Ungewollt ins Erziehungschaos
Im Erziehungsalltag kommt es immer wieder vor, dass Eltern und Kinder sich nicht hundertprozentig verstehen – besonders dann, wenn hinter einer Aufforderung oder einer Reaktion eigentlich ein ganz anderer Wunsch steckt. Das Gemeine an Doppelbotschaften ist, dass Ihr Kind gar nicht richtig reagieren kann. Folgt es der Aufforderung, spürt es Ihre Ablehnung, folgt es nicht, wiedersetzt es sich. Es kann also nur verlieren – und das wirkt sich negativ auf das Familienklima aus.
Vermeiden Sie gefährliche Doppelbotschaften
Eltern wollen das Beste für ihre Kinder, davon bin ich überzeugt. Manchmal führt dieser Wunsch dazu, dass wir unseren Kindern etwas mitteilen, was wir eigentlich nicht meinen. Wenn Ihr Kind Ihnen aufgeregt von einem Erlebnis erzählt, Sie aber gedanklich noch bei der fehlerhaften Nebenkostenabrechnung sind, kann das so ein Moment sein. Vielleicht murmeln Sie abwesend: „Toll, das muss ja Spaß gemacht haben“, während Ihre ganze Haltung signalisiert: „Musst du mich jetzt gerade stören?“ In solchen Momenten spürt Ihr Kind, dass etwas nicht in Ordnung ist, kann das Gefühl aber mit Ihren Worten nicht in Einklang bringen. Missstimmung macht sich breit, vielleicht Enttäuschung oder das Gefühl der Ablehnung.
Mein Tipp!
Wenn Sie gedanklich nicht bei der Sache sind, erklären Sie das Ihrem Kind kurz und vereinbaren Sie einen späteren Zeitpunkt. „Ich muss gerade noch etwas ausrechnen, in zehn Minuten höre ich dir gerne zu.“ Seien Sie dann aber auch aufmerksam und konzentriert. Schulkinder können (anders als Kleinkinder) ihre Impulsivität beherrschen und ihr Mitteilungsbedürfnis etwas hinausschieben – mit dieser Aufgabe sind sie nicht überfordert.
2. Grund der Doppelbotschaft: Sie drücken sich unklar aus
Steht beispielsweise ein Arztbesuch an, ist Pünktlichkeit gefragt. Wie wichtig das rechtzeitige Aufbrechen ist, teilen Eltern ihren Kindern durch die Sprache mit. Ist sie unbestimmt und bestückt von relativierenden Füllwörtern wie „eigentlich“, „irgendwie“ oder „vielleicht“, kommt die Botschaft beim Kind nicht eindeutig an. Im folgenden Negativbeispiel wird das deutlich.
Negativbeispiel:
„Könntest du dich vielleicht mal ein bisschen beeilen?“
Vielleicht auch nicht?
Wie schnell ist ein bisschen?
Mein Tipp!
Streichen Sie Füllwörter, und setzen Sie die zentrale Aussage an den Anfang des Satzes, z. B. „In drei Minuten müssen wir im Auto sitzen, komm jetzt“.
Typische Doppelbotschaften und wie Sie es besser sagen können | ||
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Ziel | Doppelbotschaft | bessere Formulierung |
Kinderzimmer öfter aufräumen | „Du hast so ein schönes Zimmer, aber findest du nicht auch, dass es im aufgeräumten Zimmer deiner Schwester gemütlicher als bei dir ist?“ | „Räume bitte dein Zimmer jeden Tag auf, ich finde das gemütlich.“ |
Hasenstall regelmäßig säubern | „Es ist toll, dass du dein Haustier so lieb hast, aber ob sich dein Hase in diesem dreckigen Käfig wohlfühlt? Ich würde ihn öfter saubermachen.“ | „Reinige den Hasenkäfig einmal in der Woche, sonst wird dein Hase krank.“ |
Telefonanruf | „Lieb, dass du ans Telefon gehst. Aber vielleicht sagst du mir das nächste Mal Bescheid, wenn meine Freundin angerufen hat?“ | „Ich möchte, dass du mir jeden Telefonanruf ausrichtest. Ich mache das auch für dich.“ |
Beschimpfungen vermeiden | „Ich verstehe ja, dass du wütend bist. Aber irgendwie kränkt es mich, wenn du mich so bezeichnest.“ | „Wenn du mich beschimpfst, rede ich nicht mit dir.“ |
dreckige Sportsachen sollen in die Wäschetonne | „Ich bin ganz stolz auf dich, dass du so ein guter Fußballer bist. Nur deine dreckigen Sportsachen nerven mich.“ | „Lege dein dreckiges Trikot nach dem Sport sofort in die Wäsche, dann ist es für das nächste Training wieder sauber.“ |
3. Grund der Doppelbotschaft: Inhalt, Tonfall und Wortwahl Ihrer Aussage passen nicht zusammen
Zweideutige Signale, wie sie in Doppelbotschaften enthalten sind, führen zu Missverständnissen. Neben dem Inhalt einer Aufforderung und den gewählten Worten hat auch die Sprachmelodie eine Wirkung. Klingt eine Aufforderung zur Eile entspannt und ruhig, signalisiert der Tonfall, dass es doch nicht so eilig sein kann. Das Kind nimmt sich mehr Zeit, beendet sein Spiel nur langsam oder ignoriert die Aufforderung sogar komplett. Es vermutet, dass, wenn es wirklich ernst wird, eine weitere, konkretere Ansage kommt. Erst wenn Inhalt, Tonfall und Wortwahl zusammenpassen, wird die Botschaft Kind sicher verstanden.
Wertvolle Fakten über gelungene Kommunikation
- 55 Prozent der Kommunikation mit Kindern laufen über Körpersprache, Mimik und Gestik ab.
- 38 Prozent findet über den Klang unserer Stimme statt.
- 7 Prozent vermitteln sich den Kindern über den Inhalt, den Sinn der Worte.
- 4. Grund der Doppelbotschaft: Sie haben ein schlechtes Gewissen
Sehr beliebt sind Doppelbotschaften, wenn es um Verbote geht. Weil Eltern ihrem Kind nicht gerne etwas verwehren, garnieren sie die Verbote gerne mit einem Grinsen oder Lächeln. „Du sollst heute doch nicht mehr am Tablet-PC spielen“ (lächelnd). Wie würden Sie als Kind darauf reagieren? Richtig, hier ist genug Raum, um Grenzen auszutesten. Clevere Kinder reagieren auf das Lächeln, sie spielen einfach weiter. Die Doppelbotschaft lässt ihnen den Raum, die Aufforderung zu interpretieren – und das machen sie mit Freude zu ihren Gunsten.
Zusammenfassung: So vermeiden Sie Doppelbotschaften
- Streichen Sie relativierende Wörter wie vielleicht, irgendwie, möglicherweise, eventuell aus den Aufforderungen, die Sie an Ihr Kind richten.
- Formulieren Sie Aufforderungen nicht als Frage.
- Achten Sie auf Ihren Tonfall und Ihre Mimik, wenn Sie etwas von Ihrem Kind einfordern.
- Formulieren Sie Ihre Botschaft knapp und präzise in einem Satz.
- Sehen Sie Ihrem Kind beim Gespräch in die Augen.
Je jünger ein Kind ist, desto klarer, eindeutiger und knapper sollten Aufforderungen und Verbote sein. Nehmen Sie sich die Zeit, um die Kommunikation mit Ihrem Kind zu verbessern und Doppelbotschaften zu vermeiden.