Recht auf Privatsphäre bei Kindern: Wie viel sollten Sie erlauben
Kleine Kinder hängen den ganzen Tag an ihren Eltern – an einer Wahrung ihrer Privatsphäre haben sie noch wenig Interesse. Mit der Einschulung und während der Grundschulzeit verändert sich diese Einstellung jedoch. Die räumliche Trennung von der Familie und die Orientierung an gleichaltrigen oder älteren Freunden führen zu ersten Geheimnissen. Dieser kleine Schritt in die Selbstständigkeit stellt viele Eltern vor die Frage, wo die Grenze des Erlaubten verläuft.
Starke Eltern – starkes Kind
„Bitte klopfen!“ Spätestens wenn Sie an der Zimmertür Ihres Kindes ein selbstgemaltes „Stopp! Erst klopfen“ entdecken oder die Badezimmertür abgeschlossen wird, hat Ihr Kind seine Privatsphäre entdeckt. Rückzugsorte werden mit dem Älterwerden für Ihr Kind immer wichtiger. Ebenso wie Erwachsene manchmal etwas Zeit für sich brauchen, schätzen auch Kinder solche Ruhephasen in ihrem Alltag. Mit einer Ausgrenzung oder Ablehnung der Eltern hat das nichts zu tun, vielmehr handelt es sich um eine ganz normale Verhaltensweise im Entwicklungsprozess.
Mein Tipp!
Respektieren Sie den Rückzugsort Ihres Kindes, und fordern Sie das gleiche Recht auch für sich. An einem anstrengenden Tag kann mit solchen beiderseitigen Ruhephasen sogar etwas Entspannung und Erholung eintreten.
„Die Unordnung stört mich nicht!“
Wenn Ihr Kind sich darüber beschwert, dass Sie in seiner Abwesenheit das Kinderzimmer aufgeräumt haben, sollten Sie neue Regeln besprechen. Entweder informieren Sie Ihr Kind im Vorfeld über Ihre Absicht, sodass es seine Schätze und Geheimnisse vorher verbergen kann, oder Sie räumen nur noch gemeinsam auf. Das hat den Vorteil, dass Ihr Kind sich an regelmäßiges Saubermachen gewöhnt.
Mein Tipp!
Klare Absprachen, denen beide Parteien zugestimmt haben, sind unerlässlich für eine Aufräum- Vereinbarung. Hält sich Ihr Kind nicht an die vereinbarte Vorgehensweise, sollten Sie nicht gleich ärgerlich werden. Eine zweite und eine dritte Chance sind durchaus in Ordnung. Klappt das Aufräumen dann immer noch nicht, sollte die Vereinbarung überdacht und geändert werden.
„Ich will mein Zimmer abschließen!“
Fast alle Kinder möchten ihr Reich auch abschließen. Einen eigenen Zimmerschlüssel sollten Sie Ihrem Grundschulkind noch nicht geben. Zu groß ist die Gefahr, dass es den Schlüssel verliert oder seine Tür im Notfall verschlossen ist. Wenn Ihr Kind Ihnen vertraut, dass Sie sein Zimmer nicht heimlich betreten, ist die Schlüsselfrage meistens kein Problem.
Mein Tipp!
Schenken Sie Ihrem Kind für seine Schätze eine abschließbare Kassette. Dort kann es wertvolle Dinge aufbewahren. Geht der Schlüssel einmal verloren, lassen sich solche Kassetten mit Werkzeug leicht aufbrechen.
„Das darfst du nicht erzählen!“
Je älter ihr Kind wird, desto mehr entwickelt sich auch sein Schamgefühl. Kleine Missgeschicke, lustige Erlebnisse oder spezielle Verhaltensweisen möchte es nun nicht mehr mit anderen teilen. Achten Sie seine Privatsphäre, und erzählen Sie keine lustigen Anekdoten über Ihr Kind, auch wenn es sich in Ihren Augen um harmlose Geschichten handelt. Schnell fühlt sich Ihr Kind sonst bloßgestellt.
Mein Tipp!
Falls Sie in einer Unterhaltung eine lustige Anekdote über Ihr Kind erzählen möchten, fragen Sie einfach vorher unauffällig nach, ob das okay ist. Sagt ihr Kind Nein, ist die Geschichte tabu.
„Das geht dich nichts an!“
Spätestens in der Pubertät, oft aber schon sehr viel früher, möchten Kinder ihre Briefe, SMS, Chat-Protokolle, Facebook- Einträge oder WhatsApp-Beiträge nicht mehr mit den Eltern teilen. Gerade beim Umgang mit dem Internet haben viele Eltern jedoch die berechtigte Sorge, dass ihr Kind die Auswirkungen nicht immer überblickt. Da hilft nur reden, reden, reden … Sie können die Aktivitäten Ihres Kindes sowieso nicht immer kontrollieren.
Mein Tipp!
„Besuchen“ Sie gemeinsam ein Webinar, zum Beispiel auf der Seite www.sicher-stark-team.de/ sicher-stark-webinare.cfm. Hier können Sie ganz entspannt zu Hause am PC gemeinsam mit Ihrem Kind die wichtigsten Informationen rund um die Sicherheit im Internet lernen.
Ein schmaler Grat: Schutz des Kindes oder Verletzung der Privatsphäre?
Nicht immer ist die Frage leicht zu beantworten, denn es ist oft nur ein schmaler Grat zwischen berechtigter Sorge und dem respektlosen Eingriff in den privaten Bereich Ihres Kindes. Kleine Geheimnisse sollten respektiert werden. Wenn sich jedoch hinter dem Schweigen etwas Gefährliches verbirgt, müssen Eltern das wissen. Bleiben Sie stets gesprächsbereit und beobachten Sie Ihr Kind.