So wandelt Ihr Kind eine Schwäche in eine Stärke um

Viele Eltern wissen ganz genau, welche Stärken und Schwächen ihr Kind hat. Doch anstatt sich über die Stärken immer wieder richtig zu freuen, stehen häufig die Schwächen und ihre negativen Folgen im Vordergrund. Diese Sichtweise hat viel mit unserer leistungsorientierten Haltung zu tun, die spätestens in der Schule richtig zum Tragen kommt. Doch es geht auch anders. 

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Mit Stärken und Schwächen richtig umgehen

Sicher kennen Sie das auch:  Eine schlechte Note in der Klassenarbeit oder im Zeugnis bleibt viel länger im Bewusstsein als eine gute. Wenn Kinder richtig Unsinn machen, wird noch Jahre später gerne davon erzählt. Getreu dem Motto „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht“ ist es sehr schwer, ein negatives Bild zu verändern. Wenn Eltern über ihre Kinder berichten, sind die Stärken längst nicht so interessant wie die Schwächen. Besonders in Deutschland neigt man dazu, das Negative zu sehen.

Die Schwächen haben eine größere Strahlkraft

Ich kann mich noch gut an die zahlreichen Lehrergespräche erinnern, bei denen meine Söhne beurteilt wurden. Obwohl beide Jungen weder besonders gut noch besonders schlecht waren, gab es doch immer irgendetwas auszusetzen. Der eine redete zu viel im Unterricht und war häufig müde, außerdem hatte er eine schlecht leserliche Handschrift. Der andere wollte sich nicht richtig in die Klassengemeinschaft einfügen und machte zu viele Rechtschreibfehler. „Ihr Sohn hat sich ganz gut entwickelt, aber …“, und dieses „aber“ stört mich auch heute noch.

Die Hervorhebung der Schwächen überträgt sich auf die Kinder

Auch wenn die meisten Eltern versuchen, ihre Kinder zu loben und deren Stärken zu sehen, wirken sich solche Schulgespräche auf die Wahrnehmung des eigenen Kindes und seiner Fähigkeiten aus. Es gelingt nur den wenigsten Eltern, die negativen Inhalte nicht zu Hause weiterzugeben. Sie machen sich Sorgen über die weitere Schullaufbahn ihres Kindes, zweifeln an ihrer Erziehungskompetenz und können das nur schwer verbergen. Sofort merkt das Kind, dass irgendetwas nicht stimmt, und fühlt sich schuldig. Sein Blick wird auf seine Schwächen gerichtet. Die Lust aufs Lernen, die Motivation und der Spaß an der Schule werden so ausgebremst.

Jede Persönlichkeit setzt sich anders zusammen

Natürlich ist es wichtig zu erkennen, was Kindern Probleme bereitet und wo sie noch zusätzliche Förderung benötigen. Viel wichtiger ist es aber zu sehen, was ein Kind gut macht und leistet – und zwar nicht nur im Leistungsbereich, sondern vielmehr auch in seiner Persönlichkeit. Wird es an diesem Punkt abgeholt und bestärkt, entwickelt es ganz automatisch den Ehrgeiz, auch in anderen Bereichen dazuzulernen. Dabei hat das Wort Schwächen überhaupt nichts zu suchen. Kinder entwickeln sich unterschiedlich schnell und haben ganz unterschiedliche Fähigkeiten. Die einen fühlen sich in der Welt der Zahlen sehr wohl und erobern sie schon lange vor der Schule, den anderen liegen sie zeitlebens nicht. Ebenso verhält es sich mit dem Reden, dem schriftlichen Ausdruck, dem Sozialverhalten, der Neugierde, den Wahrnehmungsbereichen oder der Sportlichkeit.

Richten Sie den Blick auf die Stärken!

Um nicht immer wieder mit der negativen Sichtweise der Schwächen Ihres Kindes konfrontiert zu werden, sollten Sie ein Stärkenprofil erstellen. Anhand dieses Profils können Sie auch erkennen, ob Ihrem Kind möglicherweise eine Veränderung guttut. Die Sichtweise ist das Zauberwort. Fast jede sogenannte Schwäche kann in eine Stärke umgewandelt werden, wie die folgenden Beispiele zeigen. Ganz wichtig: Reden Sie mit Ihrem Kind darüber!

Für jede Schwäche gibt es passende Beispiele

Eine Schwäche ist immer erst dann eine Schwäche, wenn sie von der Umwelt als solche deklariert wird. Wird die Umgebung verändert, kann die Schwäche plötzlich eine Stärke werden. Natürlich ist das im Unterricht nicht immer möglich, aber der Grundgedanke sollte allen Eltern und Lehrern vertraut sein. Ein leseschwaches Kind hat meistens ein fantastisches Gedächtnis und kann sich Texte gut merken. Ein rechenschwaches Kind entwickelt intelligente Tricks, mit denen es die Aufgaben trotzdem bewältigen kann. Und das Vermeidungsverhalten eines rechtschreibschwachen Kindes zeugt nicht selten von großer Cleverness. Wer weiß, im späteren Berufsleben sind es vielleicht genau diese Fähigkeiten, die Ihr Kind nach vorne bringen.

Mein Tipp: Stellen Sie die Schwächen auf den Prüfstand

Lassen Sie sich von negativen Aussagen nicht unterkriegen und suchen Sie immer nach dem positiven Gegenteil: „Mal sehen, wozu das gut sein kann?“ Wenn Sie diese Sichtweise als Grundhaltung in Ihrer Familie einführen, sind Schwächen bald kein Thema mehr.

So verwandeln Sie Schwächen in Stärken

Eine sogenannte Schwäche … … in eine Stärke verwandeln
Plappermaul: Marlena redet ständig mit ihrer Freundin, auch während des Unterrichts. Ständig fällt ihr etwas ein, was sie unbedingt erzählen will. Das stört ihre Lehrerin sehr und sie ermahnt das Mädchen immer wieder, ruhig zu sein. Kommunikationsstark: Marlenas Kontaktfreudigkeit hilft neuen Schülerinnen und Schülern, sich schnell in die Klasse zu integrieren. Sie ist sozusagen die „Willkommens-Ministerin“ der Klasse, die sich auch gerne um andere kümmert.
Feigling: Lena ist sehr schüchtern und traut sich kaum, im Unterricht etwas zu sagen. Sie hält sich immer mit ihrer eigenen Meinung zurück, ist schweigsam und still. Gute Zuhörerin: Lena kann wunderbar zuhören und merkt sich vieles. Sie verwaltet den „Kummerkasten“ der Klasse und ist als Streitschlichterin eine begehrte Ansprechpartnerin.
Verträumter Einzelgänger: Leon hat wenig Interesse am Spiel mit anderen. Auch in der Pause bleibt er gerne für sich allein und beteiligt sich nicht an den Gruppenspielen. Er liest dann etwas oder träumt vor sich hin. Ausgeglichen und zufrieden: Leon ist sich selbst genug, ohne dass er etwas vermisst. In der Klasse stellt er wegen seines ausgeglichenen Wesens einen positiven Kontrast zu Streit und Aggressivität anderer Kinder dar.
Hyperaktiver Störer: Sebastian kann keine Sekunde still sitzen und bringt viel Unruhe in die Klasse. Er muss sich ständig bewegen, kippelt auf dem Stuhl, springt auf, kaut an den Fingernägeln oder zerschneidet Papier. Bewegungs-Ass: Im Sportunterricht kann keiner Sebastian das Wasser reichen. Er bewältigt hoch motiviert alle Aufgaben und zeigt den anderen, wie sportlich ein Achtjähriger sein kann.