Wie viel Strenge muss sein? So erziehen Sie konsequent, aber liebevoll

„Wenn du nicht …, dann …“ Mit Sätzen wie diesem versuchen viele Eltern, ihr Kind zur Mitarbeit zu bewegen. Oft genug ohne Erfolg. Lauterwerden oder Schimpfen sind auch keine Lösung. Doch wie schafft man es, „liebevoll-konsequent“ zu sein, wie es in den Erziehungsratgebern immer so schön heißt? 

Inhaltsverzeichnis

Liebevoll-Konsequent Erziehen

 Ohne Grenzen und Regeln klappt das Zusammenleben in einer Familie nicht. Was sich in der Theorie so einfach anhört, ist nicht immer leicht umzusetzen. Nicht für jede Konfliktsituation lässt sich gleich die passende Konsequenz aus dem Hut zaubern. Deswegen kommt es vor allem darauf an, in der jeweiligen Situation angemessen, individuell und auch liebevoll zu reagieren. Einige Beispiele zeigt Ihnen die Tabelle 2 und 3.

Klare Regeln sind wichtig

Regeln geben einem Kind sowohl Halt als auch Orientierung und helfen ihm, gut in seine soziale Umwelt hineinzuwachsen. Es ist eine wichtige Entwicklungsaufgabe für ein Kind in den ersten Lebensjahren, Regeln verstehen und dann auch befolgen zu lernen. Damit Ihr Kind weiß, was Sie von ihm wollen, müssen Sie Regeln so vorgeben und formulieren, dass Ihr Kind sich auch wirklich daran halten kann und Erfolgserlebnisse dabei hat. Eine Regel ist umso besser zu befolgen, je einfacher, klarer und nachvollziehbarer sie ist. Konzentrieren Sie sich auf die Dinge, die Ihnen wirklich wichtig sind. Wird ein Kind mit zu vielen Regeln überfordert, reagiert es irgendwann selbst bei sinnvollen Grenzen trotzig.

Logische Konsequenzen: Verstehen durch Erfahrung

Ab einem Alter von zwei bis drei Jahren sind natürliche Konsequenzen die beste Möglichkeit, Ihrem Kind Grenzen aufzuzeigen. Kinder begreifen am ehesten, was richtig und was falsch ist, wenn sie die Folgen ihres Tuns unmittelbar zu spüren bekommen. Je jünger Ihr Kind ist, umso schneller muss diese Verknüpfung erfolgen. Hat es zum wiederholten Mal sein Apfelschnitz auf den Boden geworfen, bekommt es keines mehr. Eine kurze Erklärung genügt: „Ich sehe, du möchtest keinen Apfel mehr. Dann packe ich den Rest jetzt weg.“ Für den Fall, dass Ihr   Kind gerne noch weiter gegessen hätte, wird es sich schnell merken, dass es den Apfel lieber in den Mund stecken sollte, wenn es nachher noch ein Stück möchte. Wenn Ihr Kind auf dem Spielplatz wiederholt andere Kinder stört, lautet die logische Konsequenz: „Wir gehen heim!“ Sie können sicher sein, dass Ihr Kind in der Lage ist, seine Schlüsse daraus zu ziehen. Sie brauchen gar nicht laut zu werden oder zu schimpfen!

Mein Tipp:

Machen Sie sich bewusst, dass Fehlverhalten meist kein gezielter Angriff auf die Eltern ist. Schonen Sie daher die Beziehung zu Ihrem Kind, indem Sie zwar eine Konsequenz folgen lassen, das jedoch möglichst ruhig und ohne Schimpfen tun. Achten Sie darauf, dass die Konsequenz dem Fehlverhalten und dem Alter Ihres Kindes angepasst ist. Ihrem Kleinkind abends vor dem Schlafengehen nicht zu helfen, das geliebte Kuscheltier zu suchen, weil es tagsüber nicht aufgeräumt hat, wäre unangemessen. Aber Ihr sechsjähriges Kind, das nicht aufräumen wollte, können Sie ruhig alleine nach seinem Bilderbuch suchen lassen.

Manchmal will Ihr Kind einfach austesten, wie weit es gehen kann. So kann es schon mal vorkommen, dass es Sie gezielt provoziert. In solchen Fällen machen Sie es sich und Ihrem Kind leichter, wenn Sie nicht auf jede Kleinigkeit „anspringen“. Denn genau das will Ihr Kind: eine Reaktion aus Ihnen herauslocken. Immerhin ist negative Zuwendung besser als gar keine. Und jede Art von Zuwendung, auch die negative (also z. B. Schimpfen), wirkt in diesem Sinne als eine Verstärkung des Verhaltens. Da kann es sinnvoller sein, manchmal etwas einfach zu „übersehen“. Seien Sie also ruhig angemessen großzügig.



Liebevoll-konsequent erziehen: Altersgemäße Lösungsmöglichkeiten für typische Alltagssituationen



Lösungsmöglichkeiten für ein Kleinkind

(ab 1,5 bis 2 Jahren)

Lösungsmöglichkeiten für ein Kindergartenkind

(ab 3 bis 4 Jahren)

Am Esstisch: Ihr Kind darf sich selbst so viel nehmen,wie es möchte. Schon nach wenigen Minuten isst es nicht mehr, sondern spielt mit dem Essen und verteilt das Gemüse rund um seinen Teller auf dem Tisch.

Kleinkinder machen alles spielerisch.Deshalb sollten Sie Ihrem Kind in einem gewissen Rahmen zugestehen, auch mit dem Essen zu experimentieren und zu spielen.

Überschreitet es dabei die Grenze dessen,was Sie akzeptieren können oder wollen, sagen Sie ihm freundlich, aber bestimmt und eindeutig: „Ich will nicht, dass du dein Essen neben dem Teller verteilst. Lass das!“

Alternativ können Sie Ihr Kind ablenken und aus dem Gemüse auf seinem Teller ein Gesicht legen.

In schweren Fällen,wenn Ihr Kind nur nochherumschmiert oder mit Essen wirft, können Siesagen:„Du bist wohl schon satt. Deshalb räume ich jetzt deinen Teller ab.“

Von einem Kindergartenkind können Sie schon erwarten, dass es sich an bestimmte Tischregeln hält.

Erinnern Sie Ihr Kind an die geltenden Regeln: „Lass das Gemüse auf deinem Teller. Ich will nicht, dass du es auf dem Tisch verteilst.“

Schaltet es seine Ohren auf „Durchzug“, können Sie seinen Teller nehmen und ohne große Erklärungen in die Küche tragen: „Iss bitte hier! Ich möchte mit Papa gemütlich und in Ruhe essen.“ Bleiben Sie sachlich und knapp, aber seien Sie nicht zu unfreundlich.

Eskaliert die Situation, und Ihr Kind wirft absichtlich mit dem Essen herum, räumen Sie möglichst ruhig, aber bestimmt seinen Teller ab:„Du bist wohl schon

satt. Deshalb räume ich jetzt deinen Teller ab.“

Auf dem Spielplatz: Ihr Kind spielt im Sandkasten. Plötzlich steht es auf und rempelt, ohne dass es dafür einen Anlass gäbe, ein anderes im Sand spielendes Kind an, sodass dieses hinfällt und zu weinen beginnt.

Gehen Sie sofort zu Ihrem Kind hin, gehen Sie in die Hocke und sehen Sie es an. Erklären Sie ihm: „Das geht nicht! Schau mal, das andere Kind weint jetzt,weil du es umgeschubst hast.“ Helfen Sie eventuell dem anderen Kind auf, sofern seine Mutter das nicht tut. Gehen Sie mit Ihrem Kind hin und entschuldigen Sie sich:„Das tut mir Leid, dass dich … umgeschubst hat.“

Kleinkinder wollen auf diese Art oft nur Kontakt aufnehmen. Zeigen Sie Ihrem Kind,wie es das besser macht:„Komm,wir gehen hin und fragen, ob das Kind mit dir spielen möchte (den Bagger gegen den Laster tauschen möchte).“

Bleiben Sie bei Ihrem Kind und spielen Sie mit ihm,wenn solche Vorfälle sich wiederholen. So haben Sie die Möglichkeit, sofort lenkend einzugreifen, wenn es wieder Kontakt aufnehmen möchte.

In schweren Fällen können Sie Ihrem Kind sagen: „Wenn du andere Kinder umschubst, kannst du nicht mit ihnen spielen.“ Nehmen Sie Ihr Kind dann für einige Minuten aus dem Sandkasten oder gehen Sie notfalls sogar nach Hause.

Je nachdem, ob Ihr Kind Kontakt aufnehmen möchte, aus Langeweile geschubst hat oder auf das andere Kind wütend ist, ist eine andere Reaktion angemessen:

Im Fall von Langeweile oder eines Kontaktversuches sagen Sie Ihrem Kind:„Nein, so geht das nicht! So möchte kein Kind mit dir spielen. Komm,wir gehen zusammen hin und fragen, ob das Kind mit dir spielen möchte.“ Ist Ihr Kind schon vier Jahre alt, können Sie mit ihm besprechen,was es zu dem anderen Kind sagen könnte, und es alleine losschicken.

Hat Ihr Kind aus Wut geschubst, fragen Sie es,was es so geärgert hat.Machen Sie ihm klar, dass es wütend und ärgerlich sein darf, deshalb aber trotzdem nicht auf andere Kinder losgehen darf.

Gehen Sie mit Ihrem Kind hin und entschuldigen Sie sich gemeinsam bei dem anderen Kind.

Schubst Ihr Kind trotz allem immer wieder, holen Sie es für eine kurze Auszeit zu sich auf die Bank:„Wenn du immer wieder schubst, kannst du nicht im Sandkasten bleiben. Setz dich hier zu mir.“ Fragen Sie es nach wenigen Minuten, ob es glaubt,wieder mit den anderen spielen zu können, und lassen Sie es in den Sandkasten zurück. Bei weiteren Vorfällen sollten Sie konsequent nach Hause gehen.