Glutamat: Harmlos oder gefährlich?
Der Geschmacksverstärker steckt in vielen Nahrungsmitteln und wurde als Auslöser des „China-Restaurant-Syndroms“ verdächtigt. Lesen Sie hier, warum Glutamat längst nicht so gefährlich ist wie befürchtet, Sie einer zu großzügigen Aufnahme aber trotzdem vorbeugen sollten.
Schadstoffe in Nahrungsmitteln vermeiden
Glutaminsäure (E 620) und ihre Salze (E 621 bis 625), vor allem Mononatriumglutamat, schmecken salzig-süß und würzigpikant nach Fleisch oder Fleischbrühe, verstärken aber auch den Eigengeschmack von Speisen. Deshalb werden sie von der Nahrungsmittelindustrie gerne eingesetzt in: pikanten Fertiggerichten (Fleisch, Fisch, Gemüse), Tütensuppen servierfertigen Tiefkühlgerichten und Konserven Würzmitteln, Brühwürfeln, Instantpulvern für Bouillon Gewürzmischungen, Salatsoßen Knabberartikeln wie z. B. Kartoffelchips Nicht immer jedoch werden Sie Glutamat als E 621 oder Natriumglutamat deklariert finden. Glutamat kann sich auch hinter Bezeichnungen wie Würze, Hefeextrakt (oft in Bio-Erzeugnissen!) oder Aroma verbergen.
Glutamat: eine natürlich vorkommende Verbindung
Glutaminsäure bzw. ihre Salze, die Glutamate, kommen natürlicherweise in vielen Nahrungsmitteln vor, insbesondere in proteinreichen Nahrungsmitteln wie Milchprodukten, Fleisch und Fisch sowie in zahlreichen Gemüsesorten. Speziell Nahrungsmittel, die wegen ihres besonderen Aromas geschätzt werden, etwa Pilze, Tomaten oder Sojasoße, enthalten viel Glutamat (siehe Tabelle).
Der natürliche Glutaminsäure- bzw. Glutamatgehalt in Nahrungsmitteln (in Milligrammpro 100 Gramm)
Glutamat
Roquefort-Käse 1.280 mg/100g
Parmesan 1.200 mg/100g
Sojasoße 1.090 mg/100g
Pilze (aus der Dose) 240 mg/100g
Tomaten 140 mg/100g
Glutaminsäure
Cheddar-Käse 700 mg/100g
Schinken 670 mg/100g
Brustfleisch von Huhn oder Pute 625 mg/100g
Milch (ein Glas) 580 mg/100g
mittelgroßes Hühnerei 570 mg/100g
Auch im menschlichen Stoffwechsel werden täglich erhebliche Mengen (ca. 50 Gramm!) Glutamat gebildet. Natriumglutamataus der Nahrung wird vom Körper gleich gut aufgenommenund verstoffwechselt wie natürliches Glutamat. Dies gilt auch fürKinder, die Glutamat schon mit der Muttermilch aufnehmen,welche etwa zehnmal mehr Glutamat enthält als Kuhmilch
Wichtig für die Signalübertragung im Gehirn
Die Glutaminsäure, eine Aminosäure, wird als Ausgangsstoff für körpereigene Proteine benötigt. Sie ist als Neurotransmitter (Botenstoff zur Informationsübertragung im Gehirn) z. B. für die Schmerzübertragung, das Körperwachstum, die Gewichtsregulierung und die Appetitsteuerung wichtig. Die Zellen des Gehirns produzieren die benötigte Glutaminsäure selbst. Glutamin, eine weitere Aminosäure, die aus der Glutaminsäure gebildet werden kann, aber überwiegend mit der Nahrung aufgenommen wird, fördert die geistige Leistungsfähigkeit und die Intelligenzentwicklung. Es stellt außerdem Energie für alle Körperzellen bereit und stärkt das Immunsystem. Das über die Nahrung zugeführte Glutamat kann die Blut-Hirn-Schranke, die verhindert, dass unerwünschte Stoffe aus dem Blut in das Gehirn gelangen, nicht passieren. Selbst bei einer glutaminsäurereichen Ernährung konnten keine erhöhten Konzentrationen im Gehirn festgestellt werden, sofern die Blut-Hirn-Schranke nicht krankheitsbedingt „undicht“ ist.
Glutamat als Nervengift?
Diskutiert wird jedoch der Einfluss von Glutamat auf die Entwicklung gewisser neurologischer Erkrankungen. Bei Erkrankungen wie Hirnhautentzündung oder Alzheimer ist die Blut-Hirn-Schranke möglicherweise gestört. Ein Zusammenhang mit der Alzheimer-Erkrankung ist also denkbar. Aus Tierversuchen, etwa an Mäusen, ist bekannt, dass Glutamat in sehr hohen Dosen zum Verlust von Gehirnzellen führt. Beim gesunden Menschen ist aber selbst bei einer Ernährung mit glutaminsäurereichen Nahrungsmitteln eine schädigende Wirkung äußerst unwahrscheinlich, da die Blut-Hirn-Schranke die dafür erforderlichen extrem hohen Dosen im Gehirn verhindert. Bei einer Störung des Gehirnstoffwechsels ist eine Schädigung zumindest denkbar, wenn auch nicht sonderlich wahrscheinlich. Denn in asiatischen Ländern, in denen der durchschnittliche Verzehr von Glutamat als Geschmacksverstärker täglich bei rund 1.200 bis 1.700 Milligramm (mg) liegt, kommt z. B. Alzheimer keineswegs gehäuft vor. Im Vergleich: Ein Mitteleuropäer verzehrt demgegenüber pro Tag durchschnittlich nur 300 bis 500 mg Glutamat als Geschmacksverstärker, Kleinkinder bringen es einer EU-Studie zufolge auf bis zu 560 mg. In mehreren Studien gelang es nicht, Glutamat als Auslöser für das „China-Restaurant-Syndrom“ mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwitzen nach chinesischem Essen eindeutig festzustellen.
Warum Glutamat trotzdem mit Vorsicht zu genießen ist
Gerade Kinder sollten zugesetztes Glutamat als Geschmacksverstärker nicht täglich zu sich nehmen. Zum einen aus kulinarischen Gründen: Sind sie erst einmal an den Einheitsgeschmack von Glutamat gewöhnt, verlieren sie die Sensibilität für das natürliche Aroma von Nahrungsmitteln. Zum anderen kann Glutamat den Appetit anregen und so möglicherweise Übergewicht fördern. Das ist bekanntlich ein zunehmendes Problem. Ob diese Zunahme unter anderem auch mit dem steigenden Glutamatverzehr zu tun hat, der sich seit den 70er Jahren verfünffacht hat, sei jedoch dahingestellt.