Nur Geduld: Mit diesen 7 Tricks lernt Ihr Kind das Warten
Warten lernen ist für Kinder eine Herausforderung. Denn sie leben im Hier und Jetzt und haben anfangs keinerlei Zeitbegriff. Wir verraten Ihnen, wann Ihr Kind sich in Vergangenheit und Zukunft zurechtfindet, Begriffe wie „nachher“ und „gleich“ verstehen lernt und wie Sie ihm dabei helfen. Plus: Die besten Tipps zum Wartenlernen und Spiele, die jede Wartezeit verkürzen.
In Geduld üben: Für Kinder besonders schwer
Auch wenn Kinder alle Zeit der Welt haben, eines haben sie nicht: Geduld! Auf etwas zu warten fällt ihnen extrem schwer: Wann hört Mama bloß mit dem Telefonieren auf und hat wieder Zeit zum Mitspielen? Die Standardfrage auf längeren Autofahrten: Wann sind wir endlich da? Noch soooo lange bis zum Geburtstag (oder bis Weihnachten)! Papa hat „gleich“ gesagt: Ist jetzt endlich „gleich“? Wenn Sie wissen, wann und wie Ihr Kind lernt, sich in der Zeit zu orientieren, fällt es Ihnen leichter, seine kindliche Ungeduld zu verstehen und ihm darüber hinwegzuhelfen.
Babys erkennen Muster
Babys mit etwa sechs Monaten beginnen zeitliche Abläufe im Alltag zu erfassen. Wissenschaftler sprechen von „Skripts“, die ein Kind entwickelt:
- Wenn Mama mit mir ins Bad geht, zieht sie mir den Strampler aus. Mein Po wird kalt, dann schmiert Mama was drauf. Sie holt eine neue Windel, packt meinen Po ein und zieht mir den Strampler wieder an.
- Wenn ich Hunger habe und an meinen Fingern lutsche, kommt Mama und schiebt den Pulli hoch. Aus der Brust kommt Milch raus, und dann ist mein Hunger weg.
- Wenn Mama Wasser in die Badewanne einlässt, weiß ich, dass ich gleich nackt ausgezogen werde und baden darf. Durch diese gleich bleibenden Abläufe im Alltag können schon Babys zeitliche Zusammenhänge erkennen. Allerdings sind sie ihnen noch nicht bewusst. Doch helfen diese „Routineabläufe“ den Kleinen, ihren Alltag zu strukturieren.
Für Einjährige ist die richtige Reihenfolge wichtig
Je älter Ihr Kind wird, umso mehr Details nimmt es wahr, und die Skripts werden immer komplexer. Die Kleinen merken sich die Reihenfolge einzelner Handlungen und bestehen darauf, dass alles so wie immer gemacht wird: Wenn ich abends ins Bett gehe, zieht Mama mich aus, und ich bekomme eine frische Windel. Dann zieht sie mir den Schlafanzug an. Danach legt Mama mich ins Bett, und ich bekomme meine Flasche. Anschließend singt Mama mir etwas vor, gibt mir einen Kuss und macht das Licht aus. Und wehe, Mama lässt einen Schritt aus oder ändert etwas an dieser Reihenfolge! Zeit ist für Kleinkinder an Handlungen gebunden: Zuerst kommt immer dies, dann folgt immer das. Da die Kleinen so auf Details achten und genau beobachten, können sie schon ein wenig geduldiger auf den nächsten Schritt warten. Denn sie wissen genau, was als Nächstes kommt.
Mein Tipp: |
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Sie können Ihr Kind unterstützen, indem Sie ihm in einfachen Worten die einzelnen Schritte beschreiben. Während Sie z. B. den Abendbrei zubereiten, können Sie erklären: „Ich hole jetzt deinen Teller. Nun kommt das Pulver hinein. Dann gieße ich Wasser dazu. Gut umrühren, und der Brei ist fertig.“ Dieses Vorgehen ist gleichzeitig eine hervorragende Sprachförderung! Wenn Sie Ihrem Kind die zeitliche Abfolge erklären, hilft ihm das zu verstehen. Wenn Ihr Kind dabei zusehen darf, wie Sie seine Flasche oder seinen Brei zubereiten, lässt sich die Zeitspanne, bis es etwas zu trinken oder zu essen gibt, besser überbrücken. Ihr Kind sollte Sie also beobachten dürfen, dann kann es schon ein wenig warten |
Ab 18 Monaten beginnen Kinder Vergangenheit und Zukunft zu begreifen
Kinder zwischen 18 und 24 Monaten entwickeln eine Vorstellung vom Ich: „Ich bin ich.“ Sie beginnen zu begreifen, dass es sie schon früher gab und auch weiterhin geben wird. Das ist die Voraussetzung dafür, Vergangenheit und Zukunft zu verstehen. Die Kleinen erkennen, dass es auch Papa und Mama weiterhin gibt, selbst wenn sie sie nicht sehen können. Deshalb lassen sich nun auch Trennungen leichter aushalten: Wenn Papa morgens zur Arbeit geht, kommt er abends wieder.
Gestern, heute, morgen: eine Herausforderung für Zweijährige
Kinder im Alter von zwei Jahren beginnen Zeitbegriffe wie „gestern“,„morgen“,„nachher“ oder „gleich“ zu verstehen. Langsam wird ihnen bewusst, dass es einen Unterschied macht, ob etwas schon war oder erst noch kommt. Auch das beliebte Wörtchen „gleich“ bekommt nun einen Sinn. Bitte geben Sie sich aber keinen falschen Vorstellungen hin: „Gleich“ bedeutet für Ihr Kind, dass es nur noch wenige Sekunden bis maximal ein bis zwei Minuten dauert. Länger reicht der Zeitbegriff von Zweijährigen einfach noch nicht. Gehen Sie daher möglichst sparsam mit dem Wörtchen „gleich“ um, und verwenden Sie es wirklich nur dann, wenn etwas in maximal zwei bis drei Minuten sein wird. Auf die Frage im Auto „Wann sind wir denn endlich da?“ sollten Sie besser nicht mit „gleich“ antworten, denn so schnell geht es in den meisten Fällen doch nicht! Wenn Ihr Kind fragt, wie lange es noch dauert, sollten Sie möglichst konkrete Zeitangaben vorgeben. Fragt Ihr Kind, wann Sie zur Oma fahren, sollten Sie z. B. statt „morgen“ besser mit „nur noch einmal schlafen“ antworten. Will Ihr Kind wissen, wann Sie endlich mit ihm auf den Spielplatz gehen, kann es mit der Zeitangabe „in zehn Minuten“ nichts anfangen. Solche abstrakten Zeitbegriffe wie „in fünf Minuten“, „drei Wochen lang“ oder „in einem Jahr“ verstehen Kinder erst im Grundschulalter. Erklären Sie Ihrem Kind, was Sie noch erledigen müssen (z. B. „Ich hänge noch die Wäsche auf“), und lassen Sie es dabei zusehen oder – besser noch – helfen. Denn wenn es selbst beschäftigt ist, vergeht die Wartezeit am schnellsten.
Ab dem Kindergartenalter fällt das Warten leichter
Erst ab dem Kindergartenalter sind die Kleinen in der Lage, ein Bedürfnis aufzuschieben und zu warten, bis es erfüllt wird. Dreijährige müssen in der Wartezeit jedoch noch abgelenkt werden. Auf das Vorlesen der versprochenen Geschichte zu warten, weil erst das hungrige kleine Brüderchen gestillt werden muss, fällt den Kleinen noch sehr schwer. Ab etwa vier Jahren entwickeln Kinder genügend Einfühlungsvermögen, um sich vorzustellen, was andere denken und fühlen. Dann erst sind sie in der Lage einzusehen, dass sie selbst noch etwas warten müssen, weil dringende Bedürfnisse anderer (z. B. der knurrende Magen des hungrigen Brüderchens) zuerst erfüllt werden müssen. Kinder sind nun auch in der Lage, ihre Handlungen zu planen. Wenn es ihnen Vorteile bringt, sind sie sogar freiwillig bereit zu warten. So wurden in einem Experiment drei- und vierjährige Kinder vor die Wahl gestellt, entweder einen Sticker sofort zu bekommen oder vier Sticker etwas später. Dreijährige wollten ihren Aufkleber sofort und gaben sich dafür mit einem zufrieden. Vierjährige warteten lieber, um dann mehrere Sticker zu bekommen. Ab etwa vier bis fünf Jahren haben Kinder zudem die Fähigkeit entwickelt, sich einer anderen Sache zuzuwenden, ohne ihr ursprüngliches Bedürfnis aus den Augen zu verlieren. Sie sind dann in der Lage, etwas anderes zu machen, bis Mama, Papa oder die Erzieherin im Kindergarten Zeit für sie haben.