Leseförderung: So fördern Sie bei Ihrem Kind das Interesse am Lesen
Lesen ist eine Schlüsselkompetenz für den Schulerfolg. Und Bücher bereichern das Leben Ihres Kindes. Gute Gründe, Ihr Kind schon frühzeitig an Bücher heranzuführen und Leseförderung zu betreiben. Wie das spielerisch gelingt, zeigt Ihnen dieser Beitrag.
Lesekompetenz bei Kindern fördern
Die PISA-Studie hat es uns deutlich vor Augen geführt: Die Lesekompetenz eines Kindes ist maßgeblich für seinen Schulerfolg und damit auch für seinen späteren beruflichen Werdegang. Deshalb sind Bücher die einzigen Medien, für die gilt: je mehr, desto besser! Und Sie als Eltern haben es in der Hand, Ihr Kind schon von klein auf für Bücher zu begeistern.
Eine amerikanische Studie zeigte, dass Kinder, denen von Anfang an viel vorgelesen wurde, später in der Schule besser mit dem Lesen zurechtkamen. Sie hatten auch einen größeren Wortschatz als Schüler, die in der Vorschulzeit nur wenig Kontakt zu Büchern gehabt hatten. Regelmäßiges Vorlesen ist eine der besten Methoden, die Konzentrationsfähigkeit zu fördern. Bücher bereichern das Leben, das ist für Ihr Kind eine wichtige Erfahrung.
(Vor-)Lesen macht Spaß, erweitert den Erfahrungshorizont, regt die Fantasie an und vermittelt Wissen und Informationen. Diese Gewissheit hilft Ihrem Kind im ersten Schuljahr, als Leseanfänger nicht den Mut zu verlieren, wenn das Lesen oftmals noch mühsam ist. Die Freude am Lesen können Eltern am leichtesten durch das Vorlesen wecken. Kinder, die schon früh für Bücher begeistert werden und denen viel vorgelesen wird, entwickeln sich später selbst zu begeisterten und regelmäßigen Lesern.
Leseförderung: Je mehr Bücher, desto besser
Aus all diesen Gründen sollten Bücher im Alltag Ihrer Familie einen breiten Raum einnehmen. Und das dürfen Sie sogar wörtlich nehmen: Es hat sich gezeigt, dass die Anzahl der Bücher in der Familie mit der späteren Lesebegeisterung der Kinder korreliert. Hier ganz praktische Tipps:
- Rücken Sie Bilderbücher ins Blickfeld Ihres Kindes. Räumen Sie in Augenhöhe Ihres Kindes ein Regalbrett im Wohnzimmerschrank frei oder stellen Sie im Kinderzimmer ein Regal auf, um dort Bilderbücher hinzustellen.
- Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Ihr Kind sollte möglichst oft sehen können, wie Sie selbst ein Buch lesen. Nutzen Sie Bücher in Ihrem Alltag als Gebrauchsgegenstände. Wenn Ihr Kind Ihnen eine Frage stellt, auf die Sie keine Antwort wissen, schauen Sie gemeinsam im Lexikon nach. Werfen Sie beim Kochen auch einmal einen Blick ins Kochbuch oder suchen Sie sich eine benötigte Telefonnummer aus dem Telefonbuch heraus. So kann Ihr Kind täglich miterleben, dass Bücher eine wichtige Informationsquelle sind.
- Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Bücher kostbar sind. Achten Sie darauf, dass die Bilderbücher in einem guten Zustand sind. Müssen Sie z. B. an einem Bilderbuch etwas kleben, sollten Sie das ruhig im Beisein Ihres Kindes tun. Erklären Sie Ihrem Kind, wie es pfleglich mit seinen Büchern umgeht (nicht herumwerfen, nicht hineinmalen, nichts herausreißen usw.). Greifen Sie konsequent durch, wenn es ein Buch in die Ecke wirft oder bekleckert.
- Schenken Sie Bücher. Ein altersgemäßes Buch ist immer ein passendes Geschenk zum Geburtstag, zu Weihnachten oder auch zu anderen Anlässen. Bitten Sie auch Großeltern, Paten, Onkel und Tanten um Buchgeschenke. Bücher kann ein Kind – im Gegensatz zu Spielzeug – nie genug haben! Und Bücher lassen sich meist auch platzsparender aufbewahren als so manches Kinderspielzeug, sodass das Kinderzimmer nicht gleich überquillt.
- Gehen Sie mit Ihrem Kind regelmäßig in die Bücherei. Schon ab zwei Jahren kann Ihr Kind Sie begleiten, wenn Sie neue Bücher ausleihen. Sie können dann zusammen die vorhandenen Bücher durchsehen und auswählen, welche Ihrem Kind momentan am besten gefallen.
- Bieten Sie Vielfalt an. Stellen Sie Ihrem Kind ganz unterschiedliche Bilderbücher zur Verfügung: mit oder ohne Text (z. B. Wimmelbilderbücher), Fühlbücher, Bücher mit Klappen zum Öffnen oder Löchern zum Durchgucken, mit Illustrationen in den verschiedensten Malstilen und zu unterschiedlichen Themen, fantasievolle Geschichten und Wissensbücher (z. B. aus der Reihe „Wieso? Weshalb? Warum?“ von Ravensburger).
Welches Buch ist das richtige zum Lesen?
Bücher erfüllen die unterschiedlichsten Funktionen. Sie regen zum genauen Hinsehen an, zum Sprechen und Erzählen, zum Entdecken oder auch zur intensiven Beschäftigung mit bestimmten Themen wie Trotz, Angst und Mut oder dem Besuch im Kindergarten oder beim Zahnarzt.
- Im ersten Lebensjahr eignen sich besonders kleinformatige Papp- oder Stoffbilderbücher mit höchstens einem Satz pro Seite beziehungsweise ganz ohne Text. Günstig sind klare Formen und kräftige Farben. Pro Seite sollte nur eine Abbildung zu sehen sein, möglichst etwas, das Ihrem Kind bereits vertraut ist (z. B. Flasche, Teddy, Apfel).
- Ab dem zweiten Lebensjahr darf die Textmenge pro Seite zunehmen. Jetzt werden insbesondere Wimmelbilderbücher, Fühlbücher und Pappbücher mit Klappen interessant.
- Kindergartenkinder sind besonders von Bilderbüchern begeistert, die komplexere Szenen darstellen. So kann Ihr Kind immer wieder etwas Neues auf den Bildern entdecken, während Sie die Geschichte dazu vorlesen. Auch kann es seine Fantasie spielen lassen und beispielsweise eine eigene Geschichte zum Bild erfinden.
- Achten Sie insbesondere bei Drei- und Vierjährigen darauf, dass die Bilder im Buch eine Handlung abbilden und nicht einen Zustand. So stärken Sie das Bewusstsein Ihres Kindes, dass der Text tatsächlich eine fortlaufende Geschichte erzählt.
Heutzutage gibt es Bilderbücher zu fast jedem Thema und zu jeder Lebenslage:
Anfangs sind besonders Bücher interessant, die etwas abbilden, zu dem Ihr Kind schon einen Bezug hat. Beliebt sind etwa Bauernhoftiere, Fahrzeuge und Alltagsdinge. Ab dem Kindergartenalter werden zunehmend Bücher interessant, die sich mit aktuellen Situationen, Problemen oder Gefühlen beschäftigen, z. B. Geschwisterstreit, Eifersucht auf das Baby, Sauberwerden und Kindergarten. Außerdem gibt es natürlich auch für jede Jahreszeit die passenden Bücher, z. B. zu Ostern oder zu Weihnachten, die Sie aber wirklich nur zur entsprechenden Zeit hervorholen sollten. Damit erzeugen Sie bei Ihrem Kind gespannte Vorfreude auf diese Zeit und diese Bücher. Wichtig ist insbesondere, dass Sie bei der Wahl eines Bilderbuches darauf achten, dass das Thema den Interessen und der Entwicklung Ihres Kindes entspricht:
- Die Geschichte muss Ihrem Kind gefallen. Nehmen Sie am besten Ihr Kind mit in die Bücherei oder den Buchladen und lassen Sie es mitentscheiden.
- Kaufen Sie nicht nur „Heile-Welt-Bücher“. Wenn sich in einem Buch etwa zwei Freunde streiten und sich am Ende doch wieder versöhnen, ist das eine gute Gelegenheit für Ihr Kind, sich in die Position der beiden Kontrahenten einzufühlen. Versöhnen sich die beiden am Ende wieder, lernt Ihr Kind Lösungsmöglichkeiten kennen, ohne selbst in einen Streit verwickelt zu sein.
- Der Schwierigkeitsgrad des Buches darf Ihr Kind nicht überfordern. Ist es nämlich überfordert, hört es Ihnen nicht oder nur kurz zu, quengelt oder läuft weg. Natürlich sollte Ihr Kind sich aber auch nicht langweilen, das hätte die gleichen Folgen.
- Die Bilder im Buch müssen zum Verweilen einladen. Sie sollten nicht einfach „nur“ den Text illustrieren, sondern Ihr Kind zum Entdecken und Selbsterzählen verführen. Ob Ihnen der Malstil des Illustrators gefällt, ist hingegen weniger wichtig, da Ihr Kind häufig auf ganz andere Dinge Wert legt als Sie.
So macht Vorlesen am meisten Spaß
Der ideale Einstieg in die Leseförderung ist die abendliche Gute-Nacht-Geschichte. Gewöhnen Sie sich an, Ihrem Kind regelmäßig jeden Abend etwa 15 bis 20 Minuten etwas vorzulesen. So bekommt es vor dem Schlafengehen in gemütlicher Atmosphäre eng an Sie gekuschelt noch eine intensive „Schmuseeinheit“. Und es kann sich jeden Tag auf das abendliche Vorlesen einstellen und so richtig darauf freuen. Es ist erwiesen, dass Kinder sich schneller beruhigen können und abends leichter in den Schlaf finden, wenn das Vorlesen regelmäßig zum Abendritual gehört.
Damit aus jedem Bilderbuch ein besonderes Leseerlebnis wird, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Lesen Sie ausdrucksstark vor! Lesen Sie langsam, sprechen Sie die Wörter deutlich aus und wechseln Sie beim Vorlesen die Lautstärke. Spannende Inhalte sprechen Sie am besten leise, fröhliche laut und heiter. Wenn Sie an den passenden Stellen zusätzlich noch kurze Pausen einbauen und die Auflösung etwas hinauszögern, steigert das die Spannung noch weiter. Passen Sie Ihre Stimme den Figuren an. Ein Häschen spricht z. B. anders als ein Löwe oder ein Elefant. Zusammen mit der entsprechenden Mimik (z. B. grimmig oder ängstlich dreinschauen) und Gestik wirkt die Geschichte so richtig lebendig.
- Ihr Kind darf zwischendurch Fragen stellen! Kinder unterbrechen das Vorlesen immer wieder durch Fragen. Sie vollziehen auf diese Weise das Gesagte nach und lernen dabei. Oft kommen auch neue Gegenstände oder Redewendungen im Buch vor, die Ihr Kind noch nicht kennt. Erklären Sie ihm z. B. dass „mager“ ein anderes Wort für „dünn“ ist oder „tafeln“ „essen“ bedeutet. Rechnen Sie mit Fragen oder stellen Sie selbst Ihrem Kind ab und zu Fragen zur Geschichte. So können Sie es aktiv am Geschehen beteiligen. Manchmal ergeben sich daraus auch sehr spannende Gespräche. Ist Ihrem Kind die Fragerei jedoch lästig, verzichten Sie bitte darauf, damit es nicht die Lust am Lesen verliert.
- Bleiben Sie geduldig, wenn Ihr Kind immer wieder dieselbe Geschichte hören möchte. Eine zu große Vielfalt an Büchern würde es eher überfordern. Es braucht die Verlässlichkeit, dass eine Geschichte immer gleich ausgeht. Das gibt ihm ein Gefühl von Sicherheit und Beständigkeit. Natürlich kann es manchmal lästig sein, immer wieder dieselben Lieblingsbücher vorzulesen, zumal Ihr Kind Sie meist empört korrigiert, wenn Sie einmal ein falsches Wort einstreuen. Versuchen Sie also, eine bestimmte Geschichte immer gleich vorzulesen.
- Betrachten Sie gemeinsam die Bilder. Auf so manchem Bild lässt sich in vielen Büchern immer wieder Neues entdecken. Machen Sie Ihr Kind auf Einzelheiten aufmerksam oder lassen Sie sich diese von Ihrem Kind zeigen. Vielleicht hat Ihr Kind Lust, anhand der Bilder selbst eine (neue) Geschichte zu erzählen?
- Sprechen Sie nach dem Vorlesen über das Buch. So können Sie die Zusammenhänge noch einmal klären und nachhorchen, ob Ihr Kind alles verstanden hat. Vielleicht haben Sie beide Spaß daran, die Geschichte einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Was käme beispielsweise heraus, wenn bei Pettersson und Findus die Mucklas die Geschichte aus ihrer Sicht schildern würden oder der kleine Rabe Socke plötzlich ganz brav wäre? Durch Fragen wie „Ist es dir auch schon einmal so ergangen?“ oder „Stell dir vor, dir würde das passieren, wie wäre das dann?“ kann Ihr Kind sich in die Handlung des Buches besser einfühlen.