aller Kraft in ein Kissen schlagen darf. Auch eine Kissenschlacht ist oft ein gutes Mittel, sich auszutoben. Oder drücken Sie Ihrem Kind eine alte Zeitung oder einen dicken Katalog zum Zerfetzen in die Hand. Ideal zum richtig Draufhauen ist ein Boxsack, den Sie an der Decke im Kinderzimmer aufhängen.
  • Erlauben Sie Ihrem Kind, für kurze Zeit so laut zu schreien, wie es kann. Auch anderer Lärm kann es aus seiner Wut herausholen, z. B. wenn es mit den Fäusten auf einen umgedrehten Plastikeimer trommelt.
  • Hängen Sie einen Block oder einen ausrangierten Abreißkalender auf. Wenn Ihr Kind richtig wütend ist, kann es sich hier einen „Wutzettel“ abreißen, zerknüllen und ihn mit aller Kraft in den Abfall werfen.

Mein Tipp: Wenn Ihr Kind in seiner Wut mit Schimpfwörtern und Kraftausdrücken um sich wirft, können Sie ihm einen „Brülleimer“ (z. B. leerer Putzeimer) in die Hand drücken. Es kann sich den Eimer vors Gesicht halten und seine Schimpfwörter hineinschreien. Wenn diese dann, schaurig-schön verzerrt, aus dem Eimer zurückschallen, findet Ihr Kind das dann vielleicht so lustig, dass seine Wut schnell verraucht. Hat es sich beruhigt, können Sie den Eimer gemeinsam vor der Haustür „ausleeren“.