Rückzugsräume für Kinder erschaffen: Wo die Fantasie lebt und Erwachsene keinen Zutritt haben
- Kindern private Freiräume geben
- Ursache-Wirkungs-Verständnis – wie Kinder lernen
- Rückzugsbereiche optimal gestalten
- Vielfältige Möglichkeiten für Privatsphäre
- Versteckter Rückzugsraum im Garten
- Bedürfnisse von Kindern ernst nehmen
- Wertschätzung zeigen – mit kleinen Aufmerksamkeiten
- Semiprivater Raum – Kinderzimmer
- Fazit – Kindern private Freiräume geben
Kindern private Freiräume geben
Bereits ab dem Kleinkindalter haben viele Kinder einen vollen Zeitplan. Neben Tagesmutter, Kita oder Kindergarten stehen Musikschule, Kinderturnen und andere frühkindliche Förderaktivitäten auf dem Programm. Viele Eltern haben Angst, ihrem Kind keine optimalen Startmöglichkeiten zu bieten, wenn sie ihm nicht ausreichend Unterstützung zukommen lassen. Der soziale Druck unter Eltern ist groß. Richten Eltern zu Hause ebenfalls alles auf intellektuelles Wachstum aus und lassen ihrem Nachwuchs nicht ausreichend Raum zum freien Spiel, ist die Gefahr groß, dass Kinder überfordert sind.
Streit gibt es in jeder Familie und wird unterschiedlich gehandhabt. Die familienintern etablierte Streitkultur bestimmt, wie Auseinandersetzungen ausgetragen werden. Ist ein ruhiges Ausdiskutieren möglich oder wird es laut? Extrem schlimm ist eine Streitsituation für Kinder, wenn sie in Streitigkeiten involviert werden und sich gezwungen sehen, für einen Elternteil Partei zu ergreifen. Kinder lieben beide Elternteile und wünschen sich, dass diese Liebe erwidert wird – frei von Einschränkungen und Zwängen. Ein privater Rückzugsort sorgt dafür, dass Kinder Streit aus dem Weg gehen können und außerhalb der Schusslinie sind.
In elternfreien Zonen können Kinder uneingeschränkt ihren Interessen nachgehen. Ob Lego bauen, malen, lesen, Sammelbilder ordnen oder einfach nur in die Luft starren – es gibt unzählige Möglichkeiten, wie Kinder ihre Eltern-freie Zeit gestalten. Merken Sie jetzt an, dass Ihr Nachwuchs diese Aktivitäten auch in Ihrem Beisein ausüben könnte, haben Sie recht. Doch die Tatsache, dass Sie Ihrem Nachwuchs ausreichend Freiräume gewähren, ist extrem wichtig, für die kindliche Entwicklung. Bewegen sich Kinder ständig unter Aufsicht der Eltern, haben Sie kaum Möglichkeiten zum freien Spiel, da Erwachsene tendenziell zum – selbstverständlich gut gemeinten – Eingreifen neigen.
Ursache-Wirkungs-Verständnis – wie Kinder lernen
Kinder müssen die Gelegenheit bekommen, das Ursache-Wirkung-Prinzip in ihrem Tempo, gemäß ihren individuellen Interessen sowie mit den von ihnen gewählten Spielsachen bzw. Alltagsgegenständen zu erforschen. Sind Eltern anwesend, neigen sie tendenziell zum Eingreifen und versuchen, das Spiel oder kindliche Zeichnungen in eine gewünschte Richtung zu bewegen. Machen Kinder Fehler, zeigen Sie ihre Überlegenheit, indem sie das Kind auf den Irrtum hinweisen und Korrekturvorschläge anbringen. Dadurch nehmen Sie entdeckungsfreudigen Mädchen und Jungen die Gelegenheit, eigenständig zu handeln und wichtige Erfahrungen selbst zu machen. Zum Nachteil der Kinder, denn mit jedem kleinen Meilenstein, den kleine Erdenbürger erfolgreich bewältigen, gewinnen sie an Selbstvertrauen in die eigenen feinmotorischen und intellektuellen Fähigkeiten sowie die eigene Selbstwirksamkeit.
Rückzugsbereiche optimal gestalten
Sind Kinder nicht im Blickfeld der Eltern, ist es wichtig, dass die Rückzugsbereiche extrem kindersicher sind. Sämtliche Gegenstände, an denen sich kleine Kinder verletzen könnten – sei es durch scharfe Kanten, Spitzen, Stromschläge oder lange Kabel – sind zu entfernen. Matten und Teppiche bieten einen guten Untergrund zum Spielen im Sitzen und Liegen. Kissen laden zum Ausruhen und Träumen ein. Eine Spielkiste mit Lieblingsspielsachen sorgt dafür, dass jederzeit ein passendes Spielzeug zur Verfügung steht. Kuscheltiere spenden Trost und fungieren als Spielkameraden für Rollenspiele. Viele Kinder lieben es, in Ruhe Bücher anzusehen und sich in den bunten Bildern und Geschichten zu verlieren. Tablets und Smartphones sollten kleine Kinder nur über begrenzte Zeiträume und unter Aufsicht Erwachsener benutzen. Kinder müssen den eigenständigen Umgang mit digitalen Medien erst lernen und sollten auf diesem Weg von den Eltern betreut werden.
Vielfältige Möglichkeiten für Privatsphäre
Viele Kinder haben genaue Vorstellungen davon, wie ihr persönlicher Rückzugsbereich aussehen soll. Ob abenteuerliches Tipi im Wohnzimmer, geheime Kinderecke hinter der Couch oder provisorisches Spielhaus unter dem Esstisch – es gibt unzählige Möglichkeiten, spontan Privatsphäre zu kreieren. Erlauben Sie es, können sich Kinder aus Ihrem Fundus an Decken und Kissen selbst bedienen und eigenständig spontane Hütten und Zelte zu kreieren. Große Kartons verwandeln sich mit etwas Fantasie in kleine Schlösser und Ritterburgen. Großer Beliebtheit erfreuen sich Spielhäuser aus Holz und Plastik, die sowohl als Rückzugsbereiche als auch Accessoires für lebhafte Rollenspiele mit Familie und Freunden dienen.
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Versteckter Rückzugsraum im Garten
Für eine gesunde Entwicklung ist es sehr wichtig, dass Ihr Kind viel Zeit in der freien Natur verbringt. Haben Sie einen eigenen Garten, können Sie Ihren Kindern eine kleine Hütte oder sogar ein Baumhaus bauen. Viel Platz – v. a. für ältere Kinder – bietet ein alter Bauwagen. Ein Campingzelt hat Abenteuercharakter, erfordert wenig Pflegeaufwand und lässt sich spontan auf- und abbauen. Zwischen Bäumen gespannte Schnüre mit Decken und alten Bettlaken erfüllen die gleiche Funktion. Verborgene Ecken hinter Gartenhäuschen und Garagen laden zum Verstecken und Spielen ein. Großer Beliebtheit erfreuen sich Höhlen in großen Büschen. Haben Sie ausreichend Platz und scheuen Sie die zusätzliche Gartenarbeit nicht, ist ein schnell wachsender Holunderstrauch optimal für kleine Verstecke im Grünen. Ein Sandkasten darf natürlich in keinem Garten fehlen, auch hier entsteht mit ein bisschen handwerklichem Geschick ein Rückzugsort. Wenige Outdoor-Spielsachen genügen, um Ihren Kindern gemeinsam mit Naturmaterialien eine eigene Welt zum Entdecken und Ausprobieren zu geben, in der sie stundenlang in fantasievolle Spiele versinken können.
Bedürfnisse von Kindern ernst nehmen
Beobachten Sie Ihr Kind gut, werden Sie merken, wann es gestresst ist und Zeit für sich selbst benötigt. Perfekt ist es, wenn Sie offene Spielzeiten fest in den Tages- und Wochenablauf einplanen können. Hat Ihr Kind Freunde zu Gast, sollten Sie es nicht zwingen, seinen privaten Rückzugsort mit diesen zu teilen. Während einige Kids es kaum erwarten können, ihren elternfreien Ort zu teilen, ist es für andere unheimlich wichtig, dass es einen Platz gibt, der nur ihnen alleine gehört. Bei vielen Kindern ändert sich mit zunehmendem Alter der Geschmack, was Farbe und Ausstattung betrifft. Nehmen Sie Veränderungswünsche ernst und unterstützen Sie Ihr Kind darin, seine eigenen Ideen zu verwirklichen. Ist die Rosa-Phase bei Mädchen vorbei, sorgen neue Kissen und ein neuer Teppich dafür, dass sich ihr Kind größer und in seinem privaten Bereich wohler fühlt. Kinder sagen selbst, wenn sie ihren Rückzugsort nicht mehr benötigen oder sich eine andere Umgebung wünschen. Denken Sie beispielsweise, dass Ihr Nachwuchs zu groß ist für ein Tipi-Zelt im Wohnzimmer, sollten Sie die Entscheidung Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter überlassen und nicht intervenieren. Was der Unterschied zwischen einem Wunsch und einem echten Bedürfnis ist, gilt es zu differenzieren.
Wertschätzung zeigen – mit kleinen Aufmerksamkeiten
Abhängig von den aktuellen Interessen Ihres Kindes können Sie sich kleine Aufmerksamkeiten überlegen, die ihm den Aufenthalt an seinem Lieblingsrückzugsort verschönern. Von einem Besuch in der örtlichen Bibliothek, in der es sich neue Bücher zum Lesen aussuchen darf, über ein hübsches Windspiel bis zu einem neuen Vergrößerungsglas für Entdeckungen im Garten gibt es unzählige Möglichkeiten, Ihrem Kind glückliche Momente zu bescheren. Liebt Ihr Kind Rollenspiele, sind Kostüme eine tolle Idee, um Ihrem Kind Spielanregungen zu liefern und beste Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es voll und ganz in seiner Rolle aufgeht.
Semiprivater Raum – Kinderzimmer
Das eigene Kinderzimmer wird bis zur Pubertät kein vollkommen privater Raum sein. Solange Eltern beim Putzen und Aufräumen helfen und Hausaufgaben überwachen, häufen sich die Aufenthaltszeiten im Kinderzimmer. Ein Bitte-nicht-stören-Schild kann – bei älteren Kindern – helfen, private Momente zu garantieren. Möchten Sie Ihrem Kind innerhalb seines privaten Raumes eine Rückzugszone einrichten, können Sie mit den gleichen Mitteln arbeiten wie im Wohnbereich. Ob hinter einem als Raumteiler umfunktioniertem Kleiderschrank, auf einer Empore oder hinter an der Decke befestigten Vorhängen – es gibt unzählige Möglichkeiten für private Zonen. Teilen sich zwei Geschwisterkinder ein Zimmer, sind abgeschottete Bereiche von enormer Wichtigkeit für die Entwicklung.
Fazit – Kindern private Freiräume geben
Private Rückzugsräume erweitern den kindlichen Aktionsradius und geben Ihrem Kind das Gefühl, eigenständig und selbstbestimmt handeln zu können. Versteckt von den Blicken neugieriger Eltern hat es Rückzugsmöglichkeiten, um sich ungestört zu entfalten. Ob im eigenen Garten, im Kinderzimmer oder Wohnbereich – wo immer sich ihr Kind wohlfühlt, sollten sie ihm die Möglichkeit geben, eine eigene Ecke zu haben, die es frei nach seinen Wünschen und Vorstellungen gestalten kann. Ist Ihr Kind entspannt, steigt sein Wohlbefinden und das Familienleben läuft konfliktfreier ab.