Wecken Sie Begeisterung: Der „Flow“ als Schlüssel zum Lernen

Ohne Interesse und Aufmerksamkeit macht das Lernen keinen Spaß, das wissen Sie sicher sehr gut. Auch Sie versuchen daher wahrscheinlich immer wieder, Ihr Kind für die schulischen Themen zu begeistern. Doch gesagt ist in diesem Fall wirklich leichter als getan. Mit der Methode des amerikanischen Erlebnis- und Naturpädagogen Joseph Cornell gelingt es aber, bei Kindern Begeisterung und Lerneifer zu wecken. Allerdings ist persönliches Engagement dabei unverzichtbar. Wir zeigen Ihnen, wie das geht. 

Inhaltsverzeichnis

Fördern mit Spaß

Pädagogen machen sich immer wieder Gedanken darüber, wie Kinder aktiv und spielerisch zum Lernen zu bewegen sind. So auch der Amerikaner Joseph Cornell, dem es in erster Linie um das Verständnis für die Natur geht. Seine vier Schritte des Flow-Learning sind aber nicht nur im Umgang mit der Natur, sondern in allen Lernzusammenhängen effektiv. Flow, das bezeichnet den „luftigen“ Zustand der konzentrierten Aufmerksamkeit, bei dem das Gefühl für Zeit verlorengeht. In diesem Zustand ist Ihr Kind voll und ganz bei der Sache – und lernt ganz nebenbei wie ein Weltmeister. Im Folgenden zeigen wir Ihnen die vier Schritte des Flow-Learning, mit denen Sie Ihrem Kind auch unattraktive Sachverhalte vermitteln können.

Die 4 Schritte des Flow-Learning nach Cornell

1. Schritt: Wecken Sie Interesse durch einen persönlichen Bezug

Wenn die Mathe-Aufgaben im Buch mal wieder endlos dauern, weil das stupide Ausrechnen im Mathe-Buch soooo langweilig ist, fehlt Ihrem Kind ganz einfach der persönliche Bezug. Besonders Grundschüler brauchen einen „Anker“, der sie für eine Aufgabe interessiert und mit dem sie sich identifizieren können. Sie können sich noch nicht damit motivieren, dass ihnen im späteren Leben die Mathematik weiterhilft. Suchen Sie also einen konkreten Ansatz, mit dem Sie Ihrem Kind das jeweilige Mathe-Thema „schmackhaft machen“.

Beispiel: Ihr Kind muss anhand von Tabellen Fahrpreise von Zügen ausrechnen. Da Ihr Kind fast nie mit dem Zug fährt, interessiert es sich für diese Aufgabe nicht besonders. Überlegen Sie, welche Art von Tabelle für Ihr Kind interessanter wäre. Angenommen, Sie haben im Sommer einen Insel Urlaub (z. B. Langeoog) geplant. Die ganze Familie muss das Auto stehen lassen und mit der Fähre auf die Insel fahren. Lassen Sie Ihr Kind selbst ausrechnen, was die Überfahrt kostet. Eine Tabelle dazu könnte so aussehen:

Fahrpreise Fähre Bensersiel – Langeoog

gültig ab 1.1.2014Kinder

( 6 bis 15 Jahre)
Personen

ab 16 Jahre
Einfache Fahrt7,20 € 12,00 €
Hin- und Rückfahrt12,30 €20,50 €
Fahrrad (hin und zurück)  24,00 €
Hund (hin und zurück 24,00 €
je Koffer bis 30 kg 3,00 €

Stellen Sie nun Ihrem Kind eine Aufgabe, die es in den Ferien wirklich erleben wird. „Konstruieren“ Sie eine Aufgabe, die der Zusammenstellung Ihrer Familie entspricht. Orientieren Sie sich dabei aber an der Aufgabenstellung im Mathe-Buch, wechseln Sie nur das Thema, niemals die Rechenwege. Zum Beispiel so:

Aufgabe (persönlichen Bezug herstellen):

Was kostet die Hin- und Rückfahrt mit der Fähre für deine Eltern, dich und deine kleine Schwester Anja (sechs Jahre). Jeder von euch hat einen Koffer mit circa 20 Kilo dabei, Papa nimmt sein Fahrrad mit.Unser Hund Bello bleibt zu Hause, er wird es bei Oma gut haben.

Lösung: 2 · 12,30 € (beide Kinder) + 2 · 20,50 € (beide Eltern) + 4 · 3,00 € (vier Koffer) + 24,00 € (Papas Fahrrad) = 101,60 €

Variieren Sie: Ich habe gehört, unsere Nachbarn, die Schmidts, wollen im Sommer auch nach Langeoog, die haben ja drei Kinder, und der Opa fährt auch mit

2. Schritt: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind sich mit allen Sinnen auf das Thema konzentriert

Vielleicht kennen Sie die asiatische Weisheit des Konfuzius, die knapp zusammenfasst, wann Lernen am besten funktioniert.

Sage es mir, und ich vergesse es;

zeige es mir, und ich erinnere mich;

lass es mich tun, und ich behalte es.

So sieht es auch der amerikanische Pädagoge Cornell. Wenden Sie diese Weisheit auf die Lernsituation Ihres Kindes an, und beteiligen Sie so viele seiner Sinne wie möglich. Beispiel: Gut geht das, wenn Sie etwas Theater spielen. Ihr Kind ist der Kassierer auf der Fähre, und Sie wollen für die Überfahrt mit der ganzen Familie bezahlen. Seien Sie eine gestresste Familienglucke, eine Rechennull oder eine überhebliche Karrieremama: Hauptsache, die Situation wird mit Leben erfüllt. Haben Sie noch Muscheln aus dem letzten Nordseeurlaub? Einen kleinen Leuchtturm oder eine Kapitänsmütze? Als Dekoration für Ihr kleines Schauspiel sollten Sie darauf nicht verzichten. Legen Sie die Preisliste auf den Tisch, damit Ihr Kind die Kosten nachsehen kann.

3. Schritt: Ermöglichen Sie Ihrem Kind unmittelbare Erfahrungen

Für Ihr Kind ist es wichtig zu erfahren, dass das gelernte Wissen im Alltag umsetzbar ist. Je unmittelbarer es sein Wissen anwenden kann, desto eher wird es sich die Lerninhalte merken. Beim Lesen und Rechnen von Tabellen gibt es zahlreiche Gelegenheiten, das Wissen in der Praxis auszuprobieren.

Beispiel: Am günstigsten ist es natürlich, wenn der Urlaub mit der geplanten Überfahrt unmittelbar bevorsteht. Ist das nicht der Fall, können Sie eine kleine Schiffsreise auf dem Rhein (oder einem anderen Fluss in Ihrer Nähe) organisieren. Lassen Sie unbedingt Ihr Kind ausrechnen, wie viel die Kosten für die Fahrt betragen. So setzt es das Gelernte unmittelbar um, erlebt den Praxisbezug und ist stolz auf sein Wissen. Solche Erlebnisse prägen sich ein und stärken auch das Selbstvertrauen in die eigenen mathematischen Leistungen. Das wirkt sich positiv aus.