Patchwork-Familien: Wie gelingt das Miteinander gelingen kann
Eigentlich könnte es so schön sein, wenn Mama oder Papa nach der Trennung wieder einen neuen Partner gefunden haben. Vielleicht bekommt Ihr Kind auch neue Geschwister. Und doch gibt es anfangs in fast jeder Patchwork-Familie erst mal Reibereien. Wir zeigen Ihnen, wie das Zusammenleben stressfreier funktioniert.
Glück in der Patchwork-Familie
Elternpaare trennen sich, werden Alleinerziehende, finden neue Partner. Wenn Mama oder Papa nach einer Zeit des Alleinerziehens eine neue Beziehung eingehen, wollen sie ihrem Kind bzw. ihren Kindern unter anderem endlich wieder eine vollständige Familie bieten. Doch genau davor haben Kinder Angst.Sie wollen keine neue Familie, sondern wünschen sich, dass ihre „richtige“ Mama und ihr „richtiger“ Papa wieder zusammenleben. Und wenn das nicht geht, dann wollen sie wenigstens ihre Mutter oder ihren Vater für sich alleine haben. Deswegen wird der oder die „Neue“ oft erst einmal abgelehnt. Er oder sie soll auf keinen Fall in die Rolle des abwesenden Elternteils schlüpfen.
Kinder haben je nach Alter unterschiedliche Bedürfnisse
Wie schwierig die Anfangszeit mit einem neuen Partner und eventuell neuen Geschwistern wird, hängt vom Alter Ihres Kindes ab.
- Für Babys und Kleinkinder ist es vor allem wichtig, dass sie bei ihrer bisherigen Hauptbezugsperson (das muss nicht immer die Mutter sein!) bleiben dürfen. Ist das gewährleistet, kann das Kind die Trennung vom anderen Elternteil leichter verkraften. Im Alter unter zwei Jahren wird es dem neuen Partner in der Regel relativ leicht gelingen, die Zuneigung des Kindes zu gewinnen.
- Kindergarten- und Vorschulkinder tun sich beim neuen Partner schon deutlich schwerer. In diesem Alter beziehen Kinder alles auf sich und glauben daher, dass sie der Aus – löser für Veränderungen in ihrer Lebensumwelt sind. So können sie vermuten, dass sie nicht „brav“ genug waren und damit die Trennung der Eltern ausgelöst haben. Daraus entwickeln sich nicht selten Schuldgefühle, die zu heftigen Reaktionen gegenüber dem neuen Partner führen können. Typische Gefühle in dieser Phase sind Wut, Zorn, Eifersucht und Trauer.
Der neue Partner sollte versuchen, Ablehnung und Gefühlsausbrüche des Kindes nicht persönlich zu nehmen. Die negativen Gefühle des Kindes richten sich meist gegen die Rolle des neuen Partners, nicht jedoch gegen ihn als Person. Kindergartenkinder brauchen Zeit, um über die Trennung der Eltern hinwegzukommen. Danach fällt es ihnen leichter, sich auf die neue Familien – situation einzustellen. - Kinder ab sechs Jahren scheinen es am schwersten zu haben. Sie leiden meist unter schweren Loyalitätskonflikten. Sie können/dürfen den „neuen“ Vater oder die „neue“ Mutter gar nicht gern haben, denn das würde bedeuten, den leiblichen Vater oder die leibliche Mutter zu verraten. Deswegen brauchen Kinder ab dem Schulalter erst einmal Abstand.
Der neue Partner sollte anfangs seine Bemühungen, die Zuneigung des Kindes zu gewinnen, nicht übertreiben! Auch sollte er keinesfalls sofort versuchen, den Vater oder die Mutter zu ersetzen. Dabei folgt die Kränkung oft auf dem Fuß, weil das Kind auf Distanz geht.
Harmonisches Zusammenleben braucht seine Zeit
Viele Patchwork-Familien machen anfangs den Fehler, dass sie zu schnell zu viel erwarten. Kaum ist der neue Partner eingezogen, soll die neue Familie schon gleich perfekt funktionieren. Dabei braucht alles seine Zeit, und der neue Partner sollte erst einmal behutsam in die Familie eingeführt werden – lange bevor er wirklich einzieht.
Drei wichtige Grundsätze zwischen Ihrem Kind und dem neuem Partner sollten Sie unbedingt beachten:
- Ihr neuer Partner sollte nicht erwarten, spontan von Ihrem Kind geliebt zu werden, auch wenn er sich allergrößte Mühe gibt, eine gute Beziehung herzustellen.
- Ihr neuer Partner sollte anfangs viel Geduld im Umgang mit Ihrem Kind aufbringen. Schließlich muss es ihn erst kennen und ihm vertrauen lernen, bevor er sich um es kümmern und es insbesondere erziehen darf.
- Auch wenn Ihr Kind Ihren neuen Partner nicht sofort ins Herz schließen muss, sollte es sich ihm gegenüber höflich und respektvoll verhalten – so wie es sich auch gegenüber anderen Erwachsenen beträgt.
Wie Eltern und Kinder in der neuen Familie „ticken“
Sind Mutter oder Vater nach reiflicher Überlegung mit dem neuen Partner zusammengezogen, geben sich die erwachsenen Mitglieder dieser neu entstandenen Patchwork-Familie gerne der Illusion hin, eine ganz normale Familie zu sein. Der neue Partner fasst oftmals gute Vorsätze und will sich besonders liebevoll um die Kinder kümmern.
Stiefväter wollen es oft besser machen als der leibliche Vater und nehmen sich z. B. vor: „Sein Vater hatte nie Zeit, mit ihm Fußball zu spielen. Da wird er sich jetzt freuen, wenn ich jeden Samstag mit ihm auf den Fußballplatz gehe.“ Stiefmütter, die schon im Märchen ein sehr schlechtes Image haben, haben es besonders schwer. Auch sie gehen meist mit besten Vorsätzen und voll Liebe auf die neuen Kinder zu. Doch der aufopfernde Einsatz der „neuen“ Mutter wird von den Kindern selten honoriert. Zu sehr sind die Kinder mit ihrer Mutter verbunden und können sich aus Loyalität zu ihr mit der „Neuen“ nicht anfreunden. Manchmal ist es hilfreich für eine Stiefmutter, sich einfach als eine mögliche Freundin des Kindes zu sehen.
In den Köpfen der Kinder ist der andere Elternteil weiterhin präsent, auch wenn er nicht anwesend ist. Die Trennung war gegen ihren Willen, und sie fühlen sich dem anderen Elternteil weiterhin stark verbunden. Ein neuer Partner weckt in ihnen die Angst, sie könnten nun auch noch den verbliebenen Elternteil verlieren. Schließlich müssen sie nun die Aufmerksamkeit von Mutter oder Vater mit dem oder der „Neuen“ teilen.
So nimmt Ihr Kind Ihren neuen Partner an |
---|
Der neue Partner sollte behutsam auf die Kinder zugehen. Erst wenn diese die Gewissheit haben, dass ihre langsam aufkeimende Zuneigung zum neuen Elternteil keinen Verrat am getrennt lebenden Elternteil darstellt, können sie sich wirklich auf ihn einlassen. Dürfen Kinder um den „verlorenen“ Elternteil nicht trauern, können sie den neuen Elternteil schlecht annehmen. Der getrennt lebende Elternteil darf auf keinen Fall zum Tabuthema erklärt werden! |
Untersuchungen zeigten, dass es mindestens vier bis fünf Jahre dauert, bis eine Patchwork-Familie richtig zusammengewachsen ist, sich alle Familienmitglieder vertraut sind, einander schätzen und als Teil der neuen Familie fühlen.