Die richtige Ernährung bei ADHS

Immer wieder werden Diäten zur Behandlung von ADHS propagiert. Welche Ernährungsformen nur eine unnötige Belastung für Ihr Kind darstellen und welche bei ADHS wirklich sinnvoll sind, zeigt Ihnen dieser Beitrag. Extra: So gehen Sie vor, wenn Sie Nahrungsmittel als Auslöser von ADHS vermuten.  
Inhaltsverzeichnis

ADHS Diät

Zu Sinn und Unsinn von Diäten bei ADHS gehen die Meinungen weit auseinander. Während die meisten Kinderpsychiater, Psychologen und Kinderärzte darin nur eine zusätzliche Belastung für das Kind ohne nachgewiesenen Nutzen sehen berichten Heilpraktiker, Umweltmediziner und nicht zuletzt eine ganze Reihe von Eltern über geradezu erstaunliche Erfolge einer Diät. Die drei am häufigsten propagierten Diätformen zur Behandlung des ADHS lernen Sie nachfolgend kennen.

Welche Ernährung bei ADHS? Die Feingold-Diät

Der kalifornische Arzt Ben Feingold berichtete 1973 erstmals über seine Hypothese, nach der Nahrungsmittelzusätze die Ursache für Hyperaktivität, Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten darstellen. 1975 veröffentlichte er seine Diätempfehlungen in dem Buch „Why Your Child Is Hyperactive“. Danach sollen alle Zusatzstoffe, wie künstliche Aroma-, Farb- und Konservierungsstoffe, und darüber hinaus auch natürlicherweise in pflanzlichen Nahrungsmitteln vorkommende Salizylate gemieden werden. Letztere finden sich praktisch in fast allen Obstsorten, insbesondere in Beeren, aber auch in Äpfeln, Aprikosen, Pfirsichen, Pflaumen oder Orangen, sowie einigen Gemüsesorten wie z. B. Gurken. Diese Form der Diät wurde in mehreren Studien an hyperaktiven Kindern erprobt, und es zeigte sich, dass diese den Verzehr von Obst stark einschränkende Diät nur in Einzelfällen eine Besserung erbrachte. Diese Form der ADHS Diät ist daher nicht zu empfehlen.

Die richtige Ernährung bei ADHS: Phosphatarme Ernährung nach Hafer

In den 80er Jahren stellte die Apothekerin Herta Hafer die Theorie auf, wonach Phosphate in Nahrungsmitteln zu einer Störung der Hirnfunktion führen. Daraus entwickelte sie eine sehr umfangreiche Ausschlussliste von Nahrungsmitteln, die natürliche oder zugesetzte Phosphate enthalten und daher bei Hyperaktivität zu meiden sind. Hierzu gehören unter anderem Milch und Milchprodukte, Zitrusfrüchte, Fruchtsäfte, Cola, Vollkornprodukte (insbesondere Hafer), Nüsse und nusshaltige Nahrungsmittel, Wurstwaren, Lecithin, Back- und Puddingpulver sowie daraus hergestellte Produkte und alle kakaohaltigen Nahrungsmittel (z. B. Schokolade). Weiterhin sind sämtliche Zusatzstoffe zu meiden sowie Zucker. In einer kontrollierten Studie, die an der Mainzer Universitäts-Kinderklinik durchgeführt wurde, ließ sich die Phosphat-Hypothese der Hyperaktivität nicht belegen. Die phosphatreduzierte Diät erbrachte unter Studienbedingungen keine nachweisbaren Erfolge. Trotzdem berichten sowohl Eltern als auch Ärzte, dass vor allem künstliche Phosphatzusätze das Verhalten hyperaktiver Kinder negativ beeinflussen. Bei den Kindern mit ADHS, die auf eine Diät positiv reagieren, scheint Phosphat aber nur ein Faktor unter vielen zu sein. Phosphate sind notwendiger Bestandteil der Ernährung und z. B. in Form von Kalziumphosphat in den Knochen gespeichert. Wird die beschriebene phosphatarme Diät über einen längeren Zeitraum ganz konsequent durchgeführt, kann es zu einer Mangelernährung kommen.

Oligoantigene Diät bei ADHS nach Egger

Die so genannte oligoantigene (arm an Antigenen/Allergieauslösern) ADHS Diät ist noch sehr viel einschränkender als die beiden zuvor genannten Diätformen. Sie wird jedoch nur als vorübergehende strenge Weglassdiät eingesetzt, mit der getestet werden kann, ob Nahrungsmittel als Auslöser eines ADHS mit Hyperaktivität in Frage kommen. Professor Egger geht dabei von der These aus, dass prinzipiell jedes Nahrungsmittel zu einer Verhaltensänderung im Sinne von Hyperaktivität, schlechtem Schlaf, aber auch Verschlechterung von Merkfähigkeit und Konzentration führen kann, sofern es für das betreffende Kind unverträglich (allergen) ist. Leider lassen sich Nahrungsmittelallergien oder –unverträglichkeiten nur unzuverlässig mit den üblichen Allergietests nachweisen. Diese Allergietests (RAST = Bluttest, Pricktest = Aufbringen von Allergenen in Tropfenform auf den Unterarm und anschließendes Durchstechen mit einer Lanzette) können nur Allergien vom Soforttyp nachweisen, die innerhalb Minuten bis Stunden nach dem Verzehr des betreffenden Nahrungsmittels auftreten. Diese Form der Allergie ist aber gerade bei Kindern mit ADHS und Hyperaktivität eher selten. Viel häufiger sind Verhaltensänderungen nach Stunden bis Tagen, die dabei natürlich unentdeckt bleiben. Hier ist lediglich die oligoantigene Diät erfolgversprechend. Nach einer strengen Diätphase von drei bis vier Wochen wird die Ernährung in den folgenden zwei bis drei Monaten wieder schrittweise aufgebaut, indem jeweils immer nur ein zusätzliches Nahrungsmittel ergänzt wird. Dadurch ist es möglich, individuell für jedes Kind die unverträglichen Nahrungsmittel zu erkennen, die dann auch weiterhin gemieden und durch verträgliche Alternativen ersetzt werden müssen. Klinische Studien (darunter auch doppelblinde, placebokontrollierte Studien, die Verfälschungen durch erwartete positive Effekte unter Diät weitestgehend ausschließen) belegen, dass sich bei 30 bis 80 Prozent der diätetisch behandelten Kinder eine Verbesserung des Verhaltens sowie eine Verringerung der Hyperaktivität erzielen ließ, mitunter bis hin zur völligen Normalisierung. Es zeigte sich, dass folgende Auslöser am häufigsten zu hyperaktivem Verhalten führten: synthetische Farb- und Konservierungsstoffe, aber auch (Grund-) Nahrungsmittel wie Kuhmilch und Milchprodukte, Getreide (vor allem Weizen), Hühnerei, Schokolade oder Zitrusfrüchte. Bezugsquellen: Produkte der Firma Hammermühle sind erhältlich in Reformhäusern oder über www.hammermuehle-online.de; Produkte der Marke Bamboo Garden finden Sie in gut sortierten Supermärkten. Vitamin-B-Komplex plus (PZN: 0267163) ist rezeptfrei erhältlich in Apotheken, 120 Kapseln für 29,95 ; ebenso Ascorell®-Pulver, 100 Gramm für 5,60 . Adressen von Kliniken oder Therapeuten, die in der diätetischen Behandlung von Kindern mit ADHS erfahren sind: • oligoantigene Diät nach Egger: TU-Kinderklinik München Schwabing, Kölner Platz 1, 80804 München; Kontakt: ADS- und Kopfschmerz-Sprechstunde (Frau Dr. A. Weitensteiner, Frau Dr. C. Facaoaru;), Tel. 089/3068-2371 • weitere Adressen von Ärzten und Ernährungsberatern unter http://www.adhs-deutschland.de/.[break]

Testdiät bei Verdacht auf Nahrungsmittelallergie

Die im Folgenden beschriebene ADHS Diät ist sehr einschränkend und sollte möglichst unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden. Auch verlangt sie ein großes Maß an Kooperation sowohl von den Eltern als auch vom betroffenen Kind, dem die Diät nach Möglichkeit nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden sollte. Am ehesten lässt sich solch eine radikale Ernährungsumstellung in einer Klinik durchführen (Adressen siehe oben). Finden Sie in Ihrer Umgebung keinen Arzt bzw. keine Ernährungsberaterin, der/die Sie und Ihr Kind berät und betreut, ist es für längstens acht bis zehn Tage zu verantworten, diese Diät in Eigenregie zu Hause durchzuführen, da auf längere Sicht eine Mangelernährung droht! Reagiert Ihr Kind wirklich auf Nahrungsmittel oder Lebensmittelzusätze, werden Sie mit größter Wahrscheinlichkeit bereits Ende der ersten Diätwoche eine Verbesserung feststellen können. Ist das der Fall, sollten Sie sich bezüglich des weiteren Vorgehens unbedingt an eine der oben genannten Adressen wenden! Beenden Sie trotzdem in jedem Fall die Testdiät und orientieren Sie sich an einer vollwertigen Ernährung, bis Sie eine ärztlich oder ernährungstherapeutisch geleitete Diätumstellung beginnen können.

Die richtige Ernährung bei ADHS: Erlaubte Nahrungsmittel

Verwenden Sie bitte Nahrungsmittel aus biologischem Anbau bzw. biologischer Haltung (z. B. Demeter, Naturland)!
  • Fleisch: Lamm, Pute (auch geräucherte Putenbrust ohne Paprikarand)
  • Stärketräger: Reis, Kartoffeln und daraus hergestellte Produkte (z. B. Vollreiswaffeln mit Meersalz der Firma Hammermühle; Mihoen chinesische Reisnudeln der Marke Bamboo Garden, auch selbst gemachte Pommes oder selbst gemachter Kartoffelbrei mit Wasser und etwas Öl sind möglich)
  • Gemüse: Blumenkohl, Brokkoli, Gurken, Kürbis (reich an Betacarotin, der Vorstufe von Vitamin A!), Kohlsorten (wie Weiß- und Rotkohl, Chinakohl, Wirsing – reich an Vitamin C!), Zucchini (wählen Sie davon diejenigen Sorten aus, die Ihr Kind auch essen mag!)
  • Obst: Bananen, Birnen (am besten gekocht als Kompott; auch reiner Birnendicksaft aus dem Reformhaus als Aufstrich – sparsam!)
  • Fett: kalt gepresstes Oliven- oder Sonnenblumenöl
  • Getränke: Leitungswasser oder stilles Mineralwasser aus der Glasflasche
  • Meersalz ist als Gewürz erlaubt
Leider gibt es kein geeignetes streng hypoallergenes (allergenarmes) Multivitaminpräparat auf dem deutschen Markt. B-Vitamine können über das hypoallergene Präparat Vitamin-B-Komplex plus der Firma hypo-A zugeführt werden (1-mal täglich 1 Kapsel). Kann Ihr Kind die Kapsel nicht schlucken, öffnen Sie diese und geben ihm den Inhalt auf einem Löffel mit etwas Wasser oder Nahrung. Zur Ergänzung der Mineralstoffe Kalzium und Magnesium lassen Sie sich am besten in der Apotheke eine Mischung aus 20 Gramm Kalziumkarbonat (CaCO3) sowie 10 Gramm Magnesiumkarbonat (MgCO3) herstellen und in Briefchen zu 2 Gramm portionieren (15 Briefchen ca. 9,90 €). Lösen Sie 1-mal täglich den Inhalt eines Briefchens in einem halben Glas Wasser unter Zugabe einer Messerspitze reinen Vitamin-C-Pulvers (z. B. Ascorell®) auf und lassen Sie Ihr Kind das Glas leer trinken, nachdem sich die Lösung unter Aufbrausen geklärt hat. Bestehen zusätzlich mehrere der folgenden Symptome, kann Ihr Kind an einer unerkannten Nahrungsmittelallergie oder -unverträglichkeit leiden:
  • bestehende allergische Erkrankungen wie Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis oder andere Ekzeme
  • stark erhöhte Infektanfälligkeit, wiederholte Mittelohrentzündungen, ständig verstopfte Nase, wiederholter oder ständiger Husten
  • typischer Gesichtsausdruck: auffallende Gesichtsblässe, tiefe, dunkle Augenringe, Falten im Bereich der Unterlider, anfallsweise knallrote Wangen und/oder Ohren
  • Gelenkbeschwerden, auch so genannte „Wachstumsschmerzen“
  • Kopfschmerzen, vor allem Migräne
  • Bauchbeschwerden: Bauchschmerzen, häufig Übelkeit und/oder Erbrechen, Blähungen, wiederholt oder ständig Durchfall oder Verstopfung
  • weitere mögliche Anzeichen: übermäßiges Schwitzen, Schlaflosigkeit, ständige Müdigkeit, starke Stimmungsschwankungen, Heißhunger auf bestimmte Lieblingsspeisen
Bitte beachten Sie, dass all die genannten Beschwerden keinesfalls immer durch eine Nahrungsmittelallergie bedingt sind, sondern meist sogar andere Ursachen haben! Wenden Sie sich daher grundsätzlich zunächst an Ihren Kinderarzt oder einen Allergologen.