So helfen Sie Ihrem Kind seine Konzentration zu verbessern

Kinder mit mangelnder Konzentration wirken ungeduldig und unruhig. Sie brauchen lange für ihre Hausaufgaben und wissen oft nicht, was sie eigentlich aufhaben. Einzelne dieser Punkte treffen auf alle Kinder immer wieder mal zu – doch was ist noch normal und was schon förderbedürftig? 

Inhaltsverzeichnis

Störfaktoren der Konzentration erkennen und beseitigen

Vielleicht haben auch Sie schon im Lehrergespräch hören müssen, Ihr Kind sei unaufmerksam und hat Probleme mit der Konzentration. Möglicherweise kennen Sie das Problem mit der fehlenden Konzentration auch von zu Hause oder aus dem Kindergarten und machen sich Gedanken darüber, ob Ihr Kind Konzentrationsstörungen hat und wie Sie ihm helfen können. Wenn Sie es daheim mit einem unkonzentrierten Kind zu tun haben, dann kennen Sie die Auswirkungen auf den Alltag nur allzu gut. Ihr Kind hört nicht zu, es beendet angefangene Aufgaben nicht, es schweift bei den Hausaufgaben ab und sitzt manchmal stundenlang daran oder es wirkt vergesslich und unruhig. Selbst wenn diese Symptome mangelnder Konzentration nur ab und zu auftreten, brauchen Sie gute Nerven und viel Geduld, um nicht ärgerlich zu werden.

Doch was hilft, wenn Ihr Kind verträumt aus dem Fenster guckt und unruhig auf seinem Stuhl kippelt. Wenn wir uns konzentrieren, sind wir ganz bei der Sache und lassen uns nicht ablenken. Unsere gesamte Aufmerksamkeit ist auf eine Tätigkeit gerichtet, wir sind sehr interessiert, motiviert und stark engagiert.

Stellen Sie sich einen dunklen Raum vor, in dem ein einziger heller Scheinwerfer einen Stuhl beleuchtet. Der Betrachter richtet dann seine gesamte Konzentration nur auf den Stuhl. Die Dinge um ihn herum treten in den Hintergrund, sind im Halbdunkel und kaum noch zu erkennen. Der gut beleuchtete, helle Stuhl jedoch ist in all seinen Details sichtbar. Von Ihrem Schulkind wird Tag für Tag im Unterricht ein hohes Maß an Konzentration verlangt. Nur wenn es ihm gelingt, seine Konzentration willentlich auf den Unterricht und den Lernstoff zu richten, wird es in der Schule Erfolg haben.

Die mangelnde Konzentration ist auch im Familienalltag schwierig, bedroht aber besonders den Schulerfolg, denn gerade hier wird mit zunehmendem Alter selbstständiges und konzentriertes Arbeiten gefordert. Wenn Kinder das nicht schaffen, verpassen sie wichtigen Schulstoff und können die Leistungsanforderungen auf Dauer nicht mehr erfüllen.

Ihr Kind muss die Fähigkeit entwickeln, sich nicht ablenken zu lassen. Das ist gar nicht so einfach, denn gerade in einem Klassenzimmer gibt es jede Menge anderer Reize. Das Geschehen vor dem Fenster, ein neuer Mitschüler oder das Geflüster zwischen den Klassenkameraden können Ihr Kind leicht ablenken. Außerdem ist nicht jede Unterrichtsstunde spannend und interessant, und nicht alle Kinder begeistern sich für die gleichen Themen. Da ist es an der Tagesordnung, dass einzelnen Schülern die notwendige Konzentration fehlt.

Störungen der Konzentration: Normal oder behandlungsbedürftig?

Wie in allen Bereichen gilt auch bei der Konzentration, dass es zwischen totaler Unaufmerksamkeit und höchster Konzentration viele Abstufungen gibt. Der Begriff Konzentrationsstörung bezeichnet eine Schwäche oder Beeinträchtigung der Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit auf eine Tätigkeit gerichtet zu halten. Problematisch wird es immer dann, wenn die Konzentration für bestimmte, wichtige Situationen nicht hergestellt werden kann. So ist es für ein Schulkind wichtiger, sich während des Unterrichts zu konzentrieren als nachmittags beim Spielen mit Freunden. Es ist aber auch sehr viel schwerer, sich während der Schulstunden zu konzentrieren, weil diese nicht immer interessant und spannend sind. Und hier liegt die Kunst der Konzentration: aufmerksam zu sein trotz mangelndem Interesse.

Wie gelingt Konzentration? 

Lautstarke Auseinandersetzungen und die eventuell angedrohten Strafen bringen oft nur kurzzeitig Erfolg, denn Kinder mit mangelnder Konzentration sind nicht absichtlich unaufmerksam. Sie leiden meistens selber unter der leichten Ablenkbarkeit und würden ihr Verhalten gern ändern – doch alleine schaffen sie es nicht. Natürlich gibt es immer wieder Kinder, die unter einer medizinischen Störung, wie beispielsweise dem hyperkinetischen Syndrom oder ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom), leiden. Diese Kinder benötigen fachärztliche Hilfe und spezielle Förderprogramme, eventuell sogar Medikamente. Den meisten unkonzentrierten Kindern kann jedoch durch eine Umstellung Ihres Alltags schon gut geholfen werden. Einiges können Sie zu Hause tun, damit sich die Konzentration Ihres Kindes und damit auch sein Lernverhalten verbessert, damit es sein Leistungspotenzial voll ausschöpfen kann.

Sprechen Sie eine klare Sprache

Sowohl im Familienalltag als auch beim Lernen müssen Kinder genau wissen, welche Anforderungen an sie gestellt werden. Manches scheinbar unkonzentrierte Verhalten ist lediglich dadurch bedingt, dass das Kind gar nicht weiß, was eigentlich von ihm verlangt wird. Vergewissern Sie sich durch Nachfragen, ob Ihr Kind verstanden hat, was Sie von ihm wollen. Seien Sie dabei konkret und deutlich: „Ich möchte, dass du um 15 Uhr an deinem Schreibtisch sitzt und Hausaufgaben machst.“ Unklare Anforderungen wie „Du kannst noch kurz draußen spielen und kommst dann rein, um deine Hausaufgaben zu machen“ sind gerade für unaufmerksame Kinder schwer zu verstehen. Ihre Vorstellung von „kurz“ ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine andere als die der Eltern.

Formulieren Sie also alle Anweisungen an Ihr Kind so klar wie möglich und kontrollieren Sie deren Einhaltung. Ist das Kind um 15 Uhr noch nicht vom Spielen zurück, muss es geholt werden. Hat es das Meerschweinchen bis zum Abend immer noch nicht gefüttert, muss es dies vor dem Zu-Bett-Gehen noch tun. Strafen sind gerade für jüngere Kinder nicht geeignet, um ihr Konzentrationsvermögen zu stärken. Besser ist es, das Kind konsequent und liebevoll immer wieder zu der nicht beendeten Aufgabe zurückzuführen.

Ohne Konzentration lernt es sich schlecht

Besonders belastend ist eine Konzentrationsschwäche in allen Lernsituationen, was sich daheim am ehesten bei den Hausaufgaben zeigt. Unkonzentrierte Kinder vergessen, was sie aufhaben, zögern den Anfang der Hausaufgaben hinaus und sitzen ewig daran. Obwohl sie keine Verständnisprobleme haben, sind die Hausaufgaben Tag für Tag eine Qual. Betroffene Mütter (und immer öfter auch Väter) wissen, wovon ich spreche. Wenn sich der Nachmittag nur noch um die Schularbeiten des Kindes dreht, liegen die Nerven blank und die Emotionen kochen verständlicherweise hoch. Anstatt sich immer wieder im Kreis zu drehen und sich über die Symptome zu ärgern, sollten Sie den Ursachen der eingeschränkten Konzentration auf den Grund gehen.

Checkliste: Störfaktoren die die Konzentration Ihres Kindes beeinträchtigen können

Lernpsychologische AspekteJa/Nein
Ihrem Kind fehlen klare Richtlinien, z. B. eine festgelegte Hausaufgabenzeit oder ein klar abgesprochenes Lernpensum
Ihrem Kind fehlen effiziente Lerntechniken. Es weiß nicht, wie es effektiv arbeiten soll
Ihr Kind hat gar keinen eigenen Arbeitsplatz
Der Lerntyp Ihres Kindes wird gar nicht bedient, so dass z. B. ein auditiver Lerntyp (lernt über das Zuhören) ausschließlich mit visuellen (über das Auge dargebotenen) Lernmaterialien arbeitet.
Der Arbeitsplatz Ihres Kindes ist nicht optimal, z. B. zu unruhig oder zu dunkel
Ihr Kind ist unter-oder überfordert, was im Zweifelsfall durch einen Intelligenztest geklärt werden kann
Körperliches BefindenJa/Nein
Ihr Kind kann sich schlecht entspannen
Ihr Kind ist unmotiviert und lustlos
Ihr Kind hat Hunger oder Durst
Ihr Kind ist Lärm ausgesetzt (stark befahrene Straße, laute Geschwister etc.)
Ihr Kind ist erschöpft und ausgepowert
Ihr Kind hat einen vollen Magen
Ihr Kind leidet unter Bewegungsmangel
Psychosoziale AspekteJa/Nein
Ihr Kind hat wenig Selbstdiziplin
Ihr Kind hat Streit mit Freunden oder Geschwistern
Ihr Kind setzt sich zu hohe Ziele (Leistungsdruck)
Ihr Kind wird durch innere Gedanken abgelenkt
Ihr Kind über- oder unterschätzt sein Können
Ihr Kind kann sein Verhalten selbst schlecht steuern
Ihr Kind kann nicht alleine arbeiten

Auswertung: Wenn auch nur zwei oder drei dieser Punkte auf Ihr Kind zutreffen, sind Sie den Ursachen für seine Konzentrationsprobleme schon ein ganzes Stück näher gekommen. Versuchen Sie nun, die einzelnen Ursachen Schritt für Schritt zu beseitigen.

So beseitigen Sie Störfaktoren im Bereich „Lernpsychologische Aspekte und Lernumgebung“

Für ein konzentriertes und entspanntes Arbeiten braucht Ihr Kind einen eigenen Arbeitsplatz. Das muss nicht immer der Schreibtisch im Kinderzimmer sein, denn manche Kinder fühlen sich dort zu einsam. Der Küchen- oder der Esstisch tun es durchaus auch, jedoch darf dort nicht zu viel Ablenkung sein. Wichtig ist, dass der Arbeitsplatz immer derselbe ist und dass dort genügend Platz für alle benötigten Lernmaterialien zur Verfügung steht. Die Anwesenheit eines anderen Erwachsenen im Raum, der still einer eigenen Beschäftigung nachgeht, stört nicht. Wichtig für eine gute Konzentration ist,  dass der Arbeitstisch gut beleuchtet ist und so stehen, dass das Kind nicht direkt aus dem Fenster gucken kann. Tisch und Stuhl sollten ergonomisch sinnvoll aufeinander und auf die Größe des Kindes zugeschnitten sein. Es gibt Richtlinien für die Hausaufgaben: Sie sollten bei  Grundschülern insgesamt nicht länger als eine Stunde am Tag dauern. In dieser Zeit braucht ein Schulkind jedoch drei bis vier kurze Pausen, in denen es einen Schluck trinken kann oder sich etwas bewegen soll. Denn Hausaufgaben zu machen und zu lernen, fordert viel Konzentration, die ohne Energiezufuhr nicht möglich ist. Für manché Kinder kann leise Musik die Konzentration beim Lernen fördern.

So beseitigen Sie Störfaktoren im Bereich „Körperliches Befinden“

Für eine gute Konzentration ist körperliches Wohlbefinden wichtig. Wenn die Grundbedürfnisse des Kindes (Hunger und Durst) nicht befriedigt sind, werden sie den Lernprozess immer wieder stören. Ebenso geht es kranken Kindern, die sich wegen Unwohlsein, Kopfschmerzen oder Übelkeit nicht konzentrieren können. Auch direkt nach dem Essen braucht das Gehirn erst einmal Ruhe, bis es die aufgenommene Nahrung verdaut und in Energie umgewandelt hat. Eine halbe Stunde Pause sollte es wenigstens sein, um alle Kräfte zu mobilisieren, genügend Konzentration aufzubauen und die Hausaufgaben in Angriff nehmen zu können. Für manche Kinder bietet sich eher der frühe Abend zum Lernen an, da sie sich nach der Schule erst einmal austoben müssen. Zu spät sollte es aber auch nicht sein.

Fühlt sich ein Kind stets überfordert mit den Lerninhalten, verliert es die Motivation, sich überhaupt mit den Hausaufgaben auseinander zu setzen. Darunter leidet dann auch die Konzentration. Ähnlich ist das bei latenter Unterforderung, denn ohne einen gewissen intellektuellen Anreiz ist Lernen langweilig. Viele Kinder profitieren von einem Lerntyptest, der zeigt, mit welchen Sinnen sie am besten lernen können. Es macht einen großen Unterschied, ob beispielsweise die Vokabeln über das Ohr (also beim Zuhören) oder über das Auge (also beim Lesen) gelernt werden. Der visuelle Lerntyp profitiert nicht vom Zuhören und der auditive nicht vom Lesen (siehe dazu unseren Lerntyptest auf der Internetseite www.lernen-und-foerdern.com; Sie können sich diesen Test mit Hilfe Ihres aktuellen Passwortes von Seite 1 dieser Ausgabe downloaden und ausdrucken).

So lösen Sie Probleme im Bereich „Soziales Umfeld/Selbstwahrnehmung“

Besonders schwierig ist es, wenn Kinder eine falsche Selbstwahrnehmung haben oder sich selbst unter enormen Leistungsdruck setzen. Solche Kinder stecken sich viel zu hohe Ziele, an denen sie immer wieder scheitern. Dieses Scheitern frustriert sie so sehr, dass sie mit der Zeit jegliche Motivation zum Lernen verlieren und nervös und unkonzentriert werden. Hier müssen Sie als Eltern unbedingt ausgleichend wirken. Weisen Sie Ihr Kind jedoch nicht auf seine Fehleinschätzungen hin, sondern betonen Sie konsequent seine Erfolge. Legen Sie den Schwerpunkt im Alltag und in der Freizeit nicht auf schulische Themen, sondern begrenzen Sie sie auf das Notwendigste (die Hausaufgaben) und bieten Sie Ihrem Kind viele spielerische Beschäftigungen an. Auch den Kontakt zu Gleichaltrigen braucht ein Schulkind, um sich selbst besser wahrzunehmen und seine sozialen Fähigkeiten weiterzuentwickeln.

Arbeiten am Stück fällt schwer

Manche Kinder schaffen es selbst trotz bester Bedingungen nicht, sich über einen längeren Zeitraum konzentriert mit einer Sache zu beschäftigen. Diese Kinder profitieren von Förderprogrammen, die ihnen unter fachlicher Anleitung helfen, sich besser zu strukturieren. In überschaubaren Gruppen werden ihnen verschiedene Strategien vermittelt, die zu einer inneren Kontrolle führen. Auf Seite 11 und 12 stelle ich Ihnen die erfolgversprechendsten Therapieansätze und Trainings vor.

  • Mein Tipp: Mit dem 6- bis 8-stündigen Kurs des erfahrenen Schulpsychologen Dieter Krowatschek, dem Marburger Konzentrationstraining, gelingt es vielen Grundschulkindern ab circa 6 Jahren, ihre Aufmerksamkeitsschwäche durch das Gruppentraining gut in den Griff zu bekommen. Begleitende Elternabende vermitteln  Hilfestellungen im Erziehungsalltag und bieten Gelegenheit, sich über das Verhalten der Kinder auszutauschen. Bereits über 300 Trainer deutschlandweit haben das Verfahren erlernt und bieten es in ihren Praxen an. Die genauen Adressen finden Sie unter www.krowatschek.de.  Einen kurzen Film über den Ablauf und das Konzept des Trainings finden sie auf www.apl-wiesbaden.de.