Soziale Kompetenz: So lernt Ihr Kind, Gefühle besser wahrzunehmen
Damit Ihr Kind neue Freundschaften knüpfen, andere für seine Belange begeistern oder bei Konflikten Kompromisse finden kann, braucht es bestimmte soziale Fähigkeiten – und zwar sein ganzes Leben lang. Legen Sie jetzt schon den Grundstein für die soziale Kompetenz Ihres Kindes und unterstützen Sie Ihr Kind, Gefühle besser wahrzunehmen.
- Kinder bei der Wahrnehmung von Gefühlen richtig fördern
- Helfen Sie Ihrem Kind, seine Gefühle wahrzunehmen und einzuordnen
- Bei sozialer Kompetenz ist auch das Zulassen negativer Gefühle wichtig
- Trainieren Sie mit Ihrem Kind, Gefühle bei anderen zu erkennen
- Spielen Sie „Gefühlsdetektive“
- Lassen Sie Ihr Kind in verschiedene Rollen schlüpfen
Kinder bei der Wahrnehmung von Gefühlen richtig fördern
Unter sozialer Kompetenz versteht man die Fähigkeit, Stimmungen und Gefühle bei sich selbst und bei anderen wahrzunehmen sowie in angemessener Art und Weise damit umzugehen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sozial kompetente Kinder Emotionen bei sich und bei anderen genauer erkennen können als weniger sozial kompetente Kinder. Sie können die Unterschiede in Mimik und Körpersprache besser wahrnehmen und sind geübter in der Zuordnung von Emotionen zu sozialen Situationen. Soziale Kompetenz lernt Ihr Kind erst nach und nach mit zunehmendem Alter, es muss also immer wieder üben.
Helfen Sie Ihrem Kind, seine Gefühle wahrzunehmen und einzuordnen
Ein wütendes Kleinkind weiß noch nicht, dass das Gefühl, das es gerade so mächtig überrollt, Wut ist. Es weiß nur, dass in diesem Moment etwas absolut nicht so ist, wie es sich das wünscht. Im akuten Wut- oder Trotzanfall mit Ihrem Kind über Gefühle zu sprechen, ist wenig sinnvoll, denn es kann Ihnen in diesem Gemütszustand gar nicht richtig zuhören. Hat sich Ihr Kind beruhigt, ist es wieder aufnahmebereit, und Sie können mit ihm über seine Gefühle sprechen. Vielleicht wirkt Ihr Kind aber auch bedrückt oder lustlos. Versuchen Sie, das dahintersteckende Gefühl herauszufinden.
Das könnte z. B. mit einem Kindergartenkind so aussehen:
- Mutter: „Ich habe den Eindruck, dass du traurig bist. Habt ihr euch im Kindergarten gestritten?“
- Kind: „Nein. Aber Thorsten hat immer nur mit Andi gespielt.“
- Mutter: „Oh, das war bestimmt schlimm für dich, dass die anderen dich nicht mitspielen lassen wollten.“
- Kind: „Ja.“
- Mutter: „Ich kann mir vorstellen, dass du da sehr enttäuscht warst und dich allein gefühlt hast.“
Wenn Sie mit Ihrem Kind über ein Problem sprechen, das es bedrückt, helfen Ihnen diese 5 wichtigen Punkte, zum Kern des Problems vorzudringen und Ihr Kind zu unterstützen, selbst eine Lösung zu finden:
- Was ist eigentlich genau passiert?
- Wie hat sich Ihr Kind dabei gefühlt?
- Was war für Ihr Kind das Schlimmste daran?
- Sagen Sie Ihrem Kind, dass Sie verstehen können, was es gefühlt hat.
- Gibt es Dinge, die Ihrem Kind helfen, die Situation auszuhalten?
Was könnte es tun, wenn es wieder in so eine Situation gerät?
Wo könnte es sich Unterstützung holen?
Kinder probieren gerne aus, wie es sich anfühlt, jemand ganz anderes zu sein
Im Karneval sind bei den Mädchen vor allem „wunderschöne Prinzessinnen“ und bei den Jungs „starke Männer“ wie Indianer oder Cowboys gefragt. Dieser kleine Indianer fühlt sich offenbar bärenstark.
Wenn Sie versuchen, die Gefühle, die Sie bei Ihrem Kind wahrnehmen können, in eigene Worte zu fassen, lernt Ihr Kind, seine Gefühle besser zu erkennen und zu unterscheiden. Es fühlt sich von Ihnen verstanden. Und es lernt noch etwas Wichtiges: Es ist in Ordnung, Gefühle zuzulassen!
Bei sozialer Kompetenz ist auch das Zulassen negativer Gefühle wichtig
Würden Sie im vorherigen Beispiel sofort versuchen, Ihr Kind „aufzumuntern“, indem Sie sein Problem kleinreden („Ach, morgen spielt Thorsten bestimmt wieder mit dir!“), würde es sich nicht ernst genommen fühlen. Leider haben viele Eltern das Bedürfnis, ihr Kind vor Unangenehmem möglichst zu beschützen. Sie wollen deshalb negative Gefühle wie Trauer, Angst, Wut oder Enttäuschung schnell aus der Welt schaffen, indem sie ihr Kind ablenken oder eine „Patentlösung“ anbieten.
Kinder dürfen wütend, traurig oder frustriert sein und müssen mit der Zeit lernen, diese Gefühle auszuhalten! Wir Eltern können sie nicht vor diesen Erfahrungen bewahren. Natürlich sollen Sie Ihr Kind trösten und ihm helfen, damit es sich wieder besser fühlt. Doch was Ihr Kind in solchen Momenten braucht, ist individuell sehr unterschiedlich. Das eine will absolut in Ruhe gelassen werden und wird noch wütender, je mehr man sich um es bemüht. Das andere wiederum braucht eine „Runde“ Kuscheln, um sich besser zu fühlen. Und ein drittes muss aktiv werden, um sich zu beruhigen – es will am liebsten gemeinsam mit Mama oder Papa etwas tun, z. B. bei einer Arbeit helfen.
Trainieren Sie mit Ihrem Kind, Gefühle bei anderen zu erkennen
Damit Ihr Kind Gefühle bei anderen erkennen kann, muss es lernen, den Gesichtsausdruck, die Körperhaltung und auch den Klang der Stimme einzuschätzen und bestimmten Emotionen zuzuordnen. Das können Sie ohne Aufwand nebenbei im Alltag trainieren. Weisen Sie Ihr Kind auf Personen hin, die z. B. ganz offensichtlich fröhlich oder traurig sind, und fragen Sie es, wie sich dieser Mensch seiner Meinung nach gerade fühlt. Natürlich können Sie auch auf Bilder in Büchern oder Fotos in Zeitschriften zurückgreifen.Es gibt inzwischen auch Bilderbücher und Spiele, mit denen Ihr Kind das Erkennen von Emotionen trainieren kann.
Hier eine kleine Auswahl:
- „Lustig, Traurig, Trotzig, Froh. Ich fühle mich mal so, mal so!“
von Emma Brownjohn (Gabriel Verlag 2004; 16 Seiten):
Bilderbuch für Kinder ab drei Jahren. Ein witziges Drehscheibenspiel am Schluss des Buches fasst die Gefühle auf spielerische Weise noch einmal zusammen. - „Meine Welt der Gefühle. Entdecken & Begreifen“
von Astrid Hille, Dina Schäfer und Jutta Garbert (OZ Verlag 2004; 48 Seiten):
Bilderbuch mit kurzen Geschichten für Kinder ab drei Jahren. - „Ich und meine Gefühle. Emotionale Entwicklung für Kinder ab 5“
von Holde Kreul und Dagmar Geisler (Loewe Verlag 2004; 36 Seiten):
Auch wenn im Titel „Kinder ab 5“ angesprochen werden, ist das Bilderbuch bereits für Kinder ab vier Jahren geeignet. - „Fröhlich oder traurig … wie zeigst du Gefühle?“ (Kosmos Spiele 2007):
Magnetisches Legespiel für zwei bis vier Kinder ab vier Jahren. Zwei Mädchen spielen Fangen und lachen ganz fröhlich. Ein Junge ist hingefallen und weint. Spielaufgabe für die Kinder: Wer kann die Gefühle Freude, Trauer, Wut und Angst richtig erkennen? Mit Hilfe magnetischer Legesteine können die typischen mimischen Ausdrucksformen dieser Gefühle nachgestaltet werden. - „Gefühle-Quartett“ (Mebes & Noack 1999):
Die Spielkarten zeigen verschiedene Gefühle und Stimmungen, z. B. Freude, Glück, Stolz, Traurigkeit, Ekel, Wut, jeweils bei einem Jungen und einem Mädchen. Da die Karten nicht unbedingt als Quartett gespielt werden müssen, sind sie für Kinder ab drei Jahren geeignet. Sie können sie Ihrem Kind vorlegen und es nach den gezeigten Gefühlen befragen. Oder Sie suchen diejenige Karte heraus, die Ihrer Meinung nach der Stimmung Ihres Kindes entspricht, und fragen Ihr Kind, ob Sie richtig getippt haben. Sie können Ihr Kind auch selbst die entsprechende Karte heraussuchen lassen. So haben Sie einen prima Aufhänger, um über Stimmungen und Gefühle zu reden.
Mein Tipp: Die Karten des „Gefühle-Quartetts“ lassen sich hervorragend als Stimmungsbarometer für Kinder im Vorschulalter einsetzen. Befestigen Sie eine Klarsichthülle an der Kinderzimmertür. Ihr Kind kann aus dem Quartettspiel jeweils die Karte heraussuchen, die seiner Stimmung entspricht, und die Karte in die Klarsichthülle schieben. Dann weiß jeder in der Familie, wie es Ihrem Kind gerade geht.
Spielen Sie „Gefühlsdetektive“
Hier drei Spielvorschläge für Kinder ab vier bis fünf Jahren, die Ihrem Kind helfen, Emotionen bei sich und anderen besser kennen zu lernen:
- Pantomime: Bitten Sie Ihr Kind, Ihnen ein Gefühl vorzuspielen, sodass Sie es erkennen können. So kann es beispielsweise lachen und Freudensprünge machen, um Freude auszudrücken. Danach sind Sie an der Reihe, und Ihr Kind ist mit dem Raten dran.
- Gesicht im Spiegel: Ihr Kind sitzt Ihnen oder einem anderen Kind gegenüber. Wie ein Spiegelbild soll es versuchen, die vorgemachten Gesichtsausdrücke nachzumachen und damit den gleichen Gesichtsausdruck zu zeigen wie sein Gegenüber.
- Der Ton macht die Musik: Nicht nur Körperhaltung und Mimik vermitteln Emotionen, sondern auch der Klang der Stimme. Nehmen Sie einen kurzen, verständlichen Satz, z. B.: „(Name Ihres Kindes), du hast dein Spielzeug noch nicht aufgeräumt“, und sprechen Sie ihn mit unterschiedlicher Lautstärke, Stimmlage und Betonung aus. Sie können ihn drohend hervorstoßen, lieblich säuseln, laut brüllen, flüstern oder kichernd aussprechen. Wie wirkt der Satz jeweils auf Ihr Kind?
Lassen Sie Ihr Kind in verschiedene Rollen schlüpfen
Um sich in andere einfühlen zu können, braucht es einige Übung. Ganz spielerisch geschieht das im Rollenspiel mit Ihnen oder anderen Kindern. Dabei kann Ihr Kind ausprobieren, wie es sich anfühlt, mal Mutter, Vater, Kindergärtnerin, Verkäufer/in, Kellner/in oder Arzt/Ärztin zu sein.
Sehr beliebt ist das Spiel „Heut bin ich mal die Mama“. Wechseln Sie die Rollen in der Familie doch einfach einmal durch. Ihr Kind darf z. B. für eine bestimmte Zeit Mama oder Papa sein, während der Vater in die Rolle der Mutter bzw. die Mutter in die Rolle des Vaters schlüpft und der andere Elternteil das Kind spielt. Jeder muss dabei so lebensnah wie möglich das Verhalten und die Tätigkeiten/Aufgaben der übernommenen Rolle nachspielen. Und jeder wird auch entsprechend der Rolle, die er spielt, behandelt: Z. B. muss Papa, wenn er das Kind spielt, zur üblichen Schlafenszeit ins Bett. Sprechen Sie anschließend darüber, wie sich das jeweilige Familienmitglied in seiner Rolle gefühlt hat.
Auch mit Puppen oder Kuscheltieren lassen sich prima Rollenspiele spielen, z. B. „Kindergarten“, „Geburtstagsparty“ oder „Auf dem Spielplatz“. Ideal sind solche Rollenspiele, wenn Ihr Kind ganz offensichtlich etwas bedrückt, es sein Problem aber noch nicht in Worte fassen kann. Dann kann Ihnen ein solches Rollenspiel eventuell verraten, wo das Problem liegt. Gleichzeitig können Sie Ihr Kind ermuntern, im Spiel auszuprobieren, wie man sich in der betreffenden Situation verhalten könnte (weglaufen, ein anderes Kind oder die Erzieherin holen, zurückschlagen – bitte die Vorschläge Ihres Kind nicht bewerten oder gleich abtun!).
Mein Tipp: |
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Ihr Kind ist eher der kleine „Schweiger“ und erzählt nicht viel über sich? Manchmal ist es für Kinder einfacher, etwas in der dritten Person zu erzählen. Sie können dann sein Lieblings-Kuscheltier fragen: „Sag mal, Teddy, wie geht es denn jetzt gerade der/dem (Name Ihres Kindes)?“ Dann kann Ihr Kind für das Kuscheltier sprechen und über sich und seine Gefühle erzählen. Ein großer Vorteil: Auf diese Weise hat es etwas mehr Distanz zum Erlebten, sodass es meistens klarer denken kann, weil die Emotionen nicht so intensiv sind. Außerdem kann es leichter auf Lösungsvorschläge komm |
Helfen Sie Ihrem Kind, sich in andere einzufühlen, indem Sie es zum Nachdenken über die Gefühle anderer anregen. Ihr Kind hat z. B. ein anderes Kind von der Schaukel geschubst, weil es nicht schnell genug Platz gemacht hat? Es will die gerade mit dem Zug angekommene Oma nicht begrüßen oder möchte auf dem Spielplatz partout nichts von seinen Spielsachen abgeben? Damit Ihr Kind lernt, sich in andere einzufühlen, können Sie es in solchen Situationen fragen: „Würde es dir gefallen, wenn dich das andere Kind von der Schaukel geschubst hätte?“ oder „Wie würdest du dich jetzt fühlen, wenn du die Oma wärst?“