Vorhautverengung (Phimose) bei Kindern: Operieren oder abwarten?
Dass sich die Vorhaut bei kleinen Jungen anfangs nicht zurückschieben lässt, ist völlig normal. Das Problem löst sich in den meisten Fällen von selbst. Notfalls können Sie durch eine Salbenbehandlung nachhelfen. Nur in Einzelfällen muss eine Phimose operiert werden. Hier finden Sie heraus, was am besten für Ihr Kind ist.
- Phimose: Richtig handeln bei einer Vorhautverengung
- Bei einer Phimose wird sich zu schnell für eine Operation entschieden
- Wann ist eine Operation bei einer Vorhautverengung unumgänglich?
- Durch Salbenbehandlung eine OP der Vorhautverengung vermeiden
- Bei Entzündungen der Vorhaut helfen Sitzbäder und antibiotische Salben
- Welche Operationsmethode ist die richtige?
- So übersteht Ihr Kind die Operation besser
Phimose: Richtig handeln bei einer Vorhautverengung
Bei einer Vorhautverengung, medizinisch als Phimose bezeichnet, kann die Vorhaut nicht über die Eichel zurückgestreift werden. Dieser Zustand gilt bis zum dritten Geburtstag als normal. In den ersten zwei bis drei Lebensjahren besteht nämlich meist eine Verklebung zwischen Eichel und Vorhaut. Diese erfüllt sogar eine wichtige Schutzfunktion: Während der Windelzeit verhindert sie das Eindringen von Krankheitserregern und schützt damit Eichel und Harnröhrenöffnung vor Windelausschlag. Die Verklebung bildet sich in den meisten Fällen in den ersten drei Lebensjahren von selbst zurück. Eine echte Vorhautverengung über das dritte Lebensjahr hinaus kann angeboren oder durch Entzündungen und Vernarbungen entstanden sein.
Bei einer Phimose wird sich zu schnell für eine Operation entschieden
Häufig herrscht noch die Lehrmeinung vor, dass eine Vorhautverengung ab einem Alter von drei Jahren mit einer Operation behandelt werden sollte. Doch zeigte eine dänische Studie an 2.000 Schuljungen im Alter von sechs bis 17 Jahren, dass sich Phimosen sogar bis zum Ende der Pubertät zurückbilden können. Diese Jungen wurden mehrfach untersucht, und am Ende der Schulzeit wies, ohne dass eine Operation durchgeführt worden wäre, nur noch 1 Prozent der Jungen eine Vorhautverengung auf. Wenn keine Probleme vorliegen, kann mit der Operation also theoretisch bis nach der Pubertät gewartet werden.
Um den betroffenen Jungen jedoch nicht während der Pubertät, in dieser ohnehin schwierigen Entwicklungsphase, mit einer so stark in die Intimsphäre eingreifenden Operation zu belasten, sollte die Vorhautverengung möglichst schon vorher operiert werden, jedoch nicht vor einem Alter von acht bis zehn Jahren. Andere Autoren empfehlen, im Alter von fünf oder sechs Jahren zu operieren, da die Jungen dann einerseits alt genug sind, um zu verstehen, was gemacht wird, andererseits aber noch jung genug, um diesen Eingriff im Genitalbereich nicht als peinlich zu empfinden.
Kinderpsychologen raten von einer Operation im vierten und fünften Lebensjahr dringend ab, da sich die Jungen dann in der so genannten phallischen Phase befinden und der Bezug zum Penis besonders ausgeprägt ist, sodass Kastrationsängste ausgelöst werden könnten. Wird, entwicklungspsychologisch günstig, kurz vor der Einschulung operiert, ist jedoch zu bedenken, dass dabei über 80 Prozent der Jungen umsonst operiert werden. Bei ihnen würde sich die Phimose auch ohne Operation zurückbilden!
Wann ist eine Operation bei einer Vorhautverengung unumgänglich?
Bei folgenden Problemen muss eine Vorhautverengung operiert werden:
- bei starker Phimose, die zu einer Behinderung des Wasserlassens führt
(Vorhaut bläht sich beim Wasserlassen auf, Harnstrahl ist nur dünn oder tröpfelnd), - bei wiederholten Entzündungen von Vorhaut und Eichel,
- bei Vernarbungen (können sich von selbst nicht zurückbilden).
Achtung bei Problemen mit der Vorhaut
Versuchen Sie bei Ihrem Baby oder Kleinkind bitte keinesfalls, die Vorhaut ruckartig oder mit Krafteinsatz zurückzuziehen, um eine Verengung oder Verklebung zu lösen! Das ist nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern kann zu kleinen Einrissen führen, die anschließend vernarben. Das verschlimmert die Phimose nur und erfordert möglicherweise später eine Operation. Sie dürfen jedoch z. B. im warmen Bad die Vorhaut so weit sanft zurückziehen, wie es leicht und schmerzlos möglich ist.
Durch Salbenbehandlung eine OP der Vorhautverengung vermeiden
Eine Salbenbehandlung hat nur dann Erfolg, wenn es sich um eine Verklebung handelt. Ist die Vorhaut tatsächlich zu eng, kann auch eine Salbe nichts daran ändern! Durch eine mehrwöchige Behandlung mit Kortison- oder Östrogensalbe konnte, verglichen mit einer Kontrollgruppe mit wirkstofffreier Salbe eine um 50 bis 90 Prozent schnellere Rückbildung der Verklebung erreicht werden. Mit einer Erfolgsrate von 90 Prozent am wirksamsten ist die Behandlung mit einer östrogenhaltigen Salbe (verschreibungspflichtig, z. B. Ovestin®, kann zum leichteren Auftragen in der Apotheke in eine Augensalbentube abgefüllt werden), die zwei bis dreimal täglich über drei bis sechs Wochen aufgetragen wird.
Als Nebenwirkung kommt es bei einem von 30 behandelten Jungen zu einer gering gradigen beidseitigen Brustdrüsenschwellung, die sich nach Absetzen der Salbe wieder zurückbildet. Eine Verklebung kann auch der Kinderarzt nach Auftragen einer örtlich betäubenden Creme zu lösen versuchen. Wenn die Creme wirkt und der kleine Patient keine Schmerzen mehr hat, wird die Vorhaut vorsichtig ganz zurückgestreift und so die Verklebung gelöst. Bitte überlassen Sie diese Behandlung in jedem Fall einem Arzt (versuchen Sie es keinesfalls selbst!).
Mein Tipp bei einer Vorhautverengung
Auch wenn man es kaum glauben mag – es sind schon Erfolge bei Phimose mit einer homöopathischen Behandlung beschrieben worden. Einige Homöopathen schwören z. B. auf Jacaranda caroba C6 (zweimal täglich eine Tablette oder fünf Globuli für maximal 14 Tage). Einen Versuch ist es in jedem Fall wert.
Bei Entzündungen der Vorhaut helfen Sitzbäder und antibiotische Salben
Infolge einer Phimose kann es immer wieder zu Entzündungen der Vorhaut und der Eichel kommen. Die Vorhaut ist gerötet, geschwollen und schmerzt. In leichten Fällen helfen schon Kamillen-Sitzbäder, eventuell im Wechsel mit Zauberstrauch-Sitzbädern (z. B. Hamamelis- Essenz Wala). Da gerade im Falle von Kamille fertige Kamillenlösungen einen höheren Wirkstoffgehalt aufweisen als selbst aufgebrühter Kamillentee, sollten Sie auf Fertigarzneimittel zurückgreifen (z. B. Kamillin Extern Robugen®).
Bereiten Sie Ihrem Kind ein- bis zweimal täglich ein Sitzbad mit warmem Wasser zu, und dosieren Sie den Kamillen- bzw. Hamamelis-Extrakt wie in der Packungsbeilage angegeben. Oft ist jedoch auch eine antibiotische Behandlung erforderlich. Eine entsprechende antibiotische Salbe bekommt Ihr Kind vom Arzt verordnet. Sie muss zwei- bis dreimal täglich aufgetragen werden. Um die Salbe unter die Vorhaut zu bringen, werden meist Glasstäbchen (erhältlich in Apotheken unter dem Begriff „Augensalben-Stäbchen“) verwendet.
Mein Tipp
Ist die Vorhaut bei Ihrem Jungen sehr eng, gibt es mit den Glasstäbchen und der Salbe wahrscheinlich Geschrei, weil die Öffnung in der Vorhaut durch die Entzündung zusätzlich zugeschwollen ist und das Einbringen der Salbe recht unangenehm ist. Alternativ können antibiotische Augentropfen (verschreibungspflichtig!) in Ein-Dosis-Behältern verwendet werden, die sich direkt in die Vorhaut eintropfen lassen. Jeden Tag einen frischen Behälter verwenden!
Welche Operationsmethode ist die richtige?
Besteht bei Ihrem Sohn die Notwendigkeit einer Operation, wird diese unter Vollnarkose, aber in der Regel ambulant durchgeführt. Je nach Schwere der Phimose kommen drei verschiedene Operationsmethoden infrage.
Bei geringgradiger Phimose (meist bei engen, narbigen Schnürringen) kann die Vorhaut durch eine Vorhauterweiterungsplastik komplett erhalten werden. Dabei wird die zu enge Vorhaut durch einen Schnitt (oder eventuell auch mehrere) längs eingeschnitten und anschließend quer vernäht. Somit wird eine Erweiterung der Vorhaut erreicht. Nach dieser Operation ist Ihre Mitarbeit und die Ihres Kindes erforderlich! Um erneute Vernarbungen und Verengungen zu vermeiden, muss die Vorhaut täglich zurückgestreift werden (z. B. in einem desinfizierenden Sitzbad), soweit es schmerzfrei möglich ist.
Die gängigste Methode im Kleinkindalter ist die Teilbeschneidung (partielle Zirkumzision), die auch als Plastibell-Methode bezeichnet wird. Dabei wird nur die Engstelle entfernt und der restliche Teil der Vorhaut bleibt erhalten. Dazu wird die verengte Vorhaut eingeschnitten und etwas gespreizt, sodass eine Plastikglocke über die Eichel geschoben werden kann. Anschließend wird die Vorhaut am Rand der Plastikglocke abgebunden und fällt nach dem Auflösen des Nahtmaterials nach zehn bis zwölf Tagen mitsamt der Plastikglocke von selbst ab.
Bei der kompletten Beschneidung (radikale Zirkumzision), die allerdings aus medizinischen Gründen nur selten erforderlich ist (z. B. beim Lichen sclerosus et atrophicus, einer Hauterkrankung, die zum narbigen Umbau der Vorhaut führt), wird die Vorhaut ganz entfernt und die Wunde vernäht. Die Operation an sich dauert in der Regel nur wenige Minuten und wird meist problemlos überstanden. Als mögliche Komplikationen können in 0,5 bis 2 Prozent Nachblutungen, Verwachsungen oder Infektionen auftreten. Wurde keine komplette Beschneidung durchgeführt, kann es in seltenen Fällen zu einer erneuten Phimose kommen. Laut amerikanischen Studien ist eine verbliebene Restvorhaut mit schlechtem kosmetischen Ergebnis (z. B. aufgrund zu sparsamer Beschneidung) die häufigste Komplikation.
So übersteht Ihr Kind die Operation besser
Um Schmerzen und Schwellungen zu reduzieren, können Sie Arnica D12 und Delphinium staphisagria (früher Staphisagria) D12 geben. Dosierung: fünf Globuli oder eine Tablette von beiden Mitteln nach dem Aufwachen zunächst alle 15 bis 30 Minuten (insgesamt fünf Gaben), dann bis zum Schlafengehen alle zwei Stunden, an den folgenden beiden Tagen dreimal täglich. Anfangs ist die Penisspitze sehr berührungsempfindlich und brennt beim Wasserlassen. Damit die frische Wunde nicht mit der Windel oder dem Slip verklebt, kann Panthenol Creme (z. B. Panthenol-Creme LAW, 25 Gramm für 1,84 ?) aufgetragen werden. Braucht Ihr Kind keine Windel mehr, können Sie ihm anfangs einen reichlich großen Slip anziehen und mit einer flachen Margarinedose (z. B. von Lätta) alles, was drückt, vom frisch operierten Penis fernhalten. Damit die Dose in der Unterhose nicht verrutscht, sollte sich Ihr Kind jedoch möglichst ruhig halten. Spätestens nach einer Woche kann Ihr Sohn Kindergarten oder Schule wieder besuchen. Bei Sport und wilden Spielen ist 10 bis 14 Tage lang Schonung angesagt.
Bezugsquelle: Alle angegebenen homöopathischen Medikamente sind rezeptfrei in Apotheken erhältlich, 10 Gramm Globuli 7,40 €, 80 Tabletten 8,78 € (Hersteller: DHU, Karlsruhe). Fertigarzneimittel für Sitzbäder wie Kamillin Extern Robugen® (400 Milliliter 10,40 €) und Hamamelis-Essenz Wala (100 Milliliter 16,36 €) erhalten Sie rezeptfrei in der Apotheke.