Warum Konsequenzen in der Pubertät oft mehr bringen als Bestrafungen!

Ihr Kind verletzt Grenzen oder hält sich nicht an Absprachen? Und Ihre freundlichen Ermahnungen stoßen bloß auf taube Ohren? Viele Eltern erliegen deshalb der Versuchung von Bestrafungen in der Erziehung. Eine konsequente Erziehung ohne Strafen ist dabei in der Pubertät wesentlich effektiver! 

Inhaltsverzeichnis

Konsequente Erziehung trotz Pubertät

Strafen heben meist auf eine abstrakte Moral ab – „Man tut das nicht!“ –, mit der heranwachsende junge Menschen in der Regel nichts anfangen können. Strafen bedeuten Vergeltung, Herrschaft und Besserwisserei, wollen Willen brechen, Zwang ausüben. Sie dienen nicht – und das scheint mir wichtig zu sein – der Verbesserung und Veränderung des störenden Verhaltens oder der Grenzenüberschreitung. Strafen mögen zwar kurzfristig Erfolg zeigen, letztlich verschärfen sie aber negative Haltungen oder Einstellungen. Vor allem häufige Bestrafungen schädigen die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind!

Besser: Logische Konsequenzen statt Strafen!

Andererseits: Wenn Sie Grenzen in der Pubertät setzen, müssen Sie auch darüber nachdenken, wie Sie bei Grenzverletzungen und nicht eingehaltenen Absprachen reagieren. Dabei sollte es nicht um Strafen oder Verbote gehen. Das bessere Mittel sind hier logische Konsequenzen, also natürliche Folgen, die Ihrem Kind sein Fehlverhalten deutlich vor Augen führen. Doch was genau ist unter logischen Konsequenzen zu verstehen?

Logische Konsequenzen zielen auf die Lösung des Problems

Logische Konsequenzen beziehen sich auf das Hier und Jetzt. Sie sind nicht rückwärtsgewandt, indem sie den Ursachen für das Fehlverhalten auf der Spur sind, sondern zielen vielmehr auf eine konstruktive Konfliktlösung. Nicht die vergangene Schuld Ihres Kindes, sondern eine tragbare Lösung für die Zukunft steht also im Mittelpunkt.

Konsequenzen nehmen Ihr Kind gerade in der Pubertät in die Verantwortung

Ihr Kind spürt, dass es mehr kann, als nur Grenzen zu verletzen oder Regeln nicht einzuhalten, es erfährt, dass es auch verantwortlich für sein Tun ist. Strafen verstärken Minderwertigkeitsgefühle, sie zeigen Ihrem Kind, was es alles nicht kann! Logische Folgen stärken das Selbstwertgefühl Ihres Kindes und zeigen ihm, was es kann! Deshalb geschehen natürliche Folgen freundlich, auf der Basis gegenseitiger Achtung. Während Strafen entmündigen und entmutigen, geben logische Konsequenzen die Verantwortung für das Tun und Lassen an Ihr Kind zurück: Sie lassen Ihr Kind die Folgen seines unangemessenen Tuns spüren, zeigen ihm zugleich aber auch Wege und Auswege auf.

Logische Konsequenzen stehen in grundsätzlichem Zusammenhang mit dem Tun

Hält sich Ihr Kind zum Beispiel am Wochenende nicht an die abgesprochenen Ausgehzeiten und kommt es abends zu spät nach Hause, so ist es eine logische Konsequenz, wenn es am nächsten Wochenende das abendliche Ausgehen gestrichen bekommt. Nur durch diesen unmittelbaren Zusammenhang von Fehlverhalten und Konsequenz kann Ihr Kind einsichtig werden.

Die Konsequenzen müssen Ihrem Teenager vor der Grenzüberschreitung klar sein

Nur so weiß Ihr Kind, was es zu erwarten hat: Nun hat es die Freiheit, entweder die Grenzen zu respektieren und Absprachen einzuhalten, dann treten die Konsequenzen nicht in Kraft. Oder es überschreitet die Grenzen und missachtet die Absprachen – wohlwissend, welche Konsequenzen dann auf es zukommen. Kinder und Jugendliche lernen aus Erfahrung – nicht aus drohenden oder „guten“ Worten.

Konsequenzen setzen darauf, dass Ihr Kind positiv mitarbeiten will!

Auch Konsequenzen argumentieren mit einer „Wenn-dann“- Formulierung. Ähnlichkeiten zur Strafandrohung sind sprachlich unverkennbar. Dennoch hat die „Wenn-dann“-Verknüpfung bei der Konsequenz einen anderen Zusammenhang. Konsequenz baut darauf auf, dass Kinder an der Beseitigung von Störungen mitarbeiten wollen. Absprachen sind keine Kompromisse, sondern der Versuch aller Beteiligten, durch gemeinsame Überlegungen eine als unangemessen und störend empfundene Situation zu lösen.

Respekt: Konsequenzen bauen auf gegenseitiger Achtung auf!

Bei Konsequenzen geht es nicht um Schuld und Sühne, sie bauen auf einer partnerschaftlichen Erwachsenen-Kind-Beziehung auf, einer Partnerschaft, die Freiheit und Gleichwertigkeit nicht mit Grenzenlosigkeit und „Gleichmacherei“ verwechselt. Konsequenzen bauen auf gegenseitigen Respekt, gegenseitiger Achtung auf. Sie wollen Lösungen durch Einsicht. Konsequenzen haben ein positives Bild vom Kind: Sie gründen darauf, dass Kinder nur dann stören, wenn sie über konstruktive Aktionen keine Aufmerksamkeit bekommen.

  • Mein Rat: Formulieren Sie die Konsequenzen in einem ruhigen Tonfall!

    Das können Sie auch, da die Konsequenzen ja vorher abgesprochen wurden, Ihr Kind also genau weiß, was es erwartet. Ersetzen Sie Streit und laute Wortwechsel durch das ruhige, aber bestimmte Verkünden der bekannten Konsequenz. Jugendliche lernen am besten, wenn sie die Folgen Ihres Handelns unmittelbar spüren.

Wiedergutmachung statt Strafe bei "ungehorsamen" Jugendlichen

Nicht immer können Konflikte durch konsequentes Verhalten oder Gespräche gelöst werden. Schwierig wird es vor allem, wenn Pubertierende etwa vorsätzlich fremdes Eigentum zerstören und beschädigen oder wenn sie andere Personen psychisch bzw. physisch verletzt haben. Jugendliche brauchen dann unmittelbare Reaktion und Beachtung, sonst weitet sich ihr zerstörerisches Handeln aus. Hier bietet sich die Methode der Wiedergutmachung an, ein pädagogisches Handlungsmuster, das leider zu selten angewendet wird. Die Wiedergutmachung ermöglicht es, sowohl die Perspektive des Opfers oder des Geschädigten als auch des Täters einzunehmen und beide Blickwinkel zum Ausgleich zu bringen.

Hier ein Beispiel dazu:

Julia, Eike und Nils, alle 14 Jahre alt, werden erwischt, als sie ihre Schule mit Graffiti besprühen. Was sie für künstlerische Selbstverwirklichung halten, stellt sich bei näherem Betrachten als vorsätzliche Sachbeschädigung dar. Alle drei sehen zwar ein, dass sie „Mist gemacht haben“, wollen den Schaden aber über die Haftpflichtversicherung ihrer Eltern regulieren.

Eike zum Schulleiter: „Ich bringe Ihnen morgen die Versicherungsnummer mit.“ Doch der lässt sich darauf nicht ein. Er fragt: „Wie könnt ihr den Schaden rückgängig machen?“ Die drei zucken mit den Schultern. Der Schulleiter wiederholt: „Ihr habt euch ja auf frischer Tat erwischen lassen!“ Eike überlegt. „Vielleicht dem Hausmeister helfen?“, fragt er vorsichtig. Der Schulleiter nickt und fährt gelassen fort: „Nun habt ihr die Gelegenheit, eure Malereien rückgängig zu machen. Ihr helft dem Hausmeister bei der Reinigungsarbeit an der Mauer.“ Die drei maulen zwar, verbringen dann aber den Nachmittag mit der Beseitigung des Schadens.

Dieses Beispiel zeigt einige produktive Aspekte der Wiedergutmachung, die wichtig sind

  1. Wenn man Schäden nur mit Geld begleicht, ist das oft keine aktive Schadensbeseitigung. Durch eine konkrete Handlung wie die Reparatur oder Reinigung wird Jugendlichen die Möglichkeit gegeben, ihre Grenzverletzungen zu begreifen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Dadurch gibt man ihnen auch die Chance, Verantwortung für ihr zerstörerisches Tun zu übernehmen. Sie können Schuldgefühle bearbeiten, die möglicherweise mit dem Handeln einhergehen.
  2. Die Wiedergutmachung muss man durch Gespräche begleiten und Jugendlichen zeigen: „Ich nehme dich an – aber nicht dein Verhalten!“ Die Art der Wiedergutmachung ist gemeinsam zu entwickeln.
  3. Die Wiedergutmachung muss zumutbar sein, sie muss die gefühlsmäßigen und intellektuellen Fähigkeiten berücksichtigen. Die Jugendlichen sollten die Gelegenheit erhalten, Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen und entstandenen Schaden zu beheben. Die Wiedergutmachung stellt eine Variante der Konsequenz dar und bietet Ihnen als Eltern damit eine weitere Alternative zur Strafe. Die Vorteile der Wiedergutmachung sind dabei offensichtlich:
  • Sie stärkt die Selbstverantwortung,
  • ist auf die Lösung orientiert,
  • weist in die Zukunft,
  • nimmt die Opfer bzw. Geschädigten und den Täter ernst,
  • setzt Grenzen
  • und bietet damit Orientierung.