Familienleben mit Teenagern: Pubertät ist, wenn sich alle verändern müssen

Pubertät ist eine Familienangelegenheit. Nicht nur der Jugendliche verändert sich, sondern das ganze System Familie wird zunächst ordentlich durcheinandergebracht. Auch Eltern und Geschwister müssen nun mit der veränderten Situation klarkommen. Das ist zwar zunächst eine Umstellung, letztlich profitiert aber die gesamte Familie davon. Erfahren Sie hier, wie Sie als ganze Familie die wilde Phase gewinnbringend gestalten können. 

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Pubertät ist eine Familienangelegenheit

Max ist nur noch in seinem Zimmer, er zieht sich total zurück. Aber am meisten nervt mich, dass er überhaupt nicht mehr gehorcht und ständig Streit mit mir anzettelt. So geht das nicht weiter, er muss sich mal zusammenreißen! Früher hat er schließlich auch gemacht, was ich ihm gesagt habe!“ Herr Z. war ärgerlich. Max (14) hing lässig auf seinem Stuhl. Frau Z. und Caro, Max’ 11-jährige Schwester, schwiegen betreten. Familie Z. saß zum ersten Mal in meiner Praxis. Die sympathische Familie hatte um einen Termin gebeten, nachdem es in der letzten Zeit heftige Streitereien gegeben hatte. (Namen und Details geändert.) Bereits im Erstgespräch wurde deutlich, dass sich der Vater von Max nicht respektiert fühlte. Er forderte, Max möge sich und sein Verhalten verändern. Auf die Idee, dass er selbst womöglich etwas zu dieser Entwicklung beigetragen haben könnte, kam er zunächst nicht. Für ihn schien klar zu sein, dass man Max einfach nur mal den Kopf zurechtrücken müsse.

Das Familienleben mit Teenagern als System:

Warum die Pubertät Ihres Kindes Ihre ganze Familie betrifft

Viele Eltern gehen von der Vorstellung aus, dass ein pubertierendes Kind ordentlich zurechtgewiesen werden müsse. Wenn es sich nur wieder „benähme“ wären alle Probleme gelöst. Das stimmt aber nicht. Vielmehr muss sich die gesamte Familie damit auseinandersetzen, dass sich das Kind in der Pubertät befindet, also dass es einen drastischen, bedeutsamen und nachhaltigen Entwicklungsschub durchmacht.

  • Die gesamte Familie sollte bereit sein,
  • diese individuelle Entwicklung des Teenagers zu bejahen und zu fördern,
  • die damit verbundenen Veränderungen zu akzeptieren,
  • die damit verbundenen Probleme und Konflikte mitzutragen und
  • das Familienleben sukzessive neu zu gestalten.

Die Pubertät verändert nicht nur das Verhalten des Jugendlichen, sondern sie beeinflusst zwangsläufig auch das Leben der anderen Familienmitglieder und das gesamte familiäre Beziehungsgeflecht.

Das bedeutet im Einzelnen:

  • Die einzelnen Familienmitglieder verändern sich durch die Pubertät des Kindes: 

    sie reifen mit dem Teenager mit.
  • Das Verhältnis zwischen dem Jugendlichen und den Eltern verändert sich.
  • Die Beziehung zwischen den Geschwistern verändert sich.
  • Die Beziehung der Eltern verändert sich bzw. sie wird durch die Pubertät des Kindes zumindest besonders herausgefordert.
  • Die Beziehung zwischen den Geschwisterkindern und den Eltern verändert sich.

Wenn sich ein Familienmitglied hartnäckig weigert, die durch den Teenager ausgelösten Veränderungsprozesse in der Familie zu akzeptieren und aktiv mitzugestalten, kann das zu massiven Familienkonflikten führen. In unserem Beispiel war der Vater (zumindest am Anfang der Beratung) nicht bereit, sich ernsthaft mit den pubertätsbedingten Veränderungen seines Sohnes auseinanderzusetzen. Er erwartete, dass der Sohn wieder das liebe, brave Kind von früher werden sollte, was natürlich schwer möglich ist. Es war letztlich also nicht die Pubertät des Kindes, das die Familienkonflikte verursachte, sondern die Weigerung des Vaters, Max’ Veränderungen als Zeichen von Reifung anzunehmen und angemessen darauf einzugehen.

5 Tipps: So sollten Sie sich jetzt Ihrem Teenager gegenüber verhalten

Tipp 1: Erwarten Sie keinen Gehorsam, sondern treten Sie mit Ihrem Kind in einen Dialog auf Augenhöhe!

Treffen Sie gemeinsame Vereinbarungen, statt einseitige Befehle zu erteilen. Dann ist Ihr Teenager geneigter, diese Verabredungen auch einzuhalten. Fragen Sie auch nach seinen Vorstellungen und greifen Sie diese – soweit möglich – auf. Dann fühlt sich Ihr Teenager ernst genommen und kann seine Trotzanfälle schneller hinter sich lassen.

Tipp 2: Seien Sie nicht streng, sondern klar!

Jugendliche brauchen klare Orientierung, um sich gut entwickeln zu können. Sie müssen wissen, was die Eltern erwarten, und wann „Schluss“ ist. Daher müssen Eltern klar kommunizieren, was sie von ihrem Teenager erwarten. Nicht immer wird Ihr Teenager diese Erwartungen erfüllen, über einige wird er mit Ihnen diskutieren wollen. Das ist okay! Überlegen Sie dann, ob Sie Ihrem Jugendlichen eventuell etwas entgegenkommen wollen oder ob Sie an Ihren Erwartungen festhalten.

Tipp 3: Geben Sie Ihrem Jugendlichen mehr Freiraum und bieten Sie ihm immer mehr Mitspracherechte und Entscheidungsmöglichkeiten!

Ihr Teenager soll erwachsen werden und lernen, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen. Das kann er nur, wenn er es in dem geschützten Rahmen der Familie hinlänglich üben kann. Übertragen Sie Ihrem Teenager also immer mehr verantwortungsvolle Aufgaben und lassen Sie ihn auch mal wichtige Entscheidungen treffen.

Tipp 4: Gehen Sie mit Fehlern oder Fehlentscheidungen Ihres Teenagers nicht allzu hart ins Gericht!

Es gehört zum Leben dazu, Fehler zu machen oder ungünstige Entscheidungen zu treffen. Gehen Sie also gelassen damit um, wenn Ihr Jugendlicher mal zu wenig für eine Klassenarbeit gelernt hat und dann eine schlechte Zensur einfährt. Und schimpfen Sie auch nicht, wenn er sich abends mal in der Zeit verschätzt hat und zu spät nach Hause gekommen ist. Sagen Sie ihm lieber, was Sie von ihm das nächste Mal erwarten und lassen Sie das Geschehene der Vergangenheit angehören.

Tipp 5: Unterstellen Sie Ihrem Jugendlichen keine bösen Absichten!

Teenager sind in einer schwierigen Lebensphase und auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen. Meistens liegt dem aufmüpfigen Verhalten des Jugendlichen ein unbefriedigtes Bedürfnis zugrunde. Jugendliche sind auch oft aufbrausend, weil sie ihre Impulskontrolle noch nicht im Griff oder weil sie Kummer haben, aber nicht, um Sie zu ärgern oder fertigzumachen. Wenn Sie sich das immer wieder klarmachen, trägt das sehr zur familiären Entspannung bei!

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