Hilfe,mein Kind macht mich wütend!
Wenn Kinder in die Pubertät kommen, wird es oft turbulent. Vorbei sind die Zeiten, in denen das Kind dankbar Mamas und Papas Tipps angenommen hat. Der Teenager macht auch nicht mehr unbedingt das, was man von ihm erwartet – oder nur unter großem „Gemaule“. Das kann sehr anstrengend sein.
Wie Sie mit Ihrem Ärger konstruktiv umgehen können
Was aber tun, wenn der Jugendliche einen mit seinem Gebaren so auf die Palme bringt, dass man gar nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht? Vor allem eins: sich klar machen, woher dieser tief sitzende Ärger kommt. In diesem Beitrag finden Sie Tipps, wie Sie angestaute oder akute Wut konstruktiv bearbeiten und auflösen können.
„Mein Sohn Daniel ist 14 und nervt mich momentan tierisch. Er macht eigentlich nichts Schlimmes, aber sein Rumgehänge und diese Passivität treiben mich fast in den Wahnsinn! Jede Antwort muss man ihm aus der Nase ziehen, sein Zimmer sieht total chaotisch aus – alles scheint ihm irgendwie egal zu sein. Ich weiß natürlich, dass das an der Pubertät liegt, aber es regt mich trotzdem auf! Ich werde dann schnell gereizt und wir streiten uns wegen irgendwelcher Kleinigkeiten. Und ich weiß noch nicht mal, warum.“ (Martina P.)
Vielen Eltern geht es ähnlich wie Frau P.
Eigentlich weiß sie genau,was mit Daniel los ist, und erwartet daher von sich selbst, Geduld und Verständnis für ihn aufbringen zu können.Doch alles theoretische Wissen um die Pubertät nutzt ihr nur wenig: Sie versteht sich selbst nicht und fühlt sich ihrem Ärger mehr oder weniger hilflos ausgeliefert.
In einer Therapie stellte sich schnell heraus, dass Martina P. sich selbst„Faulsein“ oder„Rumgehänge“ jeder Art konsequent verbot. In ihrer Kindheit hatte sie gelernt, dass„faule Menschen“ keine Anerkennung verdienen. Ihre Mutter strafte sie mit Liebesentzug, wenn die kleine Martina sich nicht hilfsbereit zeigte. Und ihr Vater schimpfte gerne über seine faulen Angestellten, die„zu nichts taugten“.Diese Haltung („Man hat nur Anerkennung verdient, wenn man etwas leistet“) hatte Frau P.schon als Kind so tief verinnerlicht, dass sie ihr gar nicht mehr bewusst war.Ihr wurde nun klar, dass Daniel unbewusst durch sein Verhalten alte tiefsitzende Ängste („Ich bin vielleicht nichts wert, denn manchmal möchte ich auch faul sein!“) mobilisierte, die sie durch ihr Ärgerlichsein abwehrte.Im Laufe der Therapie konnte Frau P. ihre alten Ängste bearbeiten und hinter sich lassen. Sie konnte erkennen, dass Daniel sie nicht absichtlich kränkte,sondern sie hier eine besondere Disposition hatte.Die Wut, die sie empfand,richtete sich also eigentlich nicht gegen ihren Sohn, sondern gegen ihre Eltern.
5 Schritte,um den Ärger auf Ihren Teenager zu besiegen
1. Wenn Sie Ihren Ärger besser in den Griff bekommen wollen,sollten Sie sich fragen,was das Verhalten des Kindes bei Ihnen auslöst. Prüfen Sie genau,was Sie ärgerlich macht. Sind es bestimmte Bemerkungen, Gesten oder Verhaltensweisen,ein besonderer Blick Ihres Kindes?
2. Spüren Sie genau hin: Was passiert innerlich? Was fühlen Sie? Macht Ihnen das Verhalten Angst? Macht es Sie hilflos, traurig oder wütend? Halten Sie dieses Gefühl für einen bewussten Moment einfach nur aus.
3. Schütteln Sie diese Gefühle nun bewusst von sich ab,indem Sie eine andere Pose einnehmen,sich schütteln, den Raum wechseln,spazierengehen etc. Machen Siesich klar, dass SieIhren Gefühlen nicht ausgeliefert sind. Sagen Siesich gegebenenfalls Sätze wie„Ich bin erwachsen.Ich bin stark.“ etc. Achtung: Dieser Punkt ist wichtig! Übergehen Sie ihn auf keinen Fall, denn sonst könnte essein, dass Sie sich nach dieser Übung eherschlechter als besserfühlen.
4. Überlegen Sie dann, ob Sie die Gefühle, die Sie wahrgenommen haben, von früher her kennen. Gab es eine andere Person in Ihrem Leben, die ähnliche Gefühle bei Ihnen ausgelöst hat? Wer war das? Und welche Glaubenssätze sind mit diesen Erinnerungen verknüpft? Schreiben Sie sie auf. Häufige Glaubenssätze sind „Ich muss fleißig sein, sonst mag mich niemand“,„Ich darf nicht versagen“,„Ich bin klein und hilflos, wenn mich jemand anschreit“ etc.
5. Trennen Sie nun bewusst die alten Erinnerungen und Glaubenssätze von Ihrer jetzigen Lebenssituation ab. Tun Sie das, indem Sie sie (am besten schriftlich) positiv umformulieren.
So wird beispielsweise aus …
„Ich muss fleißigsein,sonst mag mich niemand.“ ? -> „Ich werdegeliebt, auch wenn ich mal nicht so gut funktioniere.“
„Ich darf nicht versagen!“ ? -> „Ich darf auch mal versagen; es wird nichts Schlimmes passieren.“
„Ich bin klein und hilflos, wenn mich jemand anschreit.“ ? -> „Ich bin erwachsen und kann damit umgehen, wenn mich mein Kind anbrüllt.“
Mein Tipp:
Es ist oft sehr überraschend zu sehen,welche tief sitzenden Ängste und Befürchtungen Teenager mit ihremVerhalten bei uns„triggern“(= berühren, auslösen).Je klarer Sie sich darüber werden, desto souveräner können Sieim Umgang mit Ihrem Teenager werden.Die Pubertät des Kindes bedeutet auch, als Elternteilein Stückchen mitzuwachsen.Dazu gehört unter anderem,sich mit seinen eigenen Ängsten und Emotionen zu beschäftigen.Davon profitieren nicht nur Sieselbst, sondern auch Ihr Partner und die ganze Familie.