Soziale Intelligenz: Wie gut kommt Ihr Kind mit anderen zurecht?

In einer Klasse gibt es immer besonders beliebte Kinder, die jeder zum Freund oder zur Freundin haben möchte. Hier wirkt hier die geheimnisvolle Chemie der sozialen Intelligenz, die den Umgang mit anderen Menschen so leicht gelingen lässt. Wie Sie soziale Intelligenz bei Ihrem Kind fördern können, lesen Sie hier. 

Inhaltsverzeichnis

Erziehungs-Tipps: Soziale Intelligenz

Wenn Ihr Kind sich in andere hinein versetzen kann, deren Gefühle wahrnimmt und dieses Wissen auch in Handlungen umsetzt, dann kann es harmonische Verbindungen herstellen und man nennt dies soziale Intelligenz. Für soziale Intelligenz muss es aufmerksam zuhören und auch mimische Gesten richtig deuten können. In jeder Gruppe sind die Fähigkeiten der sozialen Intelligenz von großer Bedeutung, denn sie entscheiden über die Beliebtheit. Wir zeigen Ihnen  die richtigen Erziehungs-Tipps, mit denen Sie soziale Intelligenz fördern.

Soziale Intelligenz: Lukas ist beliebt, wie macht er das?

Der achtjährige Lukas ist ein mittelmäßiger Schüler, der sich in seiner Klasse hoher Beliebtheit durch soziale Intelligenz erfreut. Die meisten Jungen finden ihn toll und möchten ihn gerne zum Freund haben. Dabei ist Lukas ein ganz normaler Junge, der gerne Witze macht und in einem Fußballverein spielt. Auffallend an Lukas ist, dass er sich durch seine soziale Intelligenz im Klassengeschehen besonders gut auskennt. Sehr früh kannte er die Namen aller seiner Mitschüler und wusste auch schnell über ihre Vorlieben und Abneigungen Bescheid. Lukas ist kontaktfreudig und immer zu einem Schwätzchen aufgelegt, er verfügt über alles, was soziale Intelligenz ausmacht. Die Informationen, die er nebenbei durch die Gespräche bekommt, speichert er mühelos ab. Es interessiert ihn ganz einfach, was im Leben der anderen passiert. So entgeht es ihm auch nicht, wenn ein Mitschüler wütend, traurig oder hocherfreut ist. Er hat durch soziale Intelligenz ein gutes Gespür dafür, die richtigen Dinge zu sagen oder den anderen in Ruhe zu lassen. Dabei wirkt er jedoch nie bemüht, sondern stets selbstbewusst und ausgeglichen.

Soziale Intelligenz fördern: Marie ist unbeliebt, was läuft schief?

Marie ist in der gleichen Klasse und hat große Probleme mit ihren Mitschülerinnen, da sie nicht über genügend soziale Intelligenz verfügt. Mit niemandem hat sie sich wirklich anfreunden können, denn schon nach kurzer Zeit ziehen sich die anderen Mädchen von ihr zurück. Bei Marie fällt auf, dass sie kein Gespühr für aktuelle Trends hat und sich mit ihnen auch nicht auseinandersetzt. Sie lebt in ihrer eigenen Welt und teilt mit den anderen weder das Interesse für bestimmte Musik, noch für moderne Kleidung oder angesagte Fernsehserien. Soziale Intelligenz hat Marie sich noch nicht antrainiert. Auch die aktuellen Themen des Schultages beschäftigen Marie nicht. Oft bekommt sie gar nicht mit, was die anderen Mädchen brennend interessiert. Wenn sie sich an Unterhaltungen beteiligt, findet sie meist weder den richtigen Zeitpunkt noch das richtige Thema. Und wenn etwas nicht nach ihrer Vorstellung läuft, kann Marie das Problem nicht ausdiskutieren, sondern ist schnell eingeschnappt und entzieht sich der Situation. Dieses Verhalten ist typisch für Kinder, die nocht nicht über genügend soziale Intelligenz verfügen.

Die soziale Intelligenz wird in der Familie geprägt

Meistens spiegelt sich das schulische Verhalten der Kinder bezüglich der sozialen Intelligenz auch in der Familie wider. Kinder, die ihre Gefühle nicht ausdrücken können, die nicht in der Lage sind, Probleme gewaltfrei zu lösen oder die vom emotionalen Zustand anderer nichts mitbekommen, werden auch im Umgang mit den Klassenkameraden Schwierigkeiten haben. Mit der Checkliste im Abonnenten-Teil können Sie überprüfen, inwieweit Ihr Kind soziale Intelligenz besitzt und damit gut gerüstet für den Umgang mit anderen Menschen ist.

Checkliste: Soziale Intelligenz (ja / nein)

  • Hat Ihr Kind häufig Wutanfälle?                 
  • Fängt Ihr Kind leicht an zu weinen?            
  • Geht Ihr Kind rücksichtslos mit Spielzeug oder anderen Dingen um?                   
  • Lügt Ihr Kind häufig?                      
  • Schlägt Ihr Kind Sie manchmal?                  
  • Sucht Ihr Kind ständig nach Beachtung?                
  • Hat Ihr Kind keine beständige Freundschaft zu anderen Kindern?                       
  • Hat Ihr Kind Schwierigkeiten, seine Meinungen und Wünsche mitzuteilen?                    
  • Hat Ihr Kind Schwierigkeiten, anderen zuzuhören und ihre Motive und Absichten zu verstehen?          
  • Hat Ihr Kind Schwierigkeiten, Anregungen oder Kritik anzunehmen?                 
  • Hat Ihr Kind immer wieder Probleme, in der sozialen Gruppe zurecht zu kommen?                      
  • Hat Ihr Kind Schwierigkeiten, sich je nach Situation angemessen zu verhalten?             

Auswertung: Wenn Sie mehr als 5-mal „ja“ in der Checkliste angekreuzt haben, ist die soziale Intelligenz Ihres Kindes noch ausbaubar. Versuchen Sie, seine Fähigkeit im Umgang mit anderen durch unsere Spieltipps zu verbessern.

PC und Fernsehen sind soziale Intelligenzkiller

Den Umgang mit anderen Menschen lernt ein Kind nicht vor dem Bildschirm. Der Austausch mit echten Personen und der Umgang mit anderen Kindern ist eine absolute Notwendigkeit dafür, Gestik, Mimik und Gefühle zu lesen und zu interpretieren. Kein Bildschirm kann den Eindruck eines echten Menschen erreichen, der nicht nur durch die Augen und Ohren, sondern auch durch die Interaktionen entsteht. Je seltener Kinder Situationen ausgesetzt sind, in denen sie sich intensiv mit anderen Personen arrangieren müssen, desto weniger wird ihre soziale Intelligenz gefördert.

So trainieren Sie zu Hause die soziale Intelligenz Ihres Kindes

1. Begrenzen Sie die Bildschirmzeit Ihres Kindes und achten Sie darauf, dass es Kontakte zu anderen hat. Es muss nicht immer ein Hobby sein, bei dem Ihr Kind einem Verein beitritt. Manche Kinder haben dazu einfach keine Lust, das können Sie ruhig tolerieren. Trotzdem sollten Sie darauf achten, dass Ihr Kind ausreichend Möglichkeiten hat, mit anderen Kindern zu spielen. Das gegenseitige Besuchen von Freunden ist dabei ebenso sinnvoll wie der Fußballverein, die Ballettgruppe oder die Kampfsportgruppe. Auf keinen Fall sollte Ihr Grundschulkind jeden Nachmittag zu Hause alleine vor dem Fernseher oder dem PC verbringen. 

2. Üben Sie alternative Lösungsvorschläge zu finden, zum Beispiel mit einem Rollenspiel. Wählen Sie dazu eine familiäre Situation zwischen Ihrem Kind und einem Elternteil aus oder zwischen Geschwistern, die in der Vergangenheit zu Konflikten geführt hat. Spielen Sie die gleiche Situation nun mit verteilten Rollen. Beispiel: Leon will abends noch einen Comic lesen, seine Mutter besteht aber darauf, das Licht auszuschalten. Diese Situation wiederholt sich häufig und nicht selten fallen dabei laute Worte oder fließen Tränen, weil beide Parteien nicht gut auf die Bedürfnisse des anderen eingehen können. Das Spiel mit verteilten Rollen macht deutlich, wie sich der je-weils andere in seiner Situation fühlt. So können viel leichter Lösungsvorschläge gemacht werden, die dazu führen, dass sowohl Leon als auch seine Mutter ein bisschen gewinnen. Leon hat gleich eine Menge Vorschläge, wie seine Mutter künftig reagieren könnte.

  • Die Schlafenszeit wird generell um eine halbe Stunde hinausgeschoben.
  • Das Abendessen findet früher statt.
  • Leon darf jeden zweiten Abend etwas länger lesen, dafür macht er auch kein Theater mehr an den Abenden, wo er pünktlich ins Bett geht.

3. Trainieren Sie spielerisch, die Reaktionen auf bestimmte Handlungen vorauszusagen. Dieses Spiel können Sie wunderbar unterwegs machen, zum Beispiel wenn Sie mit Ihrem Kind einkaufen sind. Als Möglichkeiten bieten sich z. B. die folgenden Fragen an:

  • Was wäre, wenn die Kassiererin eine Ware des Kunden öffnet, zum Beispiel einen Schokoriegel, und sich davon ein Stück genehmigte. Welche Reaktionen kannst du dir vorstellen?
  • Was wäre, wenn die Schaufensterpuppen echte Menschen wären. Jedes Mal wenn ein Kunde sich ein Kleidungsstück ansieht, bewegt sich die echte Schaufensterpuppe und gibt einen Kommentar ab: „Die Hose würde Ihnen aber wunderbar stehen!“ Wie verhielte sich der Kunde?
  • Was wäre, wenn das Mädchen im Bus nicht nur leise vor sich hin summen würde, sondern guter Laune sein Lieblingslied laut hinausschmettern würde? Wie würden die anderen Leute im Bus wohl reagieren?

4. Sprechen Sie über Reaktionen und stellen Sie sich alternative Szenarien vor. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, familiäre Interaktionen etwas genauer zu betrachten. Sprechen Sie diese Vorkommnisse nach einer bestimmten Zeit mit Ihrem Kind noch einmal durch. Fragen Sie nach:

  • Was meinst du? Hätte Papa heute Morgen auch anders reagieren können, als wir gemerkt haben, dass der Wecker eine halbe Stunde zu spät geklingelt hat? Welche Reaktionen hättest du dir gewünscht?
  • Was meinst du? Auf die Note vier in deinem Diktat habe ich ein bisschen enttäuscht reagiert. Das hast du sicher gemerkt? Wie hätte ich mich deiner Ansicht nach auch verhalten können?
  • Als unsere Rennmaus gestorben ist, war ich ein paar Tage lang nicht besonders nett zu dir. Ich war traurig und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Was meinst du? Wie hätte ich es besser machen können?

Das gemeinsame Spiel fördert die soziale Intelligenz

Eine große Vielzahl von Fähigkeiten werden während der gesamten Kindheit durch das gemeinsame Spiel gefördert. Das gilt auch für die soziale Intelligenz, denn in einem Gesellschaftsspiel müssen Regeln beachtet, Konflikte verbal ausgetragen, Rücksicht auf den anderen genommen und Niederlagen akzeptiert werden. Ihr Kind entwickelt beim Spielen soziale und psychische Fähigkeiten, sein Selbstvertrauen und seine Identität. Es misst seine Kräfte und lernt, sich und andere einzuschätzen. Diese Kompetenz wird auch im echten Leben Tag für Tag gefordert.

Soziale Intelligenz ist auch ein Stückchen Talent

Trotz aller Übungen und spielerischen Trainings gibt es Kinder mit mehr oder weniger stark ausgeprägter sozialer Intelligenz. Wie bei anderen Fähigkeiten auch ist eine genetische Basis bei jedem Menschen vorhanden. Aufbauend auf dieser Grundausstattung kann Ihr Kind mehr oder weniger große Erfolge im zwischenmenschlichen Kontakt verbuchen. Es ist eine knifflige Angelegenheit und nicht immer leicht, die sozialen Codes unterschiedlicher Situationen richtig zu erkennen. Dies gelingt auch Erwachsenen nicht immer. Ein Lächeln ist nicht immer ein Lächeln, es kommt nämlich ganz auf den jeweiligen Kontext an. Ein Lachen oder Lächeln kann beispielsweise freundlich, ironisch, abwertend, kritisch, falsch oder hämisch gemeint sein. Diesen zwischenmenschlichen Code zu entschlüsseln gelingt manchen Kindern leichter und manchen eben nicht so gut.

  • Mein Spieltipp: Nehmen Sie sich ein Fotoalbum und schauen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind die Bilder an. Versuchen Sie, anhand der Gesichtsausdrücke die Emotionen der Menschen einzuschätzen: Wut, Ärger, Angst, Trauer, Hoffnung etc. Das gleiche können Sie auch mit Zeitschriften oder eingefrorenen Fernsehbildern machen.