Nabelschnurblut einlagern: Ja oder nein?

Nabelschnurblut ist viel zu schade zum Wegwerfen, denn es enthält Stammzellen, die in der Lage sind, sich zu verschiedenen (jedoch nicht zu allen im Körper vorkommenden!) Gewebearten weiterzuentwickeln. Damit kann man Nabelschnurblut als eine Art „Reparatur-Kit“ ansehen, aus dem sich im Bedarfsfall verschiedene Gewebe (z.B. Knochenmark) regenerieren lassen. 

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Stammzellen aus Nabenschnurblut einlagern

Viele werdende Eltern stellen sich daher die Frage, ob sie Nabelschnurblut ihres Kindes bei einem privaten Anbieter für später einlagern lassen sollten. Die Kryokonservierung (Einfrieren des Nabelschnurblutes in flüssigem Stickstoff) für die Dauer von 20 Jahren kostet je nach Anbieter zwischen 1500 und 2500 Euro.

Gewinnorientierte Unternehmen, die Nabelschnurblut einlagern, wie etwa Vita 34 (der Marktführer, Umsatz im Jahr 2005 10,2 Millionen Euro) werben damit, dass Nabelschnurblut eine Art „Lebensversicherung“ für das Kind ist – also eine langfristige Investition in seine Gesundheit. Doch stimmt das wirklich? Unabhängige Experten sehen den Nutzen der privaten Einlagerung von Nabelschnurblut als fragwürdig an.

Stammzellen werden heute z.B. bei Blutkrebs (Leukämie) eingesetzt. Nachdem das kranke Knochenmark durch eine Bestrahlung abgetötet wurde, bekommt der Patient wieder Stammzellen übertragen. Allerdings nimmt man dafür immer Stammzellen eines anderen Spenders (am besten eines nahen Verwandten, etwa eines Geschwisters oder Elternteils), denn die eigenen Stammzellen aus dem Nabelschnurblut könnten den Defekt, der zur Erkrankung geführt hat, bereits in sich tragen.

Private Nabelschnurblutbanken führen auf, dass in naher Zukunft Diabetes (Zuckerkrankheit), Herzerkrankungen und Hirnschäden mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut behandelt/geheilt werden könnten. Dieser Einsatz in der so genannten regenerativen Medizin ist allerdings noch weitgehend spekulativ. Zudem muss das Nabelschnurblut bis zu seiner Verwendung kryokonserviert werden und es ist derzeit nicht möglich, aus dem eingefrorenen Blut ausreichende Mengen an Stammzellen für die regenerative Medizin anzuzüchten.

Weitere Punkte, die gegen eine private Nabelschnurblut-Einlagerung sprechen:

  1. Therapieverfahren, die mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut durchgeführt werden können, sind in der Regel auch mit Stammzellen aus dem Blut oder Knochenmark eines passenden Spenders oder sogar eigenen Stammzellen aus dem Blut (nach entsprechender Sammlung) möglich. Die Verwendung von aus Knochenmark oder Blut gewonnenen Stammzellen ist in der Medizin derzeit am weitesten verbreitet.
  1. Die Wahrscheinlichkeit, dass eigene Nabelschnur-Stammzellen später einmal zur Therapie von Krebs oder anderen Erkrankungen angewendet werden können, ist extrem gering. Nahe Verwandte (etwa Geschwister) können jedoch von eingelagertem Nabelschnurblut profitieren. Aber auch hier ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Nabelschnurblut benötigt wird, sehr gering. Wegen der begrenzten Zahl an Stammzellen im Nabelschnurblut ist die Übertragung zudem hauptsächlich für Kinder bis 40 kg Körpergewicht geeignet. Und in der Regel können hierfür auch Stammzellen aus Blut oder Knochenmark verwendet werden.
  1. Wie lange eingefrorenes Nabelschnurblut einsatzfähig bleibt und verwendet werden kann, ist bislang nicht bekannt. Bislang liegen nur Erfahrungen mit Blut, das nicht älter als 15 Jahren ist, vor. Zwar betont Vita 34, dass kryokonservierte biologische Materialien „perspektivisch“ jahrhundertelang problemlos haltbar seien. Doch in der Praxis erwiesen ist dies bisher nicht.

Fazit: Nabelschnurblut ist ein wertvoller Lieferant von Stammzellen und viel zu schade, um es wegzuwerfen. Die private Einlagerung von Nabelschnurblut kann aber zum jetzigen Zeitpunkt (und im Verhältnis zu den entstehenden Kosten!) nicht unbedingt empfohlen werden. Wesentlich sinnvoller ist es, das Nabelschnurblut einer öffentlichen Nabelschnurblutbank zur Verfügung zu stellen. Das ist kostenfrei und die Wahrscheinlichkeit, dass die Blutprobe sinnvoll verwendet werden kann, ist wesentlich höher. Für den seltenen Fall, dass das gespendete Nabelschnurblut später doch einmal selbst gebraucht würde, gibt es die Blutbank kostenfrei wieder heraus, wenn es noch nicht abgerufen wurde (und die Chancen dafür stehen nicht schlecht, aber es gibt eben keine Garantie!).

Unabhängige Informationen/Expertenmeinungen:

www.urbia.de/magazin/gesundheit/stammzellen-aus-der-nabelschnur

www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=67053

www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=67054

Gut zu wissen: Hinter vermeintlich unabhängigen Info-Seiten zum Thema Nabelschnurblut wie etwa nabelschnurblut.de, nabelschnurblut-experten.de, nabelschnurblut-tv.de steht das Unternehmen Vita 34.