Erziehungstipps für ungehorsame Kinder

Es ist ganz normal, dass Ihr Kind häufig etwas anderes will als Sie. Und Sie werden auch nicht erwarten, dass es immer folgt. Aber zumindest meistens wäre schon ganz schön. Dann sollten Sie überzeugend sein. Denn Erziehung besteht zu einem ganz großen Teil darin, sein Kind dazu zu bringen, dass es dasselbe will wie Mama oder Papa. 

Inhaltsverzeichnis

Tipps bei Ungehorsam

Die Mutter führt ein wichtiges Telefongespräch. Ihr vierjähriger Sohn Tom kommt aus dem Kinderzimmer und zupft sie am Ärmel, weil er etwas von ihr möchte. Sie vertröstet ihn auf später, wenn sie fertig ist, und bittet ihn, so lange doch noch etwas zu spielen. Jetzt fährt Tom mit seinem Feuerwehrauto unter lautem Tatü den Gang auf und ab, sodass die Mutter ihr eigenes Wort nicht mehr versteht. Sie wird ärgerlich und schimpft: „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du leise sein sollst, wenn ich telefoniere! Warum störst du mich jedes Mal?

Anderes Beispiel: Die kleine Mia, zwei Jahre alt, sitzt quietschvergnügt auf dem Boden und baut mit ihren großen Holzbauklötzen einen Turm. Als dieser umfällt, ist das ganz schön laut. Mia ist begeistert! Sie versucht nun, auch auf andere Weise Lärm zu machen und entdeckt, dass es ebenfalls prima kracht, wenn sie die Klötzchen mit aller Kraft auf den Parkettboden wirft. Aber da eilt auch schon ihre Mutter herbei und schimpft: „Das darfst du nicht! Da geht der Boden kaputt.“ Doch kaum hat sich die Mutter abgewendet, knallt schon der nächste Holzklotz auf den Fußboden.

Nur wenn Sie wissen warum, können Sie richtig reagieren

Die beiden Kinder aus den Beispielen sind aus unterschiedlichen Gründen ungehorsam: Tom möchte die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Mutter und stört so lange, bis sie sich ihm zuwenden „muss“. Hätte die Mutter, bei einem Telefonat mit einer Freundin, auch das Feuerwehrauto überhört, hätte Tom vielleicht irgendetwas Verbotenes getan, nur um sie zu einer Reaktion zu bewegen.

Die kleine Mia hat ein spannendes neues Spiel entdeckt: Klötzchen werfen und Krach machen. Die Erklärung der Mutter versteht sie noch gar nicht. Wenn überhaupt, hätte vielleicht ein eindeutiges „Mia, nein, lass das!“ etwas bewirkt. Aber Mia ist so von dem tollen Spiel fasziniert, dass sie die Ermahnung der Mutter gleich wieder vergisst.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Kinder ungehorsam sind. Damit Sie etwas bewirken können, das auch nützt, sollten Sie herausbekommen, warum Ihr Kind ungehorsam ist.

Ihr Kind hat andere Bedürfnisse und Interessen als Sie

Für Ihr Kind gibt es nichts Wichtigeres als sein Spielund seine eigenen Bedürfnisse. Wenn es z. B. auf demSpielplatz noch schaukeln möchte, Sie aber heimgehenwollen, dann wird es sich vehement mit den Worten„Ich will aber noch schaukeln!“ widersetzen. Gerade imKleinkindalter können Kinder ihre Bedürfnisse nurschwer zurückstellen. Mit genauen Erklärungen, warumSie jetzt gehen müssen, oder dem Hinweis, dass es dochschon den ganzen Nachmittag schaukeln konnte, erreichenSie wenig. Aussichtsreicher ist es, einen Kompromiss zufinden (z. B. Sie schaukeln es noch einmal ganz fest an,und wenn die Schaukel zur Ruhe gekommen ist, geht esohne Theater mit Ihnen heim) oder Ihrem Kind etwas inAussicht zu stellen, sodass es ebenfalls gehen möchte(z. B. Sie haben noch einen Brief dabei, der in den Postkastenan der Ecke eingeworfen werden muss, und dasdarf Ihr Kind erledigen).

Ihr Kind hat nicht verstanden, was Sie von ihm wollen

In diesem Fall sollten Sie Ihre Anweisung in einfachen undklaren Worten wiederholen und Ihrem Kind genau erklären,was es tun soll. Am besten ist es, wenn Sie IhremKind vormachen, was Sie von ihm erwarten.

Ihr Kind ist unaufmerksam oder abgelenkt

Wenn IhrKind ins Spiel versunken ist, sollten Sie es so wenig wiemöglich stören. Ansonsten hilft nur, zu ihm hinzugehen,es zu berühren (z. B. Hand auf die Schulter legen), esanzusehen und erst dann eine Anweisung zu geben. Indiese Kategorie gehören auch Dinge, die Ihr Kind immerwieder vergisst, weil sie ihm nicht wichtig sind und esmit seinen Gedanken längst wieder mit seinen eigenenPlänen beschäftigt ist. Dazu gehört beispielsweise dasgerne vergessene Händewaschen nach dem Toilettengang.Hier hilft nur geduldiges Erinnern.

Ihr Kind möchte auf sich aufmerksam machen

DiesemFall ist am schwersten beizukommen. Schnelle Patentrezeptehelfen hier leider nicht. Ihr Kind weiß nämlichgenau, dass Sie sich immer wieder mit ihm beschäftigen und ihm Ihre volle Aufmerksamkeit schenken werden,wenn es sich widersetzt. Ein Beispiel: Sie bitten Ihr Kind,ein störendes Verhalten bleiben zu lassen. Vielleicht hört eskurzzeitig damit auf, beginnt anschließend aber wiederdamit, denn es weiß, dass Sie sich dann erneut auf es konzentrierenund es ermahnen werden. Es zwingt Sie mit seinemVerhalten also, sich mit ihm zu beschäftigen. Ist eshingegen brav und stört nicht mehr, werden Sie Ihre Aufmerksamkeitwieder anderen Dingen zuwenden.

Mein Tipp bei Ungehorsam: Der „Störtrick“ wird bevorzugt von älteren Geschwistern eingesetzt, die nach der Geburt des Babys nicht mehr den ganzen Tag Mamas volle Aufmerksamkeit bekommen. Hier hilft nur, störendes Verhalten so weit wie möglich zu ignorieren und dem Kind immer dann ein Lob oder besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wenn es sich brav, also erwünscht, verhält.

Damit Sie den Ungehorsam Ihres Kindes nicht unbewusst unterstützen, dürfen Sie nicht in diese 7 Fallen tappen!

1. Kind unbeabsichtigt belohnen:

Wenn Sie Ihrem Kind bei Ungehorsamkeit vermehrte Aufmerksamkeit schenken, wird es mit der Zeit immer öfter als seltener so handeln. Bei größeren Kindern hat langes Debattieren einen ähnlichen Effekt: Das Kind bekommt vermehrt Aufmerksamkeit. Selbst negative Zuwendung durch Schimpfen und Nörgeln ist Ihrem Kind immer noch lieber als gar keine Zuwendung!

2. Bei Ungehorsam letztlich doch nachgeben:

Wenn Kinder etwas nicht wollen und ihr Gebrüll, die Tobsuchtsanfälle oder das Gequengel verstärken, geben manche Eltern irgendwann entnervt nach. Da es seinen Willen erreicht hat, wird ein Kind diese Strategie häufiger einsetzen. Auf Seiten der Eltern gibt es ähnliche Probleme: Wenn Sie schnell schreien oder drohen, wird Ihr Kind Sie bald bei normal vorgebrachten Anweisungen nicht mehr ernst nehmen.

3. Wenn Ihr Kind ungehorsam ist, sollten Sie nicht lauter werden, sondern handeln:

Gehen Sie z. B. zu Ihrem Kind und führen Sie ihm die Hand, wenn es nicht „weiß“, wo es seine Jacke aufhängen soll, oder bringen Sie es ins Kinderzimmer für eine Auszeit, wenn es sich nicht beruhigt.

4. Erwünschtes Verhalten übersehen:

Leider loben die meisten Eltern ihr Kind viel zu wenig, wenn es sich gut benimmt, schimpfen aber schnell, wenn es nicht folgt. So lernen Kinder, dass sie sich „daneben“ benehmen müssen, um beachtet zu werden.

5. Falsche Anweisungen geben:

Wie gut Ihr Kind Ihre Anweisungen befolgt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie Sie diese geben. Folgende Probleme können auftreten:

  • Zu viele Anweisungen, insbesondere zu viele auf einmal, führen dazu, dass Ihr Kind glaubt, es Ihnen ohnehin nicht recht machen zu können. Es resigniert oder rebelliert dann möglicherweise.
  • Zu wenige Anweisungen lassen Ihr Kind im Unklaren, was Sie von ihm erwarten. Geben Sie klare Anweisungen, die Sie gegebenenfalls wiederholen, oder machen Sie Ihrem Kind sogar vor, was es tun soll.
  • Zu komplizierte Anweisungen kann Ihr Kind nicht verstehen und deshalb nicht befolgen. Wenn das, was Sie von Ihrem Kind erwarten, eine Überforderung darstellt, wird es nicht tun, was Sie von ihm verlangen. So kann z. B. ein dreijähriges Kind nicht alleine sein Kinderzimmer aufräumen.
  • Zu ungenaue Anweisungen führen nicht zur gewünschten Reaktion, weil Ihr Kind nicht weiß, was Sie von ihm wollen. Sagen Sie also etwa statt „Schmatz nicht beim Essen“ besser „Mach bitte beim Kauen den Mund zu“. Fragen Sie nicht „Möchtest du jetzt ins Bett gehen?“, sondern sagen Sie klipp und klar „Es ist jetzt Zeit, dass du ins Bett gehst“.
  • Anweisungen zur falschen Zeit, beispielsweise während Ihr Kind intensiv spielt, werden häufig tatsächlich überhört oder aber ignoriert. Sprechen Sie Ihr Kind gezielt an, stellen Sie Augen- oder Körperkontakt her und geben Sie dann Ihre Anweisung. Wenn es nicht unbedingt erforderlich ist, sollten Sie Ihr Kind nicht aus seiner Tätigkeit „herausreißen“.
  • Anweisungen, die Ihr Kind nicht einordnen kann, etwa weil Sie ihm etwas verbieten, gleichzeitig aber schüchtern und bittend sprechen oder währenddessen lächeln. Dabei weiß Ihr Kind nicht, ob es den Worten oder aber Ihrer Körpersprache glauben soll. Auch Anweisungen, die Sie Ihrem Kind vom Raum nebenan zurufen, werden oft nicht befolgt.
6. Bei Ungehorsam wirkungslose Strafen einsetzen:

Strafen sind prinzipiell ungünstig. Bei Problemverhalten empfehlen sich stattdessen logische Folgen, notfalls auch eine kurze Auszeit. Logische Folgen sind Konsequenzen, die sich ganz natürlich aus dem Verhalten Ihres Kindes ergeben. Beispiel: Sie rufen Ihr Kind zum Essen, es kommt aber nicht. Sie gehen noch einmal zu ihm hin (um sicher zu sein, dass es Sie wirklich gehört hat!) und fordern es auf, essen zu kommen. Kommt es trotzdem nicht, wird, wenn die ganze Familie gegessen hat, auch sein Teller abgeräumt. Ihr Kind wird also bis zur nächsten Mahlzeit hungrig bleiben. So lernt es: Wenn ich nicht zum Essen komme, wenn alle essen, kriege ich nichts mehr und habe dann Hunger.

So sind Strafen nutzlos oder gar gefährlich.

  • Angedrohte Strafe wird nicht ausgeführt: Kinder lernen sehr schnell, Drohungen zu ignorieren, wenn sie nicht wahr gemacht werden. Auch unrealistische Drohungen wie „Du darfst nie mehr …“ sind sinnlos, weil Eltern das gar nicht einhalten können!
  • Inkonsequente Bestrafung: Wird ein und dasselbe unerwünschte Verhalten einmal ignoriert, das andere Mal aber bestraft, kann Ihr Kind nicht einschätzen, was von ihm nun eigentlich erwartet wird. Das Gleiche kann passieren, wenn Eltern sich nicht einig sind.
  • Strafe als letztes Mittel: Wenn Sie unerwünschtes Verhalten zunächst ertragen, Ihnen irgendwann aber doch der Geduldsfaden reißt, fällt die Strafe oft zu hart aus. Daher sollten Sie besser sofort auf Fehlverhalten reagieren, dafür aber moderat.
  • Strafe im Zorn: Wenn Sie selbst sehr wütend sind, besteht die Gefahr, dass Sie die Kontrolle verlieren und Ihrem Kind weh tun.
  • Strafe ohne Lernmöglichkeit: Aus einer Strafe ohne Zusammenhang mit dem Fehlverhalten lernt das Kind nichts. Besser sind Schadensersatz oder Wiedergutmachung
  • Ungünstiges Vorbild darstellen: Kinder lernen sehr viel aus dem Verhalten ihrer Eltern. Wenn Sie selbst z. B. schnell laut werden, wird Ihr Kind daraus schließen, dass Schreien in Ordnung ist. Oder: Wer bestraft wird, bestraft andere weiter – manchmal sogar mit größerer Härte.
7. Verletzende Kritik äußern:
Um Ihr Kind nicht zu demütigen, sollten Sie es nicht als Person kritisieren, wenn es nicht gehorcht hat oder etwas falsch gemacht hat („Du hast dich wieder so blöd angestellt!“), sondern nur sein Verhalten. Andernfalls würden Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes sehr „beschädigen“. Das Gefühl, es könne sowieso nichts und mache alles falsch, führt nicht selten dazu, dass Ihr Kind sich zurückzieht und in eine regelrechte Verweigerungshaltung hineingerät. Und damit wird es auch nicht besser gehorchen!

Mehr Motivation mit der „Belohnungsschnecke“

Vielleicht gibt es ein oder zwei Dinge, die Ihrem Kind ganz besonders schwer fallen. Da könnte ein Belohnungssystem zusätzliche Anreize schaffen, von sich aus gehorchen zu wollen. Gibt es z. B. jeden Abend ein Affentheater und dauert es ewig, bis Ihr Kind endlich im Bett ist, könnte Ihr Kind für jeden Abend, an dem es innerhalb einer vorgegebenen Zeit (Zeit am besten auf dem Eierwecker einstellen) im Bett ist, einen Belohnungspunkt erhalten. Wenn Sie mehr als ein Kind haben, ist es zwar gerecht, dass Sie für jedes Kind Belohnungspunkte einführen. Doch sollte jedes Kind individuell für gutes Verhalten in Situationen, die ihm derzeit noch besonders schwer fallen, belohnt werden! Denn was für das eine Kind völlig selbstverständlich ist, kann für das andere Kind der nächste anstehende Lernschritt sein.

Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind, was die Belohnungspunkte „wert“ sind. Hat es beispielsweise vier Punkte erhalten, kann es sich eine kleinere Belohnung aussuchen (z. B. eine zusätzliche Gute-Nacht-Geschichte, eine halbe Stunde Extra-Spielzeit mit Mama oder Papa). Für acht erreichte Punkte gibt es eine größere Belohnung, etwa einen Besuch in der Eisdiele oder im Schwimmbad oder eventuell ein lang ersehntes Spielzeug (das nicht unbedingt teuer sein sollte!). Hat Ihr Kind einen Belohnungspunkt erhalten, kann es entweder einen Punkt im Schneckenhäuschen mit Buntstift ausmalen oder aber einen Sticker einkleben.