Lehrergespräche diplomatisch führen

Viele Eltern befürchten, dass sich Kritik am Lehrer negativ auf ihr Kind auswirkt. Verunsicherung ist die Folge. Wenn Sie nicht wissen, wie sie am Besten vorgehen sollen, sollten Sie in diesen Artikel schauen. 

Inhaltsverzeichnis

Diplomatische Kritik: konstruktiv und erfolgreich

In meinen persönlichen Beratungsgesprächen in der Praxis oder am Telefon werde ich immer wieder gefragt, wie anstehende Gespräche mit einem Lehrer des Kindes gelingen können. Die allgemeine Schulverdrossenheit hat sich auch auf die Beziehung zwischen Eltern und Lehrern ausgewirkt. Der wachsende Leistungsdruck, der hohe Anspruch der Eltern, die oft mangelhaften schulischen Bedingungen und fehlende Wertschätzung auf beiden Seiten tragen nicht zu einem entspannten Verhältnis bei. Sowohl Eltern als auch Lehrer sehen sich leider nur allzu oft als Kontrahenten – und nicht als Kooperationspartner. In dieser Situation wird jedes Gespräch zu einer schwierigen Gratwanderung.

Kritik und Verteidigung

In herkömmlichen Lehrergesprächen, die sowohl von den Eltern als auch von den Pädagogen nur ungern geführt werden, geht es allzu oft lediglich darum, Kritik zu äußern oder auszuhalten. In gereizter Stimmung wartet die Lehrkraft auf die Vorwürfe oder Forderungen der Eltern. Diese wiederum wappnen sich schon vor dem Gespräch dagegen, dass ihr Kind und seine Leistungen bemängelt werden. Auf der Basis dieser negativen Erwartungen ist ein erfolgreicher Abschluss des Gesprächs kaum denkbar. Vorabverurteilungen sollten Sie daher unbedingt vermeiden. Versuchen Sie vorurteilsfrei in das Gespräch zu gehen, und nutzen Sie unsere sechs Tipps für eine gute Vorbereitung.

 6 Tipps: So bereiten Sie sich am besten auf das Lehrergespräch vor

  1. Gesprächsziel verdeutlichen. Machen Sie sich schon im Voraus klar, was Sie von dem Gespräch erwarten. Geht es lediglich um den halbjährlichen Austausch, oder stehen akute Probleme an, die unbedingt geklärt werden müssen. Je genauer Sie sich überlegen, was Ihr Anliegen ist, desto erfolgreicher wird das Gespräch verlaufen.
  2. Auf drei Themen beschränken. Wählen Sie Ihre drei wichtigsten Themen aus, und sortieren Sie diese nach ihrer Priorität. Beginnen Sie mit Ihrem Schwerpunktthema, um zu verhindern, dass es aus Zeitmangel nicht mehr zur Sprache kommt. In der kurzen Zeit wird es kaum möglich sein, mehr als drei Themen zufriedenstellend abzuhandeln. Falls Sie etwas ganz Wichtiges besprechen müssen, können Sie sich auch bewusst auf ein Thema beschränken. Sagen Sie das zu Beginn des Gesprächs, damit die Lehrkraft sich darauf einstellen kann.
  3. Eigene Gefühle klar machen. Stellen Sie fest, dass schon das Schreiben der Themenliste oder der Zielformulierung Wut oder Zorn auslöst? Diese starke persönliche Betroffenheit ist keine Basis für ein erfolgreiches Gespräch. Versuchen Sie, die Gefühlsebene zu verlassen, und notieren Sie sich Fakten, zu denen die Lehrkraft Stellung nehmen soll. Ihre innere Haltung bestimmt die Gesprächsrichtung. Zeigen Sie sich von Anfang an vorwurfsvoll und überheblich, ist ein positives Ergebnis unwahrscheinlich. Versuchen Sie also, unvoreingenommen und zuversichtlich auf die Lehrkraft zuzugehen.
  4. Ziele formulieren. Vereinbaren Sie ein bis drei Zielvorgaben, die Sie zum Ende des Gesprächs mit der Lehrkraft besprechen wollen. Formulieren Sie diese in einem Satz, den Sie aufschreiben. Das hilft Ihnen dabei, den roten Faden nicht zu verlieren. Je nach Thema sollten das praktikable Anregungen sein, die die Lehrkraft umsetzen kann, um das Verhalten Ihres Kindes positiv zu beeinflussen oder den Konflikt aufzulösen. Zum Beispiel: Um die Konzentrationsfähigkeit meines Kindes zu verbessern, soll es in den nächsten zwei Wochen in der ersten Reihe sitzen.
  5. Anwesenheit des Kindes klären. Sprechen Sie im Vorfeld mit der Lehrkraft ab, ob es sinnvoll ist, Ihr Kind zum Lehrergespräch mitzunehmen. Falls die Gesprächsthemen das Arbeitsverhalten Ihres Kindes betreffen, ist es durchaus hilfreich, im Beisein des Kindes darüber zu sprechen. In diesem Rahmen können auch Vereinbarungen getroffen werden, wie das Verhalten Schritt für Schritt geändert werden kann.
  6. Vorabklärung. Bieten Sie an, die Themen des Gesprächs schon vorher per E-Mail anzukündigen oder abzustimmen. Auf diese Art und Weise können sich Eltern und Lehrer besser vorbereiten. Beide Parteien haben so schon vorab einen Einblick in die Schwerpunkte des Gesprächs und können ihre Argumente sammeln.

So funktioniert eine positive Gesprächsführung

So vorbereitet, können Sie selbstbewusst und entspannt in die Schule gehen. Natürlich verläuft nicht jedes Lehrergespräch harmonisch, denn im Laufe der Schulzeit treten bei fast jedem Kind mal Probleme auf. Doch wie es so schön heißt: Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden. Betrachten Sie solche Situationen also als Herausforderung, an denen Sie, Ihr Kind und auch die Lehrkraft wachsen können. Aber bitte beachten Sie: Niemand hört gerne Kritik oder setzt sich mit persönlichen Anschuldigungen auseinander, da geht es Lehrern genauso wie allen anderen Menschen.

Lehrer werden bis heute nicht in Gesprächsführung geschult und müssen trotzdem regelmäßig Elterngespräche führen. Da kann es schon mal passieren, dass sie emotional reagieren und sich persönlich angegriffen fühlen. Allerdings ist das kein Grund dafür, Probleme nicht anzugehen.

So bringen Sie unangenehme Inhalte gut rüber

Kritik ist sicher ab und zu notwendig, sie sollte jedoch stets in ein Gespräch eingebunden sein und nicht „zwischen Tür und Angel“ vorgetragen werden. Auf keinen Fall sollten Sie gleich zu Beginn des Gesprächs mit der Tür ins Haus fallen und Ihre, möglicherweise berechtigte, Kritik „abfeuern“. Einer solchen Gesprächseröffnung kann nur der direkte Rückzug oder der umgehende Rückschlag folgen. Beide Möglichkeiten bringen Sie Ihrem Ziel nicht näher.

Beginnen Sie das Gespräch besser mit einer freundlichen Frage oder einer persönlichen Bemerkung. Formulieren Sie dann Ihre Sorge um Ihr Kind. Betrachten Sie sich dabei als Makler, Agent oder Coach, der das Beste für seinen „Kunden“ erreichen möchte. Stellen Sie sich darauf ein, dass die Lehrkraft die geschilderte Situation aus einer anderen Perspektive sieht. Im gemeinsamen Gespräch geht es nun darum, die Fakten zu überprüfen und die weitere Vorgehensweise zu besprechen. In vielen Fällen ist ein Kompromiss die beste Lösung.