Tabu-Wörter: Was Sie als Eltern Ihrem Kind niemals sagen sollten

Können Sie sich noch an prägnante Sprüche Ihrer Eltern erinnern? Manche davon haben Ihr Leben bereichert, aber andere ärgern Sie vielleicht heute noch oder blockieren als sogenannte Bannbotschaften wichtige Entscheidungen. Hier zeigen wir Ihnen, mit welchen Ausdrücken oder Zurechtweisungen Sie vorsichtig sein sollten, um Ihr Kind nicht unbewusst in seiner Entwicklung zu bremsen. 

Inhaltsverzeichnis

Erziehung & Entwicklung

Als wichtigste Bezugsperson und prägendes Vorbild hat das Verhalten von Müttern und Vätern immer Auswirkungen auf die Entwicklung ihrer Kinder. Jedes Wort, jede ablehnende Geste, jede Umarmung und jede Diskussion hat einen mehr oder weniger starken Einfluss auf das Kind. Dabei sind manche Aussprüche von Eltern bedeutender als andere und richten unter Umständen sogar ernsten Schaden an. Das bedeutet aber nicht, dass Sie jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, bevor Sie sich äußern. In den meisten Situationen ist der Kontakt zwischen Eltern und Kindern von Zuneigung und gegenseitigem Respekt geprägt.

In Konfliktsituationen müssen Eltern aufpassen

In jedem Erziehungsalltag gibt es allerdings auch Konflikte, Enttäuschungen und Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Kind. In solchen Situationen besteht die Gefahr, dem eigenen Kind etwas zu sagen, was es in seiner Entwicklung negativ beeinflussen kann. Meist sind solche Tabu-Wörter gar nicht so gemeint. Den Eltern ist oft nicht klar, was sie bewirken können. An fünf Beispielen möchten wir Ihnen das verdeutlichen.

5 Situationen, in denen Sie als Eltern mit Tabu-Wörtern aufpassen müssen

Wenn die Emotionen hochkochen und sich Ärger oder Wut ihren Weg bahnen, rutschen auch Eltern manchmal Dinge raus, die sie besser nicht gesagt hätten. Solche Tabu-Wörter oder Bannbotschaften können dazu führen, dass Kinder sich vieles nicht mehr zutrauen. Die Aussprüche der übermächtigen Eltern wirken dann möglicherweise ein Leben lang als Erfolgsverhinderer, obwohl das meistens so überhaupt nicht beabsichtigt war. Lesen Sie in den folgenden Beispielen, wie solche entmutigenden Botschaften ein Kind blockieren können.

1. Die Erwartungen an das Kind sind unrealistisch hoch

Alexander ist ein durchschnittlich begabter Junge, der mit vertretbarem Aufwand in seinen Arbeiten Noten zwischen 2 und 4 mit nach Hause bringt. Für den Übertritt auf das Gymnasium reicht das nicht ganz. Das wollen seine Eltern nicht akzeptieren und versuchen, ihr Kind anzuspornen.

  • Tabu-Bemerkung: „Du könntest viel, viel besser sein, wenn du dich nur anstrengen würdest. So ein kluger Junge, wie du schafft es doch aufs Gymnasium.“ 
  • Auswirkungen auf das Kind: Alexander ist verunsichert und sucht die Schuld für seine mittelmäßigen Noten bei sich. Ständig hat er das Gefühl, sich nicht genug ins Zeug zu legen.Wenn er für eine Arbeit lernt, weiß er nicht, wann es genug ist. Er glaubt, er könnte besser sein, wenn er sich nur richtig anstrengen würde. Der realistische Blick auf sein Leistungspotenzial bleibt ihm verstellt. 
  • Besser wäre: „Mit deinen soliden Noten kannst du es auf der Realschule weit bringen und später eventuell noch das Abitur machen.“ 

Durch ein individuelles Gespräch mit den Lehrern oder durch einen Leistungstest können Eltern recht gut klären, welches Potenzial in ihrem Kind steckt. Daran müssen sich dann auch die Erwartungen orientieren. Ein hoch motivierter Realschüler hat bessere Chancen als ein mäßig begabter Gymnasiast, der in jedem Jahr aufs Neue um seine Versetzung kämpft.

2. Der Ärger über das eigene Fehlverhalten wird auf das Kind übertragen

Die Familie möchte am Wochenende gemeinsam etwas unternehmen. Mutter würde gerne auf dem Weiher Bötchen fahren und Vater möchte mit allen auf eine Reptilienmesse. Nach einer Diskussion entscheiden sie sich für beide Ziele nacheinander. Damit ist aber keiner der beiden so richtig glücklich und die Stimmung getrübt. Als Leon dann anfängt zu trödeln und noch ein Spiel beenden möchte, gibt es Streit, weil die Reptilienmesse bald schließt.

  • Tabu-Bemerkung: „Du bist schuld daran, dass ich mich jetzt mit Papa/Mama so streite.“
  • Auswirkungen auf das Kind: Leon hat sich nicht anders verhalten als sonst auch. Durch die eingetrübte Stimmung wird dieses Verhalten aber zum Streitauslöser der Eltern. Die gestehen sich den faulen Kompromiss nicht ein, sondern schieben die Schuld auf Leon. Der Junge könnte sich künftig oft schuldig fühlen, wenn seine Eltern sich streiten. 
  • Besser wäre: „Der Tag ist wirklich blöd gelaufen, daran sind wir alle irgendwie schuld.“

Das Eingeständnis des eigenen Fehlverhaltens hat entspannende Auswirkungen auf die ganze Familie. Die unglückliche Entwicklung kann als einmaliges Ereignis abgehakt werden, und niemandem wird daran allein die Schuld zugeschoben.

3. Eltern trauen ihrem Kind nichts zu

Bianca möchte mit ihrer Freundin Mara zum Kinderballett. Weil Bianca aber ein sehr impulsives Kind ist, das bei keiner Beschäftigung lange verweilt, lehnen die Eltern ihren Wunsch ab. Sie können sich nicht vorstellen, dass Bianca die Anforderungen des Kinderkurses bewältigt.

  • Tabu-Bemerkung: „Das brauchst du gar nicht erst zu probieren, das schaffst du sowieso nicht.“
  • Auswirkungen auf das Kind: Obwohl Bianca kein stabiles Durchhaltevermögen hat, möchte sie es im Ballett probieren. Das ist lobenswert und die einzige Möglichkeit, ihre Ausdauer auf Dauer zu verbessern. Dieses von Bianca selbst gewählte „Training“ blockieren die Eltern durch ihre negative Sichtweise. Das könnte dazu führen, dass Bianca künftig lieber auf neue Herausforderungen verzichtet, weil sie glaubt, sie sowieso nicht bewältigen zu können. Ihre Entwicklung ist gebremst.
  • Besser wäre: „Das kannst du ausprobieren, aber lass uns mal zusammen überlegen, wie das am besten klappen kann. Du weißt ja, dass dir das Durchhalten etwas schwer fällt.“

Dem Kind wird die Idee nicht ausgeredet, aber die Problematik auch nicht verleugnet. Gemeinsam können Hilfen erdacht werden, die das Durchhalten leichter machen.

4. Negative Eigenschaften eines Elternteils werden auf das Kind übertragen

Zoe hat einen Eintrag im Hausaufgabenheft, weil sie vergessen hat, ihren Eltern ein Schreiben der Schule auszuhändigen. Die Mutter liest den Eintrag kopfschüttelnd.

  • Tabu-Bemerkung: „Schon wieder was für die Schule vergessen? Dein Papa ist auch total unorganisiert, das hast du von ihm. Da kann man nichts machen.“
  • Auswirkungen auf das Kind: Zoe hat jetzt eine super Erklärung für ihre Vergesslichkeit. Da ihr Vater ebenfalls dieses Problem hat, kann sie selbst ja nichts dafür. Künftig muss sie also auch keine Energie mehr darauf verwenden, sich Dinge besser zu merken. Sie sieht keinen Sinn mehr darin, ihr Verhalten zu korrigieren.
  • Besser wäre: „Da nicht nur du allein Probleme mit der Organisation hast, sollten wir uns dazu eine Hilfe überlegen. Mit einem Familienplaner wäre vielleicht uns allen geholfen.“

Problem erkannt – Lösungsmöglichkeit erörtert. So können Kinder lernen, ihre Verhaltensweisen zu akzeptieren und sie positiv zu verändern.

5. Ein Geschwisterkind wird dem anderen vorgezogen

Finn und Emma sind nur ein Jahr auseinander. Emma fällt das Lernen sehr leicht, sie schreibt nur gute Noten und ist eine Musterschülerin. Finn hat es schwerer, aber er strengt sich an und hält mit dem Klassendurchschnitt mit. Obwohl er für seine Leistungen wesentlich mehr lernt als seine Schwester, wird diese stets gelobt. Finn bekommt immer nur zu hören, dass Emma das besser kann.

  • Tabu-Bemerkungen: „Du liest ja schon ganz gut, aber deine Schwester konnte in der zweiten Klasse schon richtig dicke Bücher lesen. Sie ist so klug und hat das ganz ohne Hilfe geschafft.“ 
  • Auswirkungen auf das Kind: Finn wird stets um die Anerkennung kämpfen, die seiner Schwester so einfach zufällt. Eine Zeit lang wird Finn zu seiner großen, klugen Schwester aufblicken und sie als Vorbild akzeptieren. Wenn er allerdings merkt, dass er dieses hohe Ziel trotz aller Anstrengungen nicht erreichen kann, wird er aufgeben. Wahrscheinlich wird Finn einen anderen, nicht immer positiven, Weg suchen, die Anerkennung seiner Eltern zu erlangen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich das Geschwisterverhältnis untereinander verschlechtert.
  • Besser wäre: „Du und deine Schwester sind sehr verschieden. Emma ist eine sehr gute Schülerin, fast ohne sich anzustrengen. Und du bist so beliebt und hast richtig viele Freunde.“

Indem die positiven Eigenschaften eines Kindes hervorgehoben werden, muss es sich nicht gegenüber einem Geschwisterkind für minderwertiger halten. Es lernt, dass jeder etwas kann und darstellt.

Streichen Sie „immer“ und „nie“ aus Ihrem Wortschatz

Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie in Streitgesprächen mit Ihrem Kind zu den Wörtern „immer“ („Immer kommst du mit dreckigen Schuhen in die Wohnung!“) und „nie“ („Nie weißt du, wann die nächste Arbeit geschrieben wird!“) greifen, sollten Sie die Notbremse ziehen. Diese Wörter geben lediglich Ihrem Frust Ausdruck, beschreiben aber selten eine Situation treffend. So bewirken Sie bei Ihrem Kind nur Ärger über die ungerechte und falsche Behauptung. Gedanken über sein Fehlverhalten wird es sich jedoch nicht machen.

So machen Sie Bannbotschaften rückgängig

Nur wenn Sie mit Ihrem Kind offen sprechen, Ihren Fehler eingestehen und auch begründen, kann die Wirkung eines solchen Ausspruchs aufgehoben werden. Lassen Sie Ihr Kind nachvollziehen, wie es dazu gekommen ist.

  • Ich war so sauer auf dich, dass ich in dem Moment einfach was Blödes gesagt habe. Tut mir leid, denn natürlich weiß ich, dass du dich anstrengst und schon wahnsinnig viel gelernt hast.“ Mit einer abschließenden Umarmung oder einem harmonischen Spiel ist der Konflikt dann in der Regel aus der Welt.