Patchwork-Familie: Ihre Rechte, wenn zwei Familien zusammenfinden
„Patchwork“ – den Begriff kannte man lange Zeit nur als Handarbeit. Ein kunstvoll aus vielen kleinen Einzelteilen zusammengestellter Teppich oder eine Decke. Inzwischen werden auch Familien so bezeichnet, nämlich als Patchwork-Familien. Doch genau wie diese Decken bestehen auch solche Familien aus mehreren individuellen Einzelteilen, aus Mitgliedern, die wie bei einer Patchwork-Arbeit mehr oder weniger zufällig aneinandergereiht wurden.
- Stieffamilie im Rechts-Check
- Wie sehen Sie nun aus: Ihre Rechte, wenn zwei Familien zusammenfinden?
- Die Patchwork-Familie im Alltag
- Was ist mit dem Sorgerecht in Patchwork-Familien?
- Das Kindeswohl in einer Patchwork-Familie
- Politische Forderung nach neuen rechtlichen Regelungen für Patchwork-Familien
Stieffamilie im Rechts-Check
Es sind zwei Familien, die in einer Patchwork-Familie zusammentreffen. Zwei Partner haben sich gefunden und verbinden sich. Dabei bringt jeder auch eigene Kinder mit. Schon ist sie entstanden: die bunte Patchwork Familie.
Wie sehen Sie nun aus: Ihre Rechte, wenn zwei Familien zusammenfinden?
Zunächst einmal sind Patchwork-Familien im Familienrecht nicht vorgesehen. Das macht sich beispielsweise dann bemerkbar, wenn ein Partner stirbt und das zurückbleibende leibliche Kind dieses Partners vom anderen Partner nicht versorgt werden darf. Und das, obwohl sich dieser Partner eventuell schon seit Jahren um dieses Kind gekümmert hat. Gesetzlich ist es so, dass dieses Kind und der angeheiratete Partner nicht miteinander verwandt sind, also kommen Jugendämter oder leibliche Verwandte wie etwa die Großeltern zur Betreuung in Betracht.
Stirbt ein Partner und möchte er dem Kind seines Lebenspartners Vermögen hinterlassen, muss er das beizeiten im Testament regeln. Denn im Gegensatz zum leiblichen Kind ist ein „Stiefkind“ nicht erbberechtigt.
Die Patchwork-Familie im Alltag
Im ganz normalen Alltag gehen wir alle immer wieder mit rechtlichen Fragen um, ohne dass uns tatsächlich bewusst wird, dass diese Fragen auch im Familienrecht beschrieben sind. Wir holen das Kind vom Kindergarten ab, schreiben ihm eine Entschuldigung für die Schule wegen Krankheit, gehen mit ihm zum Arzt oder buchen eine Reise. Lauter ganz alltägliche Unternehmungen, die immer wieder mal vorkommen. In einer Patchwork-Familie braucht der nicht biologische Elternteil für jede einzelne Tätigkeit die schriftliche Zustimmung des biologischen Elternteils.
Manche Patchwork-Familien lösen diese Fragen, indem die Partner das Stiefkind adoptieren.
Was ist mit dem Sorgerecht in Patchwork-Familien?
Die oben angesprochenen Alltagsfragen tangieren das Sorgerecht, das im Familienrecht geregelt ist. Wer nämlich dem neuen Partner eine schriftliche Vollmacht dafür erteilt, dass dieser mit dem Kind einen Arzt aufsuchen darf oder es mit auf eine Reise nehmen kann, der beschneidet damit die Rechte seines Ex-Partners, der hier entscheidungsberechtigt ist. Deshalb muss dieser Elternteil einer solchen Vollmacht zustimmen. Liegt eine solche Vollmacht vor, kann der neue Partner beispielsweise entscheiden, falls das Kind notfallmäßig operiert werden müsste. Wenn der Ex-Partner einer solchen Entscheidung nicht zustimmt, hat er immer die Befugnis mitzuentscheiden, wenn es beispielsweise um die Wahl einer neuen Schullaufbahn geht oder darum, ob das Kind zum Schullandheimaufenthalt mitfahren darf. Sollte es bei diesen Entscheidungen zu keiner Einigung zwischen den Ex-Partnern kommen, kann das Familiengericht angerufen werden.
Einfacher ist es, wenn ein Partner über das alleinige Sorgerecht verfügt. In diesem Fall ist der neue Partner automatisch in Entscheidungen mit eingebunden.
Trotzdem darf der biologische Elternteil Auskünfte über sein Kind verlangen, wie es ihm geht und wie die persönlichen Lebensumstände sind, auch wenn das alleinige Sorgerecht beim anderen Elternteil liegt.
Das Kindeswohl in einer Patchwork-Familie
Nie ist es schwieriger, aber auch niemals wichtiger, das Kindeswohl des eigenen Kindes im Auge zu behalten, als in einer Patchwork-Familie. Dazu gehört auch, dem biologischen Partner das Recht und die Pflicht auf die Hälfte der Erziehung einzuräumen. Denn Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile – unabhängig davon, ob die Partner wieder neue Lebensgefährten gefunden haben oder nicht.
Außerdem ist es wichtig, in einer Patchwork-Familie alle Kinder gleich zu behandeln, die eigenen (biologischen) Kinder genauso wie die Kinder des Partners. Durch den neuen Lebensgefährten gerät das Kind in ein anderes soziales Umfeld. Es kommen Stiefgeschwister hinzu. Damit wird aus einer Kleinfamilie unter Umständen eine richtig große Familie. Diese Situation ist für das Kind nicht immer einfach, zumal sich die eigene Stellung innerhalb der Familie völlig verändert – umso mehr, wenn die Stiefgeschwister auch noch älter sind. Doch diese Situation birgt auch Chancen auf Bereicherung. Im Idealfall übernehmen die neuen Partner Verantwortung für das eigene leibliche Kind genauso wie für die hinzugekommenen Stiefkinder.
Politische Forderung nach neuen rechtlichen Regelungen für Patchwork-Familien
Die Formen des Zusammenlebens haben sich in den letzten Jahren geändert. Es gibt Paare mit und ohne Trauschein, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und letztlich auch Familien, die sich neu zusammengefunden haben. Aus diesem Grund fordern die GRÜNEN die Anerkennung von „sozialer Elternschaft“. Gemeint ist damit das Zusammenleben von Erwachsenen mit Kindern. Konkret sollte es so aussehen, dass maximal vier Erwachsene, das heißt ein Paar und deren Ex-Partner, gemeinsam die „soziale Elternschaft“ beim Familiengericht beantragen können. Diese sollte daraufhin geprüft werden, ob sie dem Kindeswohl dient, und in diesem Fall sollte ein entsprechender „Familienpass“ ausgestellt werden. Damit könnte die Betreuung aller in dieser Konstellation lebenden Kinder vereinfacht werden.
Der Inhalt dieses Artikels dient lediglich zur allgemeinen Information über die jeweiligen Rechtsgebiete beziehungsweise über die jeweiligen rechtlichen Situationen. Der Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!