Hodenhochstand: Warten Sie mit der Behandlung nicht zu lange!

Laut einer aktuellen Untersuchung werden nur knapp 15 Prozent aller Jungen mit Hodenhochstand rechtzeitig, das heißt bis zum zweiten Geburtstag, behandelt. Bei verspäteter Therapie wird jedoch das Hodengewebe geschädigt und die Fruchtbarkeit kann leiden.  

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Tipps zum Thema Hodenhochstand

Die Hoden befinden sich beim Ungeborenen im Bauchraum und wandern im Normalfall bis zur Geburt in den Hodensack hinunter. Bei zwei bis vier Prozent aller Jungen (bei Frühgeborenen bis zu 30 Prozent) ist das jedoch nicht der Fall sondern der Hodenhochstand. Dann sind ein oder beide Hoden nicht im Hodensack tastbar (= Kryptorchismus). Schuld am Hodenhochstand sind z. B. hormonelle Störungen, anatomische Besonderheiten wie ein zu kurzer Samenstrang oder Hindernisse auf dem Weg nach unten, etwa ein zu enger Leistenkanal.

So kommt es zum Hodenhochstand

Beim Abstieg in den Hodensack kann der Hoden auf unterschiedlicher Höhe „hängen“ bleiben: Der Bauchhoden bleibt in der Bauchhöhle und ist nicht tastbar. Eventuell lässt er sich mit Ultraschall nachweisen. Der Leistenhoden ist im Leistenkanal tastbar, kann aber nicht in den Hodensack verschoben werden. Der Gleithoden lässt sich aus der Leiste in den Hodensack hinunterbewegen, schnellt nach dem Loslassen aber sofort in die Leiste zurück.  mit 60 Prozent am häufigsten auftretende Pendelhoden (Wanderhoden) liegt meist im Hodensack, wird bei Kälte oder Berührung aber in den Leistenkanal gezogen. Er muss in der Regel nicht behandelt werden.

Richtig handeln bei Hodenhochstand

Stellt der Kinderarzt bei Ihrem Baby einen Hodenhochstand fest, besteht zunächst kein Grund zur Panik. Der Hodenhochhebermuskel zieht die Hoden bei Berührung oder Kälte reflexartig nach oben und bringt sie damit in Sicherheit, sodass sie nicht mehr tastbar sind. Vielleicht hatte der Arzt nur etwas kalte Hände oder Ihrem Sohn war es bei der Untersuchung zu kühl. Ihr Arzt wird Ihnen einen Kontrolltermin geben und noch einmal versuchen, den/die fehlenden Hoden zu ertasten.

Mein Tipp: Hodenhochstand ertasten
 Versuchen Sie selbst, die Hoden zu ertasten, wenn Ihr Sohn entspannt im warmen Badewasser sitzt. Dann ist die Chance am größten, fündig zu werden. Streichen Sie dazu mit der Zeigefingerkante der einen Hand sanft von der Leiste in Richtung Hodensack und versuchen Sie, den Hoden dort mit der anderen Hand zu ertasten.

Sind ein oder beide Hoden wiederholt nicht im Hodensack tastbar und ist Ihr Sohn jünger als 12 Monate, sollten Sie abwarten, ob der/die Hoden nicht von selbst absteigen. Dies ist bei drei Viertel der betroffenen Jungen bis zum ersten Geburtstag der Fall. Danach ist jedoch kaum mehr mit einem Hodenhochstand zu rechnen – zumindest nicht ohne Behandlung.

Hodenhochstand spätestens bis zum 2. Geburtstag behandeln lassen

Hoden mögen’s kühl, deshalb liegen sie außerhalb der warmen Bauchhöhle. Das Hodengewebe nimmt auf Dauer Schaden, wenn die Hoden nicht in den Hodensack hinunterwandern. Durch histologische Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass das Hodengewebe bereits nach dem ersten Geburtstag Schäden erkennen lässt, die zu einer späteren Zeugungsunfähigkeit führen können. Deshalb sollte jeder Hodenhochstand spätestens bis zum zweiten Geburtstag behoben worden sein. Das ist natürlich besonders wichtig, wenn beide Hoden nicht im Hodensack liegen. Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko einer bösartigen Entartung. In hochstehenden Hoden entwickelt sich nach der Pubertät 32-mal häufiger eine Krebsgeschwulst.

Behandlung bei Hodenhochstand früh aber sanft beginnen

Liegt lediglich eine Entwicklungsverzögerung vor und ist der Hoden bereits im Leistenkanal tastbar, kann durch eine homöopathische Behandlung mit gutem Erfolg eine Wanderung des Hodens in den Hodensack erreicht werden. Die Erfolgsaussichten sind dann bei der Wahl des richtigen Mittels (bitte nur durch einen erfahrenen Homöopathen!) annähernd so groß wie unter einer Hormontherapie. Die Hormonbehandlung kommt als Alternative oder bei Versagen der Homöopathie in Betracht.

Dabei gibt es zwei Möglichkeiten zur Behandlung von Hodenhochstand: Zunächst bekommen die kleinen Patienten meist ein Gonadotropin-Nasenspray (verschreibt der Kinderarzt), von dem sie vier Wochen lang 3-mal täglich zwei Sprühstöße erhalten. Führt dies nicht zum Erfolg, kann eine Spritzenbehandlung angeschlossen werden. Dabei wird ein anderes Hormonpräparat 3-mal im Abstand von einer Woche gespritzt. Die Hormontherapie ist umso erfolgreicher, je weiter unten im Leistenkanal sich der Hoden bereits befindet. Leider bleiben auch nach erfolgreicher Hormonbehandlung nur 50 bis 75 Prozent der behandelten Hoden im Hodensack. Zudem gibt es Nebenwirkungen, die sich aber nach Beendigung der Hormontherapie wieder zurückbilden. Es kann zu Aggressivität, Unruhe, vermehrten Erektionen sowie einem Wachstum von Penis und gelegentlich auch Schambehaarung kommen.

Bleiben die homöopathische und/oder die Hormonbehandlung erfolglos, sollte der hochstehende Hoden vor dem zweiten Geburtstag operativ in den Hodensack verlagert werden. Der kleine Eingriff wird als Orchidopexie bezeichnet und kann oft sogar ambulant erfolgen. Dabei werden die Hoden samt Samenstrang am tiefsten Punkt des Hodensacks festgenäht.