Pubertät ist, wenn die Eltern komisch werden

Vielleicht kennen Sie diesen schönen Spruch auch. Aber auch die Teenager werden dann komisch. Und das hat seine Ursache in Umbauvorgängen im Gehirn, die so etwa im Alter von zehn Jahren beginnen. Meine Tochter Hanna ist erst acht, doch hätte ich gestern fast schwören mögen, dass das bereits pubertätsähnliche „Ausfälle“ bei ihr waren. 

Und dabei hat alles so harmlos angefangen und jeder meinte es nur gut mit ihr! Martin beschloss gestern Nachmittag, als er mit seiner Hausaufgabe fertig war, dass er unbedingt in den Spielzeugladen müsse, um von seinem lange gesparten Taschengeld eine Bionicle-Figur zu kaufen. Also marschierte er los und kam einige Zeit später mit einer ganzen Tüte voll Sachen wieder heim. Er hatte wie geplant diese Figur gekauft, aber auch noch ein paar knuddelige kleinere Stofftiere: einen Golden-Retriever-Welpen, ein dunkelbraun-weiß geschecktes Häschen und ein hellbraun-weiß geschecktes Meerschweinchen, das Hannas Meerschweinchen sehr ähnlich sieht.



Martin gestand mit später: „Weißt du, Mama, eigentlich hätte ich ganz gerne so Soldatenfiguren und einen kleinen Panzer gekauft. Aber weil ich weiß, dass du das nicht magst, habe ich lieber die Kuscheltiere genommen.“ Das fand ich so rührend von ihm! Auch an Hanna und ihre Begeisterung für Stofftiere hatte er gedacht und schenkte ihr den Kuschelhasen (der immerhin acht Euro gekostet hatte!). Doch Hanna hatte sich schon in das Meerschweinchen verliebt und wollte den Hasen nicht – nicht mal geschenkt. Ihre Begründung: „Der hat so dunkle Flecken, das ist ein Buben-Hase!“



Weil Martin ihr das Meerschweinchen aber nicht schenken wollte, sondern ihr nur anbot, dass sie es sich ja jederzeit ausleihen könne (und er ist da wirklich sehr großzügig!), bekam Hanna einen Heulanfall. Sie saß bestimmt eine Viertelstunde auf der Treppe und tat sich Leid. Immer wieder schluchzte sie, dass sie keiner verstünde und wie gemein wir alle zu ihr wären! Das klang mir schon ziemlich verdächtig nach „Pubertätsanfall“! Danach schob sie einen Zettel unter der Tür zum Wohnzimmer durch, auf dem wir aufgefordert wurden, uns zu entschuldigen… Au weia, wie mag das erst werden, wenn sie wirklich in der Pubertät ist!?



Aber schließlich beruhigte sie sich doch irgendwann wieder, nachdem Martin ihr erlaubt hatte, das Meerschweinchen zum Schlafen mit ins Bett zu nehmen. Ich war so stolz auf Martin, weil er sich so souverän verhalten hatte, und ich versuchte ihn nach dieser Geschenk-Enttäuschung wieder aufzubauen, indem ich ihm versicherte, dass ich das Häschen wirklich süß fände. Da meinte er ganz trocken: „Weißt du, eigentlich hatte ich gedacht, dass Hanna sich freut und sich bedankt, wenn sie den Hasen von mir geschenkt bekommt. Aber das war leider nix!“ Ich konnte ihm nur beipflichten und schlug vor, beim nächsten Mal sicherheitshalber kein Geschenk mehr für Hanna zu kaufen, nicht dass wir wieder alles falsch machen…



Für diejenigen unter Ihnen, die gerne noch mehr über die Umbauvorgänge in der Pubertät wissen wollen, hier ein Auszug aus der Studie, die im New Scientist erschienen ist:



In einer Studie fand der Neurologe Robert McGivern (San Diego State University, Kalifornien) heraus, dass ungefähr ab dem elften Lebensjahr ein Umbau von Nervenverbindungen im Gehirn stattfindet. Diese Neustrukturierung des Gehirns – vor allem im Stirnhirn – könnte an den wechselnden Launen und Gemütslagen pubertierender Teenager Schuld sein. Damit verlören diese viel von ihrer Fähigkeit, die Gefühle anderer Menschen und soziale Szenarien einzuschätzen. Daraus resultiere Unsicherheit und Verwirrung in emotionalen Situationen, sodass Teenager gereizt und launisch reagierten. Erst mit etwa 18 Jahren erreiche das soziale Gespür wieder sein ursprüngliches Niveau.



In der Studie wurden 300 Zehn- bis 22-Jährigen Porträts von Menschen gezeigt, deren Gesichtsausdruck beurteilt werden sollte. Kinder und Jugendliche in der Pubertät benötigten viel länger für ihre Einschätzung und machten häufiger Fehler. Der Umbau des Stirnhirns, in dem unter anderem moralische Erwägungen und impulsives Verhalten kontrolliert würden, sei eine mögliche Ursache typischen Teenager-Verhaltens. Jugendliche verarbeiten Reize aus der Außenwelt vermutlich ganz anders als Erwachsene und vor allem bei emotionalen Informationen reagieren Jugendliche eher aus dem Bauch heraus. Möglicherweise interpretieren Jugendliche die sorgenvolle Miene des Vaters als wütend und reagieren automatisch mit Aggression.