Wie viele Vitamine brauchen Kinder?

Viele Lebensmittel, speziell Kinderlebensmittel, werben mit Vitaminen und Mineralstoffen oder mit der „Extra-Portion Milch“. Was bringen Multivitaminsäfte oder „gesunde Vitamine für Kinder zum Naschen“? Sind extra Vitamine für Kinder wirklich nötig, oder dienen sie eher der Beruhigung des elterlichen Gewissens? Ehrliche Antworten finden Sie hier. 

Inhaltsverzeichnis

Gesunde Kinderernährung

Kinder im Wachstum brauchen besonders viele Vitamine – so schallt es Eltern aus allen Ecken entgegen. Und weil die lieben Kleinen nicht selten überzeugte Gemüseverächter sind, haben die meisten Eltern Angst, ihr Kind könnte womöglich unter Mangelerscheinungen leiden.

Wie viele Vitamine braucht Ihr Kind?

Die korrekte Antwort auf diese Frage wird Sie wenig begeistern: So genau weiß man das nicht. Aber da gibt es doch diese Empfehlungen für die tägliche Vitaminzufuhr, werden Sie einwenden.

Die „D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr“ sind das Standardwerk für Nährstoffempfehlungen im deutschsprachigen Raum. Ernährungswissenschaftliche Fachorganisationen der drei beteiligten Länder Deutschland (D), Österreich (A) und Schweiz (CH) haben diese Referenzwerte entwickelt. Für Deutschland ist das die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Referenzwerte für Vitamine und Nährstoffe für Kinder sind oft ungenau

Die detaillierten Angaben für jedes Lebensalter lassen vermuten, dass recht genau bekannt sein muss, wie viel ein Kind in welchem Alter braucht. Das ist jedoch nicht der Fall. So sind die  angegebenen Werte für die ganz Kleinen bis zum 4. Lebensmonat grundsätzlich  Schätzwerte. Denn die Datenbasis für den Nährstoffbedarf bei Kindern ist mangelhaft. Eine 2003 durchgeführte Datenbankanalyse (Professor Koletzko, München) über alle verfügbaren Artikel zur Nährstoffzufuhr erbrachte folgendes Ergebnis: Es wurden 176 Einträge für Erwachsene und 53 für Säuglinge gefunden, aber nur 21 für Vorschulkinder von zwei bis fünf Jahren sowie 29 für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren.

Selbst für Erwachsene, bei denen viel genauer bekannt ist, welche Vitaminzufuhr erforderlich ist, existieren für verschiedene Vitamine wie Vitamin E oder Biotin lediglich Schätzwerte. Zudem sind die Empfehlungen für die Vitaminzufuhr in verschiedenen Ländern unter- schiedlich (der empfohlene Vitamin-C-Bedarf für Erwachsene schwankt z. B. zwischen 45 und 100 mg) und können sich auch mit der Zeit ändern. Die empfohlenen Werte sind grundsätzlich so bemessen, dass sie weit über den Werten liegen, bei denen Mangelerscheinungen auftreten. Den in Studien gemessenen Durchschnittswerten wird in der Regel ein Sicherheitszuschlag von 20 bis 30 Prozent hinzugerechnet. Deswegen muss Ihr Kind selbst dann keine Vitaminmangelerscheinungen bekommen, wenn es die empfohlenen Referenzwerte nicht erreicht.

Und nicht zuletzt: Die Nährstoffempfehlungen für Kinder werden aufgrund der Lückenhaftigkeit der Daten oftmals aus Werten für Erwachsene und für Säuglinge errechnet, meist auf der Grundlage durchschnittlicher altersbezogener Daten zum Körpergewicht oder zur Körperoberfläche. Es ist allerdings nirgends belegt, dass damit die Ernährungsbedürfnisse von Kindern wirklich altersgerecht abgedeckt werden!

Vitamine für Kinder: Auch zu viel kann schädlich sein!

Vitamine sind gesund, deswegen glauben Eltern nicht selten „viel hilft viel“. Das stimmt jedoch nicht! Von einigen Vitaminen und Mineralstoffen kann auch ein Zuviel ungesund sein.

  • Beta-Carotin: Dieser sekundäre Pflanzenstoff kann in höheren Dosen (ab 2 mg pro Tag) möglicherweise das Lungenkrebsrisiko von Rauchern steigern. Aus Sicherheitsgründen sollte auch bei Kindern nicht mit künstlichen Zusätzen (z. B. im Multivitaminsaft) überdosiert werden.
  • Vitamin B6: Von diesem Vitalstoff dürfen nicht mehr als 10 mg pro Tag zugeführt werden, sonst kann es zu Sensibilitätsstörungen in Armen und Beinen kommen.
  • Vitamin A: Dieses fettlösliche Vitamin wird im Körper gespeichert. Bei einer Überdosierung (langfristig erhöhte Aufnahme oder kurzfristige Aufnahme von mehr als 200.000 I.E. pro Tag) können Übelkeit, Reizbarkeit und unscharfes Sehen auftreten, in schweren Fällen sogar  Wachstumsverzögerungen, Leber- und Milzschäden, Haarausfall und rheumatische Beschwerden.
  • Vitamin D: Bei einer Überdosierung (langfristig mehr als 1.000 I.E. täglich, Achtung: Bei Frühchen können zur Rachitis-Vorbeugung 1.000 I.E. pro Tag erforderlich sein!) können Übelkeit,  Gewichtsverlust und Reizbarkeit auftreten, in schweren Fällen auch eine Verzögerung der geistigen und körperlichen Entwicklung sowie eine Entkalkung der Knochen.
  • Vitamin E: Eine Überdosierung (mehr als 250 bis 500 mg täglich) kann Kopfschmerzen, Übelkeit sowie eine vermehrte Blutungsneigung hervorrufen.
  • Zink: Dieses Spurenelement stärkt die Abwehrkräfte. Wird es jedoch in zu großen Mengen  konsumiert (mehr als 110 mg täglich), kann es das Gegenteil bewirken und das Immunsystem schwächen.
  • Selen: Eine erst kürzlich veröffentlichte Studie zeigte, dass sich bei Erwachsenen bei einer Selenzuführ von 200 Mikrogramm (empfohlen werden 90 Mikrogramm, aber selbst das ist lediglich ein Schätzwert) das Risiko, an Diabetes (Zuckerkrankheit) zu erkranken, verdoppelt.
  • Bei Vitamin C sollten es täglich nicht mehr als 1.000 mg sein, da bei Überdosierung Bauchschmerzen und Durchfall auftreten können.
  • Das Gleiche gilt für Eisen (ab 5 mg pro Kilogramm Körpergewicht).
  • Zu viel Kalzium kann zu Verstopfung führen, während zu viel Magnesium Durchfall und Müdigkeit hervorrufen kann.