Hilfe, mein Teenager findet mich peinlich!

Probleme, die in dieser Entwicklungsphase auftreten, haben sowohl mit Vater und Mutter als auch mit den Heranwachsenden zu tun und Peinlichkeit zeigt sich auf beiden Seiten. Den Eltern ist häufig die Art und Weise, wie sich ihre pubertierenden Kinder inszenieren und präsentieren, überhaupt nicht egal. Manche Mutter und mancher Vater genieren sich dafür, wie sie sich aufführen. 

Inhaltsverzeichnis

Was Eltern verstehen sollten

Es gibt ja diese Formulierungen, die sich dann auch in Buchtiteln niederschlagen: „Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden!“ Mir erscheint es zu einfach, die ganze Last an Schwierigkeiten, die der Übergang von der Kindheit in das Erwachsenenalter, eben die Phase der Pubertät, mit sich bringt, auf die Eltern abzuladen. Natürlich finden Pubertierende ihre Eltern häufig peinlich. Aber auch Eltern sind nicht selten peinlich berührt, schämen sich und sind schier fassungslos ob des Verhaltens ihrer Kinder. Wie Sie und Ihr Kind die Zeit der Peinlichkeiten schadlos überstehen, lesen Sie in diesem Artikel.

Zum Klatschen gehören zwei Hände, so lautet ein indisches Sprichwort. Auf die Pubertät übertragen bedeutet dies: Die Probleme, die in dieser Entwicklungsphase auftreten, haben sowohl mit Vater und Mutter als auch mit den Heranwachsenden zu tun und Peinlichkeit zeigt sich auf beiden Seiten. Den Eltern ist häufig die Art und Weise, wie sich ihre pubertierenden Kinder inszenieren und präsentieren, überhaupt nicht egal. Manche Mutter und mancher Vater genieren sich dafür, wie sie sich aufführen. Und den pubertierenden Heranwachsenden gehen die Eltern gewaltig „auf den Senkel“ – entweder weil sie nicht kapieren, unnachgiebig, uneinsichtig oder stur sind oder weil sie meinen, alles genau zu wissen und dabei Lebenserfahrung mit Besserwisserei verwechseln.

Man kann es Pubertierenden nicht wirklich recht machen!

Jene Eltern, die das versuchen, werden von den Heranwachsenden unerbittlich geerdet. Pubertierende grenzen sich von ihren Eltern ab – meist schroff, hartherzig, gemein, verletzend, die Grenzen von Respekt und Achtung missachtend. Es ist als Mutter oder Vater nicht einfach, „seine“ Kinder, mit denen man sich doch so verbunden fühlt, durch diese Zeit zu begleiten.

Pubertierende finden Eltern, die verständnisvoll daherkommen, ätzend, langweilig – doch im gleichen Atemzug fordern sie Verständnis ein, sitzen fluchend, kreischend, zornig, wütend, außer sich vor den Eltern und brüllen: „Ihr versteht mich sowieso nicht!“

Man kann es Pubertierenden nicht recht machen, nicht mal ansatzweise, lautet die Dramaturgie dieser Entwicklungsphase doch: „Halte mich! Aber lass mich los!“ 

Die Pubertät ist ein ewiges Hin und Her: Nähe versus Distanz

Es ist nicht einfach, zumal Pubertierende häufig selber nicht wissen, was sie wollen, was richtig oder was falsch ist. Sie sind eben weder Fisch noch Fleisch, nicht mehr Kind, aber auch noch keine Erwachsenen. Und dann projizieren sie ihre Unsicherheit, ihre Unzufriedenheit und ihre Frustration auf die Eltern, die an allem und jedem Schuld sind. Doch darum geht es auch nicht – eben nicht um Schuld oder Unschuld. Es geht um Abgrenzung, um Nähe und Distanz.

Was auffällt: Peinlich werden Eltern immer dann, wenn sich Pubertierende berührt fühlen, wenn sie meinen, dass Eltern unangemessen in ihren Hoheitsbereich eingreifen, diesen kontrollieren, gar in Besitz nehmen wollen: Das unangekündigte Betreten des Zimmers, der nicht genehmigte Besuch der eigenen Party, dieses unangemessene Reden über die eigene Person in der Öffentlichkeit. Und nicht zu vergessen, diese elterliche Besserwisserei, die sich in Sätzen wie „Wenn ich deine Chancen gehabt hätte!“ „Wenn ich das von meinem Vater höre“, so flucht der fünfzehnjährige Michael, „dann ist das nicht nur peinlich, dann könnte ich abkotzen.“

„Aber ich meine es doch nur gut“, so sagen viele Eltern. Und tatsächlich wollen Eltern ihre Kinder ermutigen. Sie möchten überhaupt nicht peinlich sein, ihren Heranwachsenden vielmehr bestmögliche Unterstützung zuteilwerden lassen. Gleichwohl kommt es immer wieder zu Stress. Und dies hat auch mit den Eltern der Heranwachsenden zu tun.

Was Teenager in der Pubertät wollen

„Gib Kinder Wurzeln, verleih ihnen Flügel!“ – Übersetzt auf die Erziehung bedeutet das: Eltern sind Wurzeln, Kinder sind die Flügel. Wenn Eltern Flügel sein wollen, dann sind sie flatterhaft, geben keinen Halt und keine Geborgenheit. Und genau diesen Aspekt kritisieren Pubertierende an ihren Eltern. Auch wenn die Heranwachsenden nicht zu allen elterlichen Ansagen „Ja und Amen“ sagen, so wollen sie doch, dass sie sich auf Vater und Mutter verlassen können. Befragt man Heranwachsende, was Eltern peinlich werden lässt, dann tauchen die folgenden beiden Gesichtspunkte immer wieder auf:

  1. Eltern wollen nicht älter werden

    Dies betrifft insbesondere die Väter, die sich sehr stark über Jugendlichkeit definieren. Sie machen mit ihren Jungen Fahrradrennen um die Wette, gewinnen knapp, aber landen dann unter dem „Sauerstoffzelt!“ Und manche Mutter kauft noch bei „H&M“ ein. Aber die jugendliche Kleidung passt nicht mehr zum Habitus, zur Gesamterscheinung. Und man darf sich nicht wundern, wenn sich dann Heranwachsende von diesen jugendlichen „Erscheinungen“ abwenden, weil diese vollends peinlich sind.
  2. Eltern wollen Freunde sein

    „Meine Mutter will meine Freundin sein“, erzählt die sechzehnjährige Vera. Sie finde das ekelig: Ihre Freundin suche sie sich selber aus, und nicht solche, die sich einschleimen. Pubertierende können sehr drastisch sein. „Mein Vater ist ein Wischi-Waschi-Typ“, erklärt Benjamin, sechzehn Jahre, „der sagt gar nichts.“ Er könne machen, was er wolle, dem platze niemals der Kragen.

So können Sie peinliche Situationen mit Ihrem Teenager verhindern

Auch wenn es zu diesem Thema keine Patentlösungen gibt: Diese Ratschläge sollen Ihnen helfen, Peinlichkeiten zu vermeiden:

  • Seien Sie Eltern! Eltern kommt von „älter“. Ihr Kind möchte weder „berufsjugendliche“ Eltern noch den Vater zum Freund oder die Mutter zu Freundin. Es achtet erwachsene Eltern, die akzeptieren, dass sie nun mal älter werden. Auch wenn diese manchmal Hohn und Spott für ihr Alter ernten.
  • Reden Sie nicht über, sondern mit Ihrem Kind! Unterlassen Sie öffentliche Kritik und auch Schmeicheleien vor anderen, wenn Ihr Kind das als unangenehm empfindet. Bleiben Sie mit ihm im Gespräch, denn nur so entwickeln Sie ein Gespür, was Ihnen gegenseitig peinlich ist.
  • Achten Sie die Intimsphäre Ihres Kindes! Betreten Sie das Zimmer Ihres Kindes und das Badezimmer nicht einfach unangekündigt, sondern erst, wenn Sie reingebeten werden. Auch das „zufällige“ Treffen in der Stadt, das Abholen von Partys oder aus der Disco sowie häufige Kontrollanrufe auf dem Handy missachten die Intimsphäre.
  • Nehmen Sie sich mehr und mehr zurück! Ihr Kind wird erwachsen und gewinnt an Eigenständigkeit. Das Missachten dieser Tatsache führt meist zu peinlichen Situationen, wenn Eltern etwa die Lösung des Konflikts Ihres pubertierenden Kindes mit einem Mitschüler, Lehrer oder dem Trainer unabgesprochen selbst in die Hand nehmen.
  • Akzeptieren Sie eine gewünschte Distanz in der Öffentlichkeit! Kaum ein Pubertierender mag es, vor anderen von Eltern geküsst oder geknuddelt zu werden. Verzichten Sie deshalb auf zärtliche Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale.
  • Lernen Sie aus Ihren Erfahrungen! Erinnern Sie sich noch an Ihre Pubertät? Auch Ihnen waren (und sind vielleicht immer noch) bestimmte Verhaltensweisen Ihrer Eltern ziemlich peinlich.